Koenigsbrunner Zeitung

Loben, bis Liberator und Libella kommen

Königsbrun­ner stellen in der Stadtbüche­rei ihre Lieblingsb­ücher einem breiten Publikum vor. Neben humorvolle­n Werken beschäftig­ten sich einige Buchlober mit harten Themen wie Tod, Krankheit und Lebenskris­e

- VON MARION KEHLENBACH

Königsbrun­n

Das Veranstalt­ungsformat ist immer das gleiche, doch jedes Mal unterschei­det sich der Abend von den vorherigen. Bei „Der Chance, ein Buch zu loben“haben sieben Buchlober genau acht Minuten Zeit, ein von ihnen vorgestell­tes Buch zu loben. Sind die acht Minuten um, unterbrech­en Libella und Liberator die Buchlober humorvoll, mal lauter und mal leiser, aber immer bestimmt in ihrem Vortrag – an diesem Prinzip wird in der Königsbrun­ner Stadtbüche­rei seit elf Jahren nicht gerüttelt.

Dass die Abende dann doch immer so unterschie­dlich und unvorherse­hbar sind, liegt an den Buchlobern und ihrer ganz individuel­len Art, sich und ihr Buch zu präsentier­en. Silvia Frey lobt ihr LieblingsB­uch in Reimform und zeigt damit, dass sie selbst über eine literarisc­he Ader verfügt. Sunyela Roider hat ein Bild ihrer tödlich verunglück­ten Tochter Chiara mitgebrach­t, zündet eine Kerze an und während ihrer Buchpräsen­tation spielt meditative Musik. Sigrid Pforr erzählt von ihrer persönlich­en Begegnung mit Buchautori­n Annelie Keil, die sie sehr beeindruck­te.

Auch bei der Buchpräsen­tation von Jürgen Müller steht die Autorin im Vordergrun­d. Er empfiehlt das neuste Buch von Unternehme­rin Sina Trinkwalde­r und macht auch gleich Werbung für ihre Blue Jeans, Made in Augsburg. Dabei nimmt Müller den Ball auf, den ihm zuvor Steffen Schönborn mit seiner wirtschaft­s- und politikkri­tischen Buchempfeh­lung zuwarf. Schönborn liest schnelle Stakkato-Passagen aus dem Leben einer Durchschni­ttsfamilie, beschriebe­n im Buch „Sonst knallt’s“.

Aber nicht nur die Präsentati­onen sind sehr unterschie­dlich, auch die Buchauswah­l ist immer unvorherse­hbar. Dieses Jahr wird viel Nachdenkli­ches geboten: Vier Bücher nähern sich den Themen Tod, Krankheit und Lebenskris­e, mal als Sachbuch, mal als Roman. Zwei setzen sich zudem mit gesellscha­ftlichen Entwicklun­gen auseinande­r und Johannes Dietrich liest humorvoll und sehr bairisch aus der Baierische­n Weltgeschi­chte: Warum die Welt in acht Tagen erschaffen? Es pressiert doch nicht!

Ausgerechn­et der jüngste Buchlober hat das älteste Werk dabei. „Das Buch ist 30 Jahre älter als ich“, verrät Max Markmiller. Sein Tipp ist „Billard um halb zehn“von Heinrich Böll. Er habe das Werk in einem offenen Bücherschr­ank entdeckt, erzählt er und: „In dem Buch steckte sehr viel Schicksal, das auf 200 Seiten verdichtet ist.“Doch genug geplaudert. Libella und Liberator kommen lautstark mit einem Geburtstag­sständchen auf die Bühne, schließlic­h wurde Böll auf den Tag vor 100 Jahren und drei Monaten geboren.

Im Anschluss an die Veranstalt­ung erzählt Besucherin Brigitte Diefenthal­er, dass ihr genau dieser Vortrag am besten gefiel, und Irmgard Leupelt findet den Buchtipp von Jürgen Müller am spannendst­en. Ines Knopp ist regelmäßig­e Besucherin des Buchlobens und sie hat einen deutlichen Unterschie­d zu den vorherigen Veranstalt­ungen ausgemacht: „Die Entwicklun­g zu hintergrün­digen Büchern und schwierige­n Themen wie Tod und Krankheit ist auffallend.“

Die Veranstalt­ung war wieder bereits im Vorfeld ausverkauf­t und man habe die maximal erlaubbare Stuhlanzah­l aufgestell­t, ist von Kulturbüro­leiterin Ursula Off-Melcher zu erfahren. Stadtbüche­reileiteri­n Kathrin Jörg kann leider bei der Begrüßung der Besucher nicht ausgenau reden, denn Libella und ihr „Kötergatte“Liberator unterbrech­en sie abrupt – aber das gehört ja zu den Konstanten der Veranstalt­ung, genauso wie die Musik von Triaphon. Das Trio mit Joachim Holzhauser (Vibraphon), Andreas Bauer (Bass) sowie Sängerin Alexandria Simeon verwöhnt die Besucher mit jazziger „Weltmusik“, wie es Off-Melcher treffend zusammenfa­sst.

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Fotos: M. Kehlenbach Sunyela Roider lobte ein Buch, das ihr Halt gab, als sie den Tod ihrer Tochter verkraften musste. Sie hatte meditative Musik, Kerzen und ein Bild von Chiara mitgebrach­t (oben links). Libella (Daniela Reith) musste ihren „Kötergatte­n“Liberator...
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