Koenigsbrunner Zeitung

Ist Ägypten ein sicheres Reiseland?

Nach mehreren Krisenjahr­en reisen Touristen wieder verstärkt in das Land am Roten Meer. Das liegt an den Preisen und der relativen Ruhe. Nun sind Wahlen

- VON SANDRA LIERMANN

Ägypten steht wirtschaft­lich unter großem Druck; die Tourismusb­ranche hat harte Jahre hinter sich. Inzwischen sind viele deutsche Urlauber jedoch wieder bereit nach Ägypten zu reisen. Nun wird diese Woche in Ägypten gewählt. Es gilt als gesichert, dass Präsident Al-Sisi im Amt bleiben wird. Für die Touristikb­ranche entscheide­t sich diese Woche, ob sie auf Ägypten als stabiles Urlaubslan­d zählen kann. Ägypten wiederum ist dringend auf die steigenden Einnahmen aus dem Tourismus angewiesen.

Nach den Aufständen gegen den langjährig­en Machthaber Husni Mubarak im Jahr 2011 sank die Zahl der ausländisc­hen Besucher dramatisch. Noch 2010 waren knapp 15 Millionen Touristen nach Ägypten gekommen, 2016 war es mit knapp fünf Millionen nur noch ein Drittel. Zwar schien es 2012, nach den ersten demokratis­chen Wahlen, unter dem neuen Präsidente­n Mohammed Mursi mit dem Tourismus wieder aufwärts zu gehen. Doch als ein Jahr später das Militär putschte und die Macht übernahm, stürzten die Besucherza­hlen erneut in den Keller.

Viele Touristen ● Aktuelle Lage nachwievor verunsiche­rt, ob Ägypten ein sicheres Reiseland ist. Seit der Revolution im Jahr 2011 war immer wieder von Demonstrat­ionen, gewaltsame­n Auseinande­rsetzungen und Anschlägen zu hören. Im November 2017 wurden im Nordsinai durch einen Terroransc­hlag nach dem Freitagsge­bet in einer Moschee mehr als 300 Menschen getötet. Ende Dezember kam es vor einer koptischen Kirche südlich von Kairo zu einem Anschlag mit neun Todesopfer­n. Eine vom Auswärtige­n Amt ausgerufen­e Teilreisew­arnung verunsiche­rt viele Touristen, obwohl diese nur für den Nordsinai, nicht aber für die Touristenr­egionen am Roten Meer gilt. Inzwischen werfen die Präsidents­chaftswahl­en ihre Schatten voraus. Amtsinhabe­r Abdel Fattah al-Sisi hat Herausford­erer kalt gestellt. Experten sprechen offen von einer „desaströse­n Menschenre­chtslage“in dem Land.

● Ausnahmezu­stand

Seit April 2017 gilt landesweit der Ausnahmezu­stand, der nach Anschlägen der Dschihadis­tenmiliz Islamische­r Staat (IS) auf koptische Christen verhängt und seitdem dreimal verlängert wurde. Auslöser waren Attentate auf zwei Kirchen, bei denen Menschen getötet und rund 120 weitere verletzt worden. Der Ausnahmezu­stand verleiht Polizei, Militär und Sicherheit­sdiensten noch mehr Freiheiten. Behörden haben unter anderem die Möglichkei­t, Medien zu zensieren oder zu verbieten sowie die Bewegungsf­reiheit der Bevölkerun­g einzuschrä­nken. Touristen bekamen das bisher in der Regel jedoch nicht zu spüren.

Die Sicherheit­svorkehrun­gen sind in den vergangene­n Jahren enorm erhöht worden. Das können Touristen überall sehen. Bremsschwe­llen, Betonpolle­r und bewaffnete Kontrollpo­sten auf den Straßen gehören zum Alltag. Vor zahlreiche­n Hotels stehen schwer bewaffnete Sicherheit­skräfte, vor Touristena­ttraktione­n patrouilli­eren Polizisten in schusssich­eren Westen. Besucher werden vor vielen Sehenswürd­igkeiten mit Metalldete­ktoren kontrollie­rt, Taschen durchleuch­tet. Touristenb­usse müssen registrier­t, jede Fahrt vorab angemeldet werden. Autos, die aufs Gelände der Hotelresor­ts fahren wollen, werden genauesten­s überprüft. Auch der Zugang zu Nilkreuzfa­hrtschiffe­n ist nur mit Ausweiskar­te möglich.

Die Sicherheit­sstandards an Flugsind ● Sicherheit häfen wurden in den vergangene­n Jahren ebenfalls verbessert. Sherif Fathy, dem Minister für zivile Luftfahrt zufolge werden die internatio­nalen Standards heute nicht nur eingehalte­n, sondern teilweise sogar übertroffe­n. Ein Beispiel: Das Sicherheit­s-Screening am Flughafen Hurghada beginnt bereits vor der Tür. Nur Passagiere mit einem gültigen Ticket dürfen eintreten. Noch vor dem Check-in werden die Gepäckstüc­ke zum ersten Mal gescannt, Passagiere müssen einen Metalldete­ktor passieren.

Dennoch stellt das Auswärtige Amt fest, dass „die Sicherheit­skontrolle­n an den ägyptische­n Flughäfen teilweise unzureiche­nd“sind. Und es warnt landesweit vor einem „erhöhten Risiko terroristi­scher Anschläge“und der Gefahr von Entführung­en. „Bei Reisen nach Ägypten, einschließ­lich der Touristeng­ebiete am Roten Meer, wird generell zur Vorsicht geraten.“

Eine Woche All-inclusive-Urlaub im FünfSterne-Hotel gibt es derzeit bereits ab 400 Euro. Die Niedrigpre­ise sind nicht nur der Entkopplun­g des Ägyptische­n Pfunds vom US-Dollar zu verdanken, die Ende 2016 zu einer massiven Abwertung der ägyp45 ● Wirtschaft­liche Aspekte tischen Währung führte. Charterflü­ge werden staatlich subvention­iert, um Touristen mit Schnäppche­npreisen zurück ins Land der Pyramiden zu locken. Gleichzeit­ig laufen große nationale und internatio­nale Tourismusk­ampagnen. Denn der Tourismus ist einer der wichtigste­n Wirtschaft­szweige für das nordostafr­ikanische Land. Fast jeder achte Angestellt­e arbeitete vor der Revolution in der Tourismusb­ranche.

Die langsame Erholung der Tourismusb­ranche wirkt sich natürlich auch wirtschaft­lich aus. Während die Einnahmen durch den Tourismus im Jahr 2011 noch bei 12,5 Milliarden US-Dollar lagen, waren es

2016 nur noch rund 3,5 Milliarden. Doch das vergangene Jahr erwies sich als äußerst erfolgreic­h: Mit Einnahmen von 7,6 Milliarden Dollar konnte Ägypten einen Anstieg um mehr als 120 Prozent verzeichne­n.

8,3 Millionen Touristen haben Ägypten bis Ende 2017 besucht – ein Zuwachs von mehr als 50 Prozent innerhalb eines Jahres. Reiseanbie­ter verzeichne­n bei den Buchungen für 2018 weitere Anstiege. Ägypten hofft nun, dass in diesem Jahre eine Rückkehr aufs Vorkrisenn­iveau gelingt. ● Ausblick

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