Die neueste Technik im Blick
Die Schleifmesse Grindtec gastiert in Augsburg und begeistert nicht nur Experten. Zwei Augsburger erzählen, dass Schleiftechnik jeden angeht und Bedeutung und Dimension der Messe einzigartig für die Stadt sind
Bernd Rieder betreibt auf dem Augsburger Stadtmarkt den kleinen Laden „Messerschliff 24“. An sechs Tagen der Woche sorgt er dafür, dass Scheren, Messer, Gartenwerkzeuge oder auch Schneidaufsätze aus Küchengeräten zu alter Schärfe zurückfinden. Dafür nutzt er in seinem Laden eine kleine, moderne Schleifmaschine. „Kein Hightech, aber dem Aufgabengebiet angemessen“, sagt er. Das Schöne an seinem Job sei, dass jedes Werkstück eine neue Herausforderung bietet. „Jedes Messer muss anders geschliffen werden und auch jede Schere hat je nach Beschaffenheit und Einsatzzweck ihre eigenen Regeln.“
Weil er sich für Schleiftechnik interessiert, war Bernd Rieder 2016 als Besucher bei der Grindtec, einer Fachmesse für Schleiftechnik in Augsburg. „Was da geboten wird, hat mit dem, was ich hier tue, nichts zu tun. Da liegen nicht mehr nur Welten, sondern ganze Galaxien dazwischen“, erzählt er beeindruckt. Auch wenn die Grundtechnik in beiden Fällen die gleiche sei.
Dass sich das Angebot auf der Grindtec so enorm vom Alltag Rieders unterscheidet, ist nicht verwunderlich. Immerhin handelt es sich hier um eine der führenden Weltleitmessen der Branche. In diesem Jahr kommen 643 Aussteller aus 30 Ländern von 14. bis 17. März in Augsburg zusammen. Dann zeigen sie aktuelle Entwicklungen und präsentieren Weltneuheiten. Schleifgeräte für gewöhnliche Küchenmesser sind da freilich nicht dabei, vielmehr geht es um hochtechnologische Geräte und Anwendungen, die unter anderem im Fahrzeugoder Werkzeugbau benötigt werden. Ihr Einsatz ist dennoch bis zum Endkunden relevant. Denn ohne geschliffenes Spezialwerkzeug für den Fahrzeugbau kein Auto und ohne präzise Schleifgeräte kein feiner Bohrer für die Zahntechnik.
Während Rieder als Besucher über die Technologien staunt, gehören sie für Sabine Roschiwal zum Berufsalltag. Sie sitzt in der Geschäftsleitung des Augsburger Unternehmens „Roschiwal und Partner“, einem Dienstleister im Bereich Entwicklung und Konstruktion von hochtechnologischen Schleifmaschinen. Geräte, die hier zusammen mit dem Kunden entwickelt werden, fertigen unter anderem Bohrer für den Heimwerker, Zahnräder für Fahrzeuggetriebe oder Knochenimplantate.
Die Grindtec gehört für Roschiwal seit 2004 zum Messeprogramm – weil Kunden immer wieder bestä- tigen, welch hohen Stellenwert die Grindtec in der Branche hat. Auch international. Experten schätzen, dass die Messe der Region einen Umsatz von 30 Millionen Euro beschert.
Einen niedrigen fünfstelligen Bereich investiert die Firma „Roschiwal und Partner“für ihre Messeteilnahme. Das lohnt sich. „Wir erwarten zwar nicht, dass wir mit einem Entwicklungsauftrag zurück kommen. Wir setzen aber auf die Langzeitwirkung. Potenzielle Kunden, die uns auf der Messe kennengelernt haben, erinnern sich häufig an uns, wenn ein Entwicklungsprojekt ansteht“, sagt Roschiwal.
Seit 1998 treffen sich Branchenvertreter zur Grindtec in Augsburg, seither wächst die Messe rasant. Mit
643 Ausstellern aus 30 Nationen ist sie mittlerweile die größte Messe, die es je in Augsburg gab. Sie füllt
45000 Quadratmeter und ist damit noch größer als die Aufzugmesse Interlift. Gut für den Messeveranstalter Afag, aber auch eine Herausforderung: Um den vielen Teilnehmern gerecht zu werden, mussten auf dem Messegelände zwei provisorische Hallen, die Hallen 8 und 9, mit zusammen 3000 Quadratmetern errichtet werden. Manche Aussteller haben sich mit Partnerfirmen zusammengetan, um sich einen Stand zu teilen. Linderung der Platznot wird es erst 2020 geben. Dann soll die neugebaute Messehalle 2 zur Verfügung stehen. Dimensionen, in denen Bernd Rieder nicht denkt. Sein Geschäft auf dem Stadtmarkt hat nur ein paar Quadratmeter und es gibt eine einzige Schleifmaschine. Dabei soll es auch bleiben.