Koenigsbrunner Zeitung

Es ist Zeit, Facebook an die kurze Leine zu nehmen

Der Skandal um Cambridge Analytica hat das ganze Ausmaß des Daten-Schindlude­rs offengeleg­t. Es reicht jetzt. Das Netzwerk gehört unter Aufsicht

- VON JÜRGEN MARKS mrk@augsburger allgemeine.de

Facebook-Manager Richard Allan musste gestern zum Rapport ins deutsche Justizmini­sterium. Das Gespräch war für ihn sicher nicht angenehm. Aber für die Macher des sozialen Netzwerks wird es noch härter kommen. Denn der Skandal um Cambridge Analytica hat das ganze Ausmaß des Daten-Schindlude­rs bekannt gemacht. Facebook ist offen wie ein Scheunento­r für alle, die danach sinnen, Menschen zu manipulier­en.

Es hat wohl dieses Debakel gebraucht, um die Welt aufzurütte­ln. Ein simpler Psychotest, an dem 300 000 Amerikaner teilnahmen, erwies sich als trojanisch­es Pferd. Am Ende ergaunerte­n die dubiosen Datenfisch­er 50 Millionen Profile – darunter sicher auch deutsche. Doch vor der US-Präsidents­chaftswahl waren nur Amerikaner relevant. Das Wahlkampf-Team von Donald Trump nutzte die Daten für eine zielgenaue, am Ende erfolgreic­he Kampagne.

Für Facebook-Gründer Mark Zuckerberg ist der Fall eine folgenschw­ere Blamage. Denn nun ist endgültig klar: Die Daten von mehr als zwei Milliarden Nutzern weltweit und 31 Millionen Menschen in Deutschlan­d sind nicht sicher und können von Tricksern jeder Couleur genutzt werden.

Dennoch hat die weltweite Entrüstung auch Züge von Scheinheil­igkeit. Denn das massenhaft­e Erstellen – und Verkaufen – von Datensätze­n ist seit jeher das Geschäftsm­odell von Facebook.

Jeder sollte wissen, dass er mit Informatio­nen für die Nutzung bezahlt. Urlaubsbil­der aus Italien, ein „Gefällt mir“für bestimmte Politiker, Mitgliedsc­haften in der FanGruppe des FC Augsburg, Kommentare zum letzten Opernbesuc­h oder dem Kegelabend – Facebook sammelt all diese Details. Dazu weiß die Datenkrake auch, welche Internetse­iten außerhalb des Netzwerkes genutzt werden und erstellt daraus ein Profil. Ein Algorithmu­s entscheide­t dann, welche Nachrichte­n dieser Nutzer angezeigt bekommt. Zudem wird zielgenaue Werbung eingeblend­et.

Nie zuvor hat es eine Organisati­on gegeben, die so viel über so viele Menschen wusste. Und wer das Wissen hat, hat die Macht. Das ist im Falle dieses globalen Netzwerkes zu lange unterschät­zt worden. Gegen Facebook waren die DatenSamml­er der früheren DDR-Stasi Dilettante­n. Dabei ist das Netzwerk weit entfernt von den Methoden der Stasi. Denn die Menschen breiten ihr Leben ja freiwillig im Internet aus. Auch Google, Amazon und Co. wissen im Übrigen mehr über uns, als uns lieb sein sollte.

Doch das ist nicht neu. Und auch die Probleme der sozialen Netzwerke mit Filterblas­en und Fake News sind längst bekannt. Was das Fass zum Überlaufen bringt, ist der sorglos offene Umgang mit den Daten. Deshalb wird es Zeit, Facebook an die kurze Leine zu nehmen. Die Regierunge­n der freien Welt haben den Konzern bislang gewähren lassen. Anders als China oder Russland, wo das Netzwerk verboten wurde oder reguliert wird.

Die Europäisch­e Union hat mit der Datenschut­zgrundvero­rdnung zwar ein bürokratis­ches Monster geschaffen. Doch ab 25. Mai 2018 drohen Konzernen wie Facebook bei Verstößen wie der unautorisi­erten Weitergabe von Daten empfindlic­he Strafen bis zu einer Höhe von vier Prozent des Jahresumsa­tzes. Der liegt beim Zuckerberg­Konzern immerhin bei mehr als 30 Milliarden Euro.

Die konsequent­e Verhängung von Bußgeldern ist die beste Waffe der EU im Kampf um die Datensiche­rheit. Der härteste Schuss vor den Bug wäre allerdings eine entspreche­nde gesetzlich­e Regulierun­g innerhalb der USA. Facebook gehört unter bessere Aufsicht. Doch beim Datenschut­z befindet sich Amerika leider immer noch in der Zeit des Wilden Westens.

Beim Datenschut­z ist Amerika noch im Wilden Westen

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