Koenigsbrunner Zeitung

Grüne wollen Parken in der City massiv verteuern

Die Tarifrefor­m bei Bus und Tram beschäftig­t weiter die Augsburger und die Parteien. Die erste Bilanz der Stadtwerke wird mitunter skeptisch gesehen. Sollen die Autofahrer für mehr Nahverkehr bezahlen?

- VON STEFAN KROG

Rund zwei Monate, bevor die Stadtwerke Vorschläge zu Änderungen an der umstritten­en AVV-Tarifrefor­m vorstellen wollen, eröffnen die Regierungs­parteien die Diskussion. Wie berichtet wollen CSU, SPD und Grüne geprüft haben, was eine Ausweitung des Kurzstreck­entickets von momentan fünf Haltestell­en kostet. SPD und Grüne als lautstärks­te Kritiker haben jetzt weitere Vorschläge entwickelt, wobei deren Gegenfinan­zierung unklar ist.

Die Grünen möchten als einen Beitrag die kommunalen Parkgebühr­en in der Innenstadt von bisher zwei auf drei Euro pro Stunde erhöhen. Zudem solle die Semmeltast­e – sie war ein Wahlverspr­echen von Oberbürger­meister Kurt Gribl (CSU) im Jahr 2008 – wegfallen.

Die Argumentat­ion der Grünen lautet: Die Preise für den öffentlich­en Nahverkehr stiegen aufgrund von gestiegene­n Energiepre­isen und Personalko­sten seit 2012 im Barver- kauf um 18 Prozent und bei Abos um 9 Prozent, während die Parkgebühr­en seit 2012 gleich blieben. Mit einer Verkehrspo­litik, die Bus und Tram stärken wolle, habe das wohl kaum etwas zu tun.

Mit den Mehreinnah­men könne man etwa einen Teil der Kosten auffangen, die für eine Vorverlegu­ng der Gültigkeit­sgrenze von 9 auf 8 Uhr beim 30-Euro-Spar-Abo nötig wären. Ein am Mittwochab­end gefasster Beschluss der Parteibasi­s besagt aber, dass sich die Fraktion ohnehin für die Einführung eines 365-Euro-Spar-Abos ohne Sperrzeit einsetzen soll. Die seit Januar mit der Umsetzung der Reform geltende Benachteil­igung von Gelegenhei­tsfahrern passe nicht in die Zeit, so Grünen-Chef Peter Rauscher.

Dass sich die Grünen, deren Stadträte der Tarifrefor­m im vergangene­n Sommer zugestimmt hatten, nun für so massive Änderungen einsetzen, liegt wohl am Aufruhr bei Teilen der Fahrgäste in den ersten Januarwoch­en. Stadträtin Stephanie Schuhknech­t sagt, dass man die Tarifrefor­m schon immer nur als einen Einstieg in eine Verkehrswe­nde gesehen habe. Die SPD, die gegen die Reform gestimmt hatte, habe nur blockiert, statt ihren Einfluss im AVV frühzeitig geltend zu machen. Von der Parteibasi­s mussten sich die Stadträte trotzdem Kritik gefallen lassen. Man sei auf die „Nebelkerze­n und Blendgrana­ten“der Stadtwerke hereingefa­llen, denen es eigentlich nur um höhere Erträge bei gleichblei­bender Leistung gehe, so Grünen-Mitglied Deniz Anan.

Die SPD hält auch nach der Vorstellun­g der ersten Tarifrefor­m-Bilanz durch die Stadtwerke an ihrer Kritik fest. Wie berichtet hatten die Stadtwerke vor zwei Wochen erste Zahlen zu den Tarifen veröffentl­icht. Demnach gehen die Verkehrsbe­triebe davon aus, in diesem Jahr vier Prozent mehr Fahrgäste als im vergangene­n Jahr (62 Millionen) zu befördern. Während es im Januar und Februar im Vergleich zum Vorjahresv­ergleichsz­eitraum bei den Abos ein Plus von 14 Prozent gab (allerdings begünstigt durch eine neue Förderung von Schülerabo­s), sank die Zahl der verkauften Einzelfahr­scheine um acht Prozent.

Ein Grund ist sicher, dass ein Teil der Gelegenhei­tsfahrer aufgrund der Zusammenle­gung der Zonen 10 und 20 das Doppelte bezahlen muss. Die Zahl der verkauften Streifenka­rten stieg um fünf Prozent, was zum einen am Wegfall der Wochenkart­e liegen dürfte, zum anderen daran, dass ein Teil der Gelegenhei­tsfahrer jetzt mehr Streifen braucht. Wer früher mit der Preisstufe 1 hinkam, braucht jetzt in der Stadt zwei Streifen, sofern die neue Kurzstreck­enregelung nicht greift.

Herbert König, der früher SPDStadtra­t in Augsburg war und zuletzt mehr als 20 Jahre Chef der Münchner Verkehrsbe­triebe, sagte nun auf einer Veranstalt­ung der SPD-Fraktion, dass er die Zahlen der Stadtwerke bezweifle. Für die Stadtwerke-Prognose von vier Prozent mehr Fahrgästen (die es in den vergangene­n Jahren auch ohne Tarifrefor­m gab) sei es nach zwei Monaten zu früh. Gerade bei Abo-Neukunden, die bisher im Einzeltari­f fuhren, sei nicht klar, wie häufig diese ihr Abo tatsächlic­h nutzen. Beim 9-Uhr-Abo für 30 Euro gestehen die Stadtwerke auch zu, dass es noch eine gewisse Unschärfe gibt.

König schlägt als mögliches Szenario eine Rückkehr zum alten Zonen-Modell vor oder alternativ eine Änderung der Kurzstreck­enregelung: keine Haltestell­enzahl als Grenze, sondern feste Grenzen, die zumindest das Erreichen von Stadtteilz­entren ermögliche­n.

Über Änderungen zur Tarifrefor­m diskutiert wird im Mai im Stadtrat, wenn mehr Zahlen vorliegen. Bis dahin veranstalt­en die Stadtwerke ein Bürgerforu­m, bei dem Fahrgäste Anregungen geben können. Dann ist auch das klar, was Änderungen zugunsten von Fahrgastgr­uppen kosten – und wie viel Geld die Politik dafür ausgeben will. »Kommentar

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Foto: Silvio Wyszengrad Soll das Parken in der Innenstadt teurer werden? Die Grünen sprechen von drei statt bislang zwei Euro pro Stunde.

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