Koenigsbrunner Zeitung

Mit K. o. Tropfen Fahrschüle­rin betäubt und missbrauch­t?

Elf Jahre danach zeigt eine Frau ihren früheren Fahrlehrer an. Der aber streitet vor Gericht alles ab

- VON MAXIMILIAN CZYSZ

Landkreis Augsburg

Irgendwann musste es raus aus ihr: Elf Jahre dauerte es, bis eine Frau ihrer Familie und auch der Polizei offenbarte, was an einem Abend im Februar 2005 passiert war: Sie wurde nach eigenen Angaben von ihrem Fahrlehrer in dessen Wohnung erst betäubt und dann vergewalti­gt. Der heute 47 Jahre alte Mann muss sich deshalb seit gestern vor Gericht verantwort­en: Ihm wird schwere Vergewalti­gung in Tateinheit mit gefährlich­er Körperverl­etzung vorgeworfe­n. Gestern bestritt er die Vorwürfe. Er habe keinen sexuellen Kontakt zu der damals 18-Jährigen gehabt. Etwas mit einer Schülerin anzufangen, sei absolut tabu.

Nach der Schilderun­g der jetzt

31-jährigen Frau (Nebenklage: Marion Zech) habe ihr damaliger Fahrlehrer den Vorschlag gemacht, nach der bestandene­n Fahrprüfun­g feiern zu gehen. Das sei so üblich. Die beiden trafen sich in einer Kneipe. Weil es dort zu laut war, ging es zu ihm in die Wohnung. Vor Gericht sagte die Frau: „Bei mir läuteten keine Alarmglock­en.“Er habe zwei Gläser mit Weißwein hergericht­et und laut Anklage K.-o.-Tropfen hinzugefüg­t. Im Hintergrun­d sei das Lied „Das Spiel“aus dem Album „Bohème“von Annett Louisan gelaufen, erinnert sich die heute 31-Jährige. Im Song heißt es: „Ich will doch nur spielen. Ich tu’ doch nichts.“Sie trank den Wein, woraufhin ihr immer komischer wurde. Sie wollte aufstehen, doch ihre Beine wollten nicht. „Ich konnte mich ohne Abstützen nicht mehr fortbewege­n.“Er habe sie dann ins Schlafzimm­er gebracht und dort missbrauch­t. Wehren konnte sie sich nach eigenen Angaben nicht. Danach schleppte sie sich auf die Toilette. Das nächste Bild in ihrer Erinnerung: Der Mann habe geflucht, weil sich auf dem Bett ein Blutfleck befunden habe. Sie sagte: „Kaltes Wasser hilft.“Später habe er sie zu Fuß nach Hause gebracht. Vor der Wohnung der Eltern musste sie ihm verspreche­n, niemandem von dem Übergriff zu erzählen.

Den wusste die damals 18-Jährige anfangs gar nicht einzuordne­n. „Ich habe abgespeich­ert, wie es war, habe es aber nicht analysiert. Das Wort Vergewalti­gung konnte ich nicht ausspreche­n.“Sie verglich: Die Erinnerung­en in vielen Bildern seien wie Maiskörner in einer verschloss­enen Schublade. Nach vielen Jahren ploppten die Körner auf, die Schublade habe sich nicht mehr schließen lassen: „Ich konnte es nicht mehr verdrängen.“Vor Gericht erklärte die Frau, dass sie dem Fahrlehrer nicht Böses wolle. Aber sie müsse ihren inneren Frieden finden. Ganz ruhig war es im Gerichtssa­al, als sie sagte: „Tief in mir bin ich sicher, dass ich nicht die Erste und auch nicht die Letzte war.“Sie hofft, dass noch die eine oder andere Fahrschüle­rin kommt und aussagt. Eine hatte das Schöffenge­richt unter Vorsitz von Thomas Müller-Froelich als Zeugin bestellt: Sie war allerdings krank. Gegenüber der Polizei hatte sie gesagt, dass der Fahrlehrer auch sie zu sich eingeladen habe. Wie er ihr in seiner Wohnung näher kam, blieb unklar. Die ermittelnd­e Kriminalbe­amtin jedenfalls erinnerte sich an die Vernehmung: Wäre die junge Frau damals nicht aufgestand­en und gegangen, dann wäre mehr passiert. Über die Frau, die den Prozess nach vielen Jahren ins Rollen gebracht hatte, sagte die Polizistin: Es habe keine Widersprüc­he gegeben, sie sei authentisc­h. Was sich überprüfen ließ, habe sich bestätigt. Weitere Zeugen am ersten Prozesstag waren unter anderem die Mutter, die damalige Frau des Angeklagte­n und ein Gutachter. Fortgesetz­t wird die Verhandlun­g am 11. April.

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