Auf den Shetlands zu einer neuen Musik
Martin Kälberer macht auf seiner Tournee am Samstag Halt in Schloss Blumenthal. Der Musiker definiert seine Songs auch als Zustandsbeschreibung seines momentanen Lebens
Herr Kälberer, Sie haben mit „Baltasound“, das seit Ende Februar auf dem Markt ist, Ihr achtes Album vorgelegt. Wie kam es zu dem geheimnisvoll klingenden Titel „Baltasound“? Waren Sie im Baltikum unterwegs?
Martin Kälberer: Das glauben in der Tat viele Menschen… aber nein. Ich habe mich lange auf den nördlichen und westlichen schottischen Inseln rumgetrieben. Baltasound ist der Name einer Bucht auf der nördlichsten Shetlandinsel Unst. Und beim Cover der CD handelt es sich auch nicht um eine Fotomontage, ein Straßenschild zur Bucht existiert wirklich. Als ich es entdeckt hatte, war klar, worin meine bis dato gespeicherten, noch recht vagen Ahnungen von einem neuen Sound irgendwann musikalisch münden müssten: im gleichnamigen Album.
Sie nennen Baltasound, bei dessen Studioaufnahme Sie von der Cellistin Fanny Kammerlander (live in Blumenthal auf der Bühne zu erleben) und dem Jazztrompeter Reinhard Greiner begleitet wurden, ein Konzeptalbum. Inwiefern? Kälberer: Ich empfinde das Album in der Tat als eine Art Reisebericht, der in seinen zehn Titeln sehr unterschiedliche Erlebnisse und Stimmungen widerspiegelt. Wie eine Bildercollage mit verschiedenen Moti-
ven, die für diesen Rückzug auf die Insel stehen, den wohl immer mehr Menschen ebenfalls ansteuern. Und es war ein richtiger Kompositionsprozess, bei dem auch eine eigene Form entstanden ist.
Vermutlich überflüssig die Frage, welchen Stellenwert die Natur und die Stille als Quelle Ihrer musikalischen Inspiration einnimmt?
Kälberer: Naja, sicher einen sehr hohen: Alles was ich als Musiker mache, findet ja nicht isoliert statt. Es passiert ständig so vieles gleichzeitig. Wenn ich am richtigen Platz bin, das ist in der Tat immer öfter die Natur und nicht die Großstadt, dann kann in mir diese leere Leinwand entstehen, auf der ich zu malen anfange. Hier kristallisieren sich dann die Dinge in Klarheit heraus.
Wieviel Raum gewähren Sie im Livekonzert der Improvisation, wie hoch ist die Abweichungsquote von der Studioaufnahme? Welche Rolle spielt das überhaupt bei jemandem, der so versiert improvisiert? Kälberer: Jede CD Aufnahme ist ein Statement, das sich im Livekonzert fortentwickeln darf – ähnlich wie sich in der Unterhaltung aus einer einmal schon benutzten Formulierung etwas thematisch durchaus Neues/Sinnvolles ergibt. Album und sind zwei gleichwertige Pole meines Musikerdaseins. So sehr es mich reizt, in langer Feinarbeit im Studio alles in eine ganz bestimmte Form zu bringen, so neugierig bin ich dann auch, wie sich diese Form live wieder ändert.
Wie wichtig ist Ihnen die „Kommunikation“mit Ihrem Publikum während der Konzerte? Kälberer: Die gespürte Rückmeldung des Publikums ist für mich essenzieller Bestandteil. Am Anfang meiner Laufbahn hatte ich immer
das Gefühl, ich muss alles präsentieren, was ich kann. Jetzt lasse ich mir mehr Freiraum, die Atmosphäre im Saal aufzunehmen und auf sie zu reagieren.
Ihre immer auch meditative Musik verfügt ja über einen magischen Entschleunigungseffekt. Was passiert mit Ihren Hörern in den Konzerten?
Kälberer: Der Tenor der GästebuchEinträge (ich besitze noch ein echtes Buch, das ich auslege) lautet, dass sie sich selber ein Stück näher und gleichzeitig zu innerer Ruhe gekomKonzerte
men sind. Das ist doch schon etwas ganz Wesentliches und Wertvolles, finde ich.
Demnächst geht es wieder ab in den Süden. Ab 2019 soll die die Fortsetzung mit „Süden II“erfolgen: Ein Mega-Erfolg mit Pippo Pollina und Werner Schmidbauer. Wie wichtig ist Ihnen die Kooperation mit anderen Musikern, die ja vielfach in Ihrem Studio Alben produzieren?
Kälberer: Bedingt durch die sehr familiäre Aufnahme-Situation des Studios arbeite ich nur noch mit eng vertrauten Menschen zusammen, in deren musikalische Projekte ich als aktiver Musiker involviert bin. Das ist dann immer reizvoll. Wichtig ist, dass ich nicht mehr abliefern muss zu einem bestimmten Termin; denn unser Musikersein sucht nach wahrhaftiger Stimmungsbeschreibung und benötigt dafür die entsprechend kreative schöpferische Freiheit. Interview: Renate Baumiller-Guggenberger
O Termine Martin Kälberer stellt sein neues Album „Baltasound“am Sams tag, 24. März, im Freiraum des Schlosses Blumenthal vor. Beginn ist um 20 Uhr. Am Freitag, 18. Mai, ist Kälberer mit „Baltasound“noch einmal in der Region zu erleben: um 20 Uhr im Parktheater in Göggingen.