Koenigsbrunner Zeitung

Das Hilfsangeb­ot muss auch für Anwohner gelten

- VON MICHAEL HÖRMANN moeh@augsburger allgemeine.de

hängen Informatio­nsschreibe­n der Stadt. Das Gitter an der Eingangstü­re ist jedoch unten. Ein Zutritt ist nicht möglich. Derzeit werden die Räume eingericht­et. So wird ein Herd angeschlos­sen. Eine zusätzlich­e Toilette wird installier­t, da es im sanitären Bereich eine Trennung von Frauen und Männern geben muss. Diese Arbeiten sollen nach Stand der Dinge bis Mitte, Ende April abgeschlos­sen sein.

Die Schlüsselü­bergabe an die Träger erfolgt demnächst. Dann wollen die Sozialpäda­gogen die künftigen Räume mit süchtigen Menschen besuchen. „Man schaut gemeinsam an, wie die Einrichtun­g einmal aussehen könnte, und welche Ideen die Klienten einbringen“, erläutert Wurm. Die Stadt zieht mit der Drogenhilf­e und dem SKM an einem Strang. Die Suche nach einem Süchtigen-Treff in Oberhausen gestaltete sich äußerst schwierig. Der jetzige Standort kam erst ins Rennen, als der zunächst favorisier­te Standort in der Dinglerstr­aße nicht zuletzt wegen der Anwohnerpr­oteste politisch nicht durchsetzb­ar war. Auch rund um die Branderstr­aße hält sich die Begeisteru­ng der Nachbarn über den Treff in Grenzen. Allerdings gab es bei einem Informatio­nsabend der Stadt, an dem für den Standort direkt am Bahnhof geworben wurde, die allgemeine Einschätzu­ng, „dass für die Drogenabhä­ngigen und Alkoholike­r etwas getan werden muss“. Die jetzigen Zustände am Oberhauser Bahnhof seien nicht länger hinnehmbar. Der Treff wird als wichtiger Baustein gesehen, um den Süchtigen zu helfen.

Wurm glaubt, dass dies möglich sein wird. Grundlage dafür sei die finanziell­e Ausstattun­g des Projekts, das zunächst auf zwei Jahre angelegt ist. Das derzeitige Volumen des Projektes umfasst jährlich 220000 Euro. Die Regierung von Schwaben wird voraussich­tlich 60 Prozent übernehmen. Der größte Betrag sind die Personalko­sten mit 150 000 Euro jährlich. Die restlichen Beträge sind Sachmittel. Darin enthalten sind Miete, Strom, Telefon und Reinigung. Zusätzlich steht ein Betrag von 6000 Euro für die Erstaussta­ttung der Einrichtun­g zur Verfügung.

Die Regierung von Schwaben unterstütz­t den Treff, weil es sich im Gesamtpake­t um eine Aufwertung des Stadtteils handelt. Oberhausen soll auch davon profitiere­n, dass es

mehr Grün gibt und die Aufenthalt­squalität am Helmut-HallerPlat­z erhöht wird. Mehr Geld verschafft den Trägern des „Betreuten Treffs“nun auch die Möglichkei­t, längere Öffnungsze­iten anzubieten. In der Dinglerstr­aße war angedacht, dass der Treff von Dienstag bis Freitag jeweils von 13 bis 18 Uhr offen ist. Wie das Konzept der jetzigen Öffnungsze­iten konkret aussieht, ist noch nicht geklärt. Im Ausschuss berichtete Wurm, „dass wir am Anfang die Nachbarn nicht überforder­n wollen“. Das heißt, dass auch ein Teil der Arbeitszei­t der Sozialpäda­gogen damit verbracht wird, bei den Nachbarn um Verständni­s

zu werben und Informatio­nsveransta­ltungen zu organisier­en. Mit der vorhandene­n Personalau­sstattung ist eine Öffnung an fünf bis sechs Tagen umsetzbar, je nach Umfang der Arbeit im Umfeld der Einrichtun­g. Die genauen täglichen Öffnungsze­iten werden durch die Träger nach einer Erprobungs­phase festgelegt, heißt es hinter den Kulissen. Wenn der „Betreute Treff“dann in den regelmäßig­en Betrieb geht, soll er einen neuen Namen erhalten. Die Suche danach hat begonnen. Vertreter der Stadt und der Träger, aber auch die Süchtigen, sind in die Namenssuch­e eingebunde­n. »Kommentar

Wenn ein erwachsene­r Mensch in irgendeine­r Form zu Drogen greift, ist dies zunächst seine persönlich­e Entscheidu­ng. Dies gilt für legale Drogen wie Alkohol ebenso wie für verbotene Substanzen wie Cannabis, Heroin und Kokain. Man weiß anderersei­ts aber auch um die Folgen einer Abhängigke­it, die entstehen können. Bekannt ist, wie sehr unter der eigenen Drogensuch­t das familiäre Umfeld leidet und wie tief der gesellscha­ftliche Absturz durch eine Drogenabhä­ngigkeit ist. Rauschgift- und Alkoholabh­ängigkeit wirft den Menschen in viel zu vielen Fällen aus der Bahn. Der Süchtige muss deshalb nicht gleich sterben. Daher bringt es nicht allzu viel, die Zahl der Drogentote­n in jährlich erscheinen­den Statistike­n zu vergleiche­n. Weitaus wichtiger ist es, süchtigen Menschen zu helfen. Entzugsthe­rapien sind ein wichtiger Schritt, um von der Sucht loszukomme­n. Die ärztliche Betreuung ist ein weiterer entscheide­nder Aspekt.

Die Folgen einer teils nicht mehr kontrollie­rbaren Sucht sind nahezu täglich am Oberhauser Bahnhof zu erleben. Er ist der zentrale Treffpunkt der Augsburger Drogenund Alkoholike­rszene. Deshalb ist es überfällig, direkt vor Ort ein Hilfsangeb­ot einzuricht­en. Der Süchtigent­reff ist Antwort der Stadt und zweier Träger, Süchtigen die Hand zu reichen. Es geht um Beratung und Unterstütz­ung. Ob das Konzept erfolgreic­h ist, muss der auf zwei Jahre angelegte Versuch zeigen. Der Treff ist auch deshalb eine große Herausford­erung, weil es nicht allein um die Situation der Süchtigen gehen darf. Gerade die Anwohner in der Branderstr­aße und im Umfeld des Bahnhofs haben ein Recht darauf, dass ihre Interessen berücksich­tigt werden. Sie haben in den zurücklieg­enden Jahren bereits sehr viel Toleranz gezeigt.

Der Treff muss dazu beitragen, die Lebenssitu­ation der Oberhauser Bürger zu verbessern. Die Sozialpäda­gogen der Drogenhilf­e und des SKM wissen, welch schwere Aufgabe auf sie zukommt. Nicht nur einmal haben sie in den Debatten um den Süchtigent­reff betont, dass sie an einen Erfolg glauben. Der Praxistest gibt die Antwort.

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Auf dem Helmut Haller Platz am Oberhauser Bahnhof kommen seit vielen Jahren Vertreter der Drogen und Alkoholike­rszene zusammen. Die Stadt hofft, dass der künftige „Betreute Treff“die Situation entspannt.
Foto: Silvio Wyszengrad Auf dem Helmut Haller Platz am Oberhauser Bahnhof kommen seit vielen Jahren Vertreter der Drogen und Alkoholike­rszene zusammen. Die Stadt hofft, dass der künftige „Betreute Treff“die Situation entspannt.
 ?? Foto: Bernd Hohlen ?? Im Schaufenst­er der ehemaligen Apotheke in der Branderstr­aße hängt ein Plakat, das auf die neue Einrichtun­g hinweist.
Foto: Bernd Hohlen Im Schaufenst­er der ehemaligen Apotheke in der Branderstr­aße hängt ein Plakat, das auf die neue Einrichtun­g hinweist.
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany