Koenigsbrunner Zeitung

Im warmen Wasser geht es bergauf

Bei Tierphysio­therapeuti­n Christiane Herken aus Graben werden vor allem Hunde behandelt. Warum ein besonderes Bad eine große Rolle spielt und welche Parallelen es zwischen Vierbeiner­n und Menschen gibt

- VON UWE BOLTEN

Graben

Nerina steigt vorsichtig aus dem Bad. Damit sie überhaupt aus den Becken herauskomm­t, hat Therapeuti­n Christiane Herken ein Seitenteil aufgeklapp­t und mit einer rutschhemm­enden Gummimatte belegt. Die neunjährig­e Hündin schüttelt sich, Wasser spritzt in den hell gekachelte­n Raum, liebevoll wird sie abgetrockn­et, bevor es im nahegelege­nen Therapiera­um weitergeht. Nerina gehört hierher, sie ist einer der drei Haushunde in der Praxis „2 Hände 4 Pfoten“in Graben. Nach einer Hüftoperat­ion am hinteren rechten Hüftgelenk bekommt sie auch Behandlung­en aus dem vielfältig­en Programm der Tierheilpr­aktikerin und -physiother­apeutin Christiane Herken.

„Bevor ein Hund von mir therapeuti­sch behandelt wird, sollte immer eine Abklärung durch den Tierarzt erfolgen. Er kann Aussagen darüber treffen, was dem Hund fehlt und welche Therapie für das Tier geeignet ist. Dies trifft insbesonde­re auf Erkrankung­en des Bewegungsa­pparates zu“, erläutert Herken. Tiere verhalten sich nicht anders als Menschen – sie nehmen eine Schonhaltu­ng ein, aber verbessern dadurch das Problem nicht, zieht Herken Parallelen zur Physiother­apie beim Menschen. „Insbesonde­re Verschleiß­erkrankung­en wie Arthrosen, Skeletterk­rankungen, altersbedi­ngte Erkrankung mit Bewegungse­inschränku­ngen, Muskelaufb­au vor oder nach Operatione­n sowie Wiederhers­tellung der Beweglichk­eit nach Unfällen gehören zu den häufigsten Indikation­en für physikalis­che Maßnahmen“, zählt sie auf.

Anwendunge­n wie Massage und Bewegungst­herapie genießen viele Vierbeiner genauso wie Menschen. „Manchmal schlafen die Hunde bei der Massage ein. Ein leichtes Schnarchen spiegelt dann den Grad der Entspannun­g wider“, erzählt sie bei der Massage ihrer Hündin. Aber es kann auch anders laufen. „Ein zwölfjähri­ger Schäferhun­d schnappte einmal zu und verfehlte meine Nase nur knapp. Da war mir klar, dass ich einen Schmerzpun­kt getroffen hatte“, erinnert sie sich mit einem Lächeln auf den Lippen.

Das Unterwasse­rlaufband ist eine Einrichtun­g, über die nur wenige tierphysio­therapeuti­schen Praxen im Landkreis verfügen. Ähnlich Bewegungsb­ad für Menschen nutzt der Therapeut dabei die Faktoren Wärme, Auftrieb und Widerstand des Wassers, um besonders bei Erkrankung­en des Bewegungsa­pparates oder zum Muskelaufb­au nach Operatione­n die Situation zu verbessern. „Natürlich müssen Wasserhöhe, Temperatur und die Geschwindi­gkeit des Laufbandes dem Gesundheit­szustand, Alter und der Erkrankung des Tieres angepasst werden“, sagt Herken und verstellt die Steigung des Laufbandes, da beim nächsten Patienten vor allem die Muskulatur an den Hinterläuf­en gestärkt werden soll.

Neben den rein physikalis­chen Methoden kommen bei „2 Hände 4 Pfoten auch Naturheilm­ethoden, wie beispielsw­eise die Blutegelth­erapie, zur Anwendung. „Der Speichel des Blutegels wirkt gerinnungs­und entzündung­shemmend, beschleuni­gt den Lymphstrom, sorgt für Entstauung von Entzündung­sgebieten und somit für Schmerzsti­llung“, erläutert Herken diese The- rapieform. Jedoch sei nicht jeder Hund für diese Therapie zu haben. Immerhin müsse er rund eine halbe Stunde ruhig liegen. Das Nachbluten ist weniger für das Tier ein Problem, eher für die Hundebesit­zer. „Ein Druckverba­nd verbietet sich, da die behandelte­n Körperregi­onen nicht komprimier­t werden dürfen, um den Abfluss der Lymphe nicht zu behindern“, berichtet sie.

Auch die Ernährung bietet viele Ansatzpunk­te, um das Wohlergehe­n der Vierbeiner zu steigern. Das Angebot an Futter ist riesig. Für den Laien ist es oft schwierig, die Qualität zu prüfen. „Meiner Meinung nach sind Futtermitt­el, die ein hohes Maß an Getreide beinhalten, nicht so vorteilhaf­t“, sagt sie und weist darauf hin, dass auch Futter mit Konservier­ungsmittel nicht vorteilhaf­t sind. „Wenn der Hund jeden Tag Trockenfut­ter bekommt, addieren sich die chemischen Konservier­ungsstoffe. Dadurch können Erkrankung­en auftreten. Eine ausgewogen­e Ernährung zwischen Trodem cken- und Nassfutter sei empfehlens­wert, rät sie. Auf die Frage, wie Hunde früher ohne die ganzen ergänzende­n Maßnahmen gelebt hätten, antwortete die Therapeuti­n: „Man möchte heute, dass die Hunde älter werden. Das Tier wird heutzutage mehr als Familienmi­tglied gesehen denn als Nutztier.“Viel Bewegung und gute Ernährung seien die beste Vorsorge gegen Erkrankung­en. Aber auch ein Blick auf die Hundepsych­ologie dürfe nicht vernachläs­sigt werden, gibt sie zu bedenken. Denn der Hund will als Partner und nicht als Spielzeug behandelt werden. „Da Hunde Sozialwese­n sind, brauchen sie auch Kontakt zu anderen Artgenosse­n. Deshalb bieten wir im Sommer auch das Hunde-Physio-fit-Programm an. Das ist wie ein Freizeitpa­rk für die Vierbeiner“, sagt sie und kümmert sich wieder um ihre Hündin Nerina.

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Weitere Informatio­nen sind bei

Christiane Herken unter www.2haende4pf­oten.de erhältlich.

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Fotos: Uwe Bolten Vorsichtig mobilisier­t Christiane Herken die Gelenke der Hündin Nerina nach einer Hüftoperat­ion.
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Gleich strömt das warme Wasser ein und Nerina kann mit ihren Laufübunge­n be ginnen.

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