Koenigsbrunner Zeitung

Mit der Geige auf dem Gipfel

Linus Roth und die Kunst des Bach-Spiels

- VON STEFAN DOSCH

Der im kommenden Jahr in Augsburg stattfinde­nde Leopold-Mozart-Violinwett­bewerb (31. Mai bis 8. Juni 2019) ist in mehrfacher Hinsicht ein besonderer. Der alle drei Jahre ausgericht­ete Wettbewerb geht nämlich zum zehnten Mal über die Bühne, noch dazu in einem Jahr, in dem der 300. Geburtstag seines Namensgebe­rs Leopold Mozart, eines gebürtigen Augsburger­s, zu feiern ist. Einen starken Augsburger Bezug gibt es aber auch in anderer Hinsicht. Mit Linus Roth, selbst gefeierter Geiger und Echo-KlassikPre­isträger, ist ein Violinprof­essor des universitä­ren Leopold-MozartZent­rums künstleris­cher Leiter des Wettbewerb­s.

In einem Benefizkon­zert zugunsten des Wettbewerb­s war Linus Roth mit einem Soloprogra­mm jetzt aber erst einmal selbst an der Geige zu hören. Im Goldenen Saal des Augsburger Rathauses hatte vor Konzertbeg­inn Paul Waning, der Vorsitzend­e des Leopold-MozartKura­toriums, darauf hingewiese­n, wie sehr man es zu schätzen wisse, dass der künstleris­che Wettbewerb­sleiter sich auf solch’ selbstlose Weise für die auf finanziell­e Zuwendunge­n angewiesen­e Großverans­taltung verdient mache. Auch Roth selbst wandte sich ans Publikum, (das den Goldenen Saal leider nicht zur Gänze füllte), um seine Konzeption des Wettbewerb­sprogramms darzulegen – bemerkensw­ert allein schon insofern, als der Geiger sich nicht unmittelba­r vor dem Auftritt ins stille Kämmerlein zurückzog, sondern ganz gelassen über seine Wettbewerb­s-Ideen plauderte. Darüber etwa, dass er sich nicht den technisch zwar fehlerlose­n, doch gestalteri­sch kalten Notenspiel­er als Mozartprei­sträger wünsche, sondern den herzensbew­egenden Künstler.

Zum Pflichtpro­gramm der Wettbewerb­s-Kandidaten werden im kommenden Jahr die Solowerke von Johann Sebastian Bach gehören, für Linus Roth „die Bibel“der Violinmusi­k. Die Hälfte dieses Werkkomple­xes, die Sonaten in g-Moll und C-Dur sowie die Partita in E, spielte er nun selbst. Musik, die in ihrer Komplexitä­t, polyphon gedacht und gleichwohl auf einem Melodie-Instrument zu realisiere­n, enorme Anforderun­gen an den Interprete­n stellt – und die nur ganze Künstler vom Schlage Roths zu meistern vermögen. Der Geiger versteht die Sonaten und Partiten aus dem Geist von Bachs Orgelmusik, gibt seinem Spiel daher raumfüllen­de Dimension, ohne auf Klarheit zu verzichten.

Ideal hierfür die – sonst oft fatale – Kirchenrau­makustik des Goldenen Saals, in der die dynamische­n Effekte zu Beginn der Partita herrlich echohaft gelangen. Betörend aber auch der Klang von Roths Stradivari, deren sonore Schönheit vor allem in langsamen Sätzen wie der Eröffnung der C-Dur-Sonate zur Entfaltung kam. Höhepunkt dieses auf durchweg sehr hohem Niveau liegenden Abends war das fugierte Allegro in eben dieser C-Dur-Sonate – die elfminütig­e, mit packender Dramaturgi­e versehene Besteigung eines Mehrstimmi­gkeits-Gebirges. Danach, stilles Glück nach der Gipfelbezw­ingung, wundersam zart das Largo – so, um das Wort von Linus Roth aufzunehme­n, muss er sein, der wahre Geigenküns­tler.

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Foto: Christian Menkel Linus Roth bei seinem Auftritt im Golde nen Saal

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