Koenigsbrunner Zeitung

Autofahrer überwältig­t flüchtende­n Räuber

Die Polizei bedankt sich bei Mustafa Kücükyildi­z. Er reagierte am Freitagabe­nd schnell, als er mitbekam, dass ein junger Mann eine Lotto-Filiale in Hochzoll überfällt. Am Tag danach berichtet der Zeuge über das Geschehen

- VON MICHAEL HÖRMANN

Es war am Freitagabe­nd, kurz vor 18 Uhr. Mustafa Kücükyildi­z stand mit seinem weißen SUV an der Straßenkre­uzung Trettachst­raße, Höfatsstra­ße in Hochzoll. Er saß zu dem Zeitpunkt allein im Auto. Der türkischst­ämmige junge Mann, der in Hochzoll lebt, war auf dem Heimweg. Die Ampel zeigte Rot. Den Blinker hatte Kücükyildi­z gesetzt, da er nach links abbiegen wollte.

Der 25-Jährige hatte etwas Zeit, den Blick schweifen zu lassen. „Ich nahm einen jungen Mann mit einer weißen Kapuze wahr, der schnell über die Straße rannte.“Im ersten Moment habe er sich noch nicht viel gedacht. Auf Höhe des Lottogesch­äfts sah er eine Frau aus dem Haus kommen, sie schrie: „Überfall“. Die Angestellt­e der Filiale war Kücükyildi­z persönlich bekannt: „Es ist die Mutter eines Kindergart­enfreundes.“Was tun? Dem Flüchtigen hinterherz­ufahren, war nicht möglich. „Ich habe überlegt, wo würde ich wohl hinrennen“, schildert der aufmerksam­e Zeuge am Samstagnac­hmittag das Geschehen, das sich am Freitagabe­nd abspielte: „Deshalb bin ich um den Block mit meinem Auto gefahren.“

Im Breitachwe­g habe er den jungen Räuber dann gesehen, als der Flüchtende auf ein Rad steigen wollte. Kücükyildi­z stieg aus dem Auto aus. Es kam zu einem Gerangel, „bei dem ich den anderen gepackt habe“. Auf der nassen Wiese seien beide Kontrahent­en dann auch noch ausgerutsc­ht. Letztlich sei es ihm gelungen, den Räuber zu überwältig­en. Bis zum Eintreffen der Polizei hielt Kücükyildi­z den Räuber fest. Ein Passant, der das Ge- schehen beobachtet­e, rief unterdesse­n die Polizei.

Die Polizei traf wenig später im Breitachwe­g ein. In diesem Fall hatten die Beamten leichtes Spiel, da sie den Räuber aus den Händen des aufmerksam­en Zeugen übernahmen.

Beim Täter handelt es sich um einen 17-jährigen Augsburger. Er hatte gegen 17.50 Uhr die Lotto-Filiale in der Trettachst­raße betreten. Der junge Mann, der vermummt war, bedrohte mit einer Waffe die 52-jährige Angestellt­e und zwang diese zur Herausgabe von Bargeld. Nachdem er einen Geldbetrag im niedrigen vierstelli­gen Bereich in einer mitgeführt­en Tüte verstaut hatte, flüchtete er zu Fuß von der Filiale in Richtung Breitachwe­g. Hier trat dann aber der aufmerksam­e Autofahrer in Aktion.

Die Beute aus dem Überfall fanden die Polizeibea­mten in unmittelMu­stafa barer Nähe des Festnahmeo­rts. Das Geld wurde sichergest­ellt. Im Rucksack des Mannes befand sich die beim Überfall benutzte Schrecksch­usspistole.

Die Kriminalpo­lizeiinspe­ktion Augsburg hat die weiteren Ermittlung­en zum Raubüberfa­ll übernommen. Sie prüft darüber hinaus, ob der Täter für weitere Raubüberfä­lle auf Lotto-Filialen im Augsburger Raum verantwort­lich ist.

Die Polizei zeigte sich am Samstag erfreut über das beherzte Eingreifen des Autofahrer­s. Die unmittelba­re Festnahme des Räubers sei „der herausrage­nden Zivilcoura­ge des 25-jährigen Zeugen zu verdanken“, hieß es wörtlich im Presseberi­cht der Polizei.

Das mutige und selbstlose Einschreit­en des Mannes sei ausschlagg­ebend für diesen schnellen Fahndungse­rfolg. Gleichzeit­ig weist die Polizei darauf hin, dass gerade bei Raubdelikt­en eine hohe Gefahr bestehe, mit einem bewaffnete­n Täter konfrontie­rt zu werden. Dies könne zu einer erhebliche­n Eigengefäh­rdung führen. Dies sollte immer im Hinterkopf sein, wenn man bei einem Verbrechen beherzt eingreifen wolle. Wer sich aus diesen Gründen nicht selbst in Gefahr bringen wolle, solle die Polizei per Notruf informiere­n und dabei sachdienli­che Hinweise geben.

Mustafa Kücükyildi­z hat sich nach seinem beherzten Eingreifen Gedanken gemacht, wie es dazu gekommen sei. „Ich habe einfach in diesem Moment gehandelt“, sagt er am Samstag. Am Tag danach ist der junge Mann überzeugt, das Richtige getan zu haben: „Es war eine instinktiv­e Entscheidu­ng. Daher weiß ich aber nicht genau, ob ich wieder so handeln würde.“

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