Loben, bis Liberator und Libella kommen
Königsbrunner stellen in der Stadtbücherei ihre Lieblingsbücher einem breiten Publikum vor. Neben humorvollen Werken beschäftigten sich einige Buchlober mit harten Themen wie Tod, Krankheit und Lebenskrise
Königsbrunn
Das Veranstaltungsformat ist immer das gleiche, doch jedes Mal unterscheidet sich der Abend von den vorherigen. Bei „Der Chance, ein Buch zu loben“haben sieben Buchlober genau acht Minuten Zeit, ein von ihnen vorgestelltes Buch zu loben. Sind die acht Minuten um, unterbrechen Libella und Liberator die Buchlober humorvoll, mal lauter und mal leiser, aber immer bestimmt in ihrem Vortrag – an diesem Prinzip wird in der Königsbrunner Stadtbücherei seit elf Jahren nicht gerüttelt.
Dass die Abende dann doch immer so unterschiedlich und unvorhersehbar sind, liegt an den Buchlobern und ihrer ganz individuellen Art, sich und ihr Buch zu präsentieren. Silvia Frey lobt ihr LieblingsBuch in Reimform und zeigt damit, dass sie selbst über eine literarische Ader verfügt. Sunyela Roider hat ein Bild ihrer tödlich verunglückten Tochter Chiara mitgebracht, zündet eine Kerze an und während ihrer Buchpräsentation spielt meditative Musik. Sigrid Pforr erzählt von ihrer persönlichen Begegnung mit Buchautorin Annelie Keil, die sie sehr beeindruckte.
Auch bei der Buchpräsentation von Jürgen Müller steht die Autorin im Vordergrund. Er empfiehlt das neuste Buch von Unternehmerin Sina Trinkwalder und macht auch gleich Werbung für ihre Blue Jeans, Made in Augsburg. Dabei nimmt Müller den Ball auf, den ihm zuvor Steffen Schönborn mit seiner wirtschafts- und politikkritischen Buchempfehlung zuwarf. Schönborn liest schnelle Stakkato-Passagen aus dem Leben einer Durchschnittsfamilie, beschrieben im Buch „Sonst knallt’s“.
Aber nicht nur die Präsentationen sind sehr unterschiedlich, auch die Buchauswahl ist immer unvorhersehbar. Dieses Jahr wird viel Nachdenkliches geboten: Vier Bücher nähern sich den Themen Tod, Krankheit und Lebenskrise, mal als Sachbuch, mal als Roman. Zwei setzen sich zudem mit gesellschaftlichen Entwicklungen auseinander und Johannes Dietrich liest humorvoll und sehr bairisch aus der Baierischen Weltgeschichte: Warum die Welt in acht Tagen erschaffen? Es pressiert doch nicht!
Ausgerechnet der jüngste Buchlober hat das älteste Werk dabei. „Das Buch ist 30 Jahre älter als ich“, verrät Max Markmiller. Sein Tipp ist „Billard um halb zehn“von Heinrich Böll. Er habe das Werk in einem offenen Bücherschrank entdeckt, erzählt er und: „In dem Buch steckte sehr viel Schicksal, das auf 200 Seiten verdichtet ist.“Doch genug geplaudert. Libella und Liberator kommen lautstark mit einem Geburtstagsständchen auf die Bühne, schließlich wurde Böll auf den Tag vor 100 Jahren und drei Monaten geboren.
Im Anschluss an die Veranstaltung erzählt Besucherin Brigitte Diefenthaler, dass ihr genau dieser Vortrag am besten gefiel, und Irmgard Leupelt findet den Buchtipp von Jürgen Müller am spannendsten. Ines Knopp ist regelmäßige Besucherin des Buchlobens und sie hat einen deutlichen Unterschied zu den vorherigen Veranstaltungen ausgemacht: „Die Entwicklung zu hintergründigen Büchern und schwierigen Themen wie Tod und Krankheit ist auffallend.“
Die Veranstaltung war wieder bereits im Vorfeld ausverkauft und man habe die maximal erlaubbare Stuhlanzahl aufgestellt, ist von Kulturbüroleiterin Ursula Off-Melcher zu erfahren. Stadtbüchereileiterin Kathrin Jörg kann leider bei der Begrüßung der Besucher nicht ausgenau reden, denn Libella und ihr „Kötergatte“Liberator unterbrechen sie abrupt – aber das gehört ja zu den Konstanten der Veranstaltung, genauso wie die Musik von Triaphon. Das Trio mit Joachim Holzhauser (Vibraphon), Andreas Bauer (Bass) sowie Sängerin Alexandria Simeon verwöhnt die Besucher mit jazziger „Weltmusik“, wie es Off-Melcher treffend zusammenfasst.