Pinocchio Bewerbung
Beim Vorstellungsgespräch ist der Personaler begeistert vom Bewerber: Er ist sympathisch und besitzt fachlich genau die Kompetenzen, die gewünscht sind. Der Interviewte wird angestellt. Doch nach etwas Recherche stellt sich heraus, dass der neue Mitarbeiter diverse Fortbildungen nie besucht hat – statt einer langen Nase wie bei Pinocchio erwarten ihn nun allerdings größere Konsequenzen.
Zunächst ist es natürlich ganz normal, sich im Vorstellungsgespräch bestmöglich darstellen zu wollen. Da aber kein Mensch perfekt ist, wird gerne mal ein wenig geflunkert. Wer seine Französischkenntnisse etwas besser beschreibt, als sie sind, und diese für den Job nicht von Bedeutung sind, ist das nicht weiter tragisch. Auch wer in seinen Hobbys ein Instrument oder einen Sport aufführt, wovon er oder sie kaum eine Ahnung hat, hat wohl kaum etwas Schlimmes zu erwarten – allerdings kann es bei einer Unterhaltung darüber schnell peinlich werden. Doch bei beruflich relevanten Qualifikationen und Abschlüssen hört der Spaß auf. Denn eine grobe Fälschung solcher Daten ist nichts anderes als arglistige Täuschung, also kein Kavaliersdelikt. Es ist außerdem strengstens verboten, sich einen geschützten Titel oder Abschluss zu geben, den man nicht hat. Im Abiturzeugnis die Deutschnote etwas anheben? Nein: Das ist schlicht und ergreifend Urkundenfälschung, worauf bei einer Anklage hohe Geld- oder im Extremfall sogar Gefängnisstrafen drohen.
Was passiert, wenn das Unternehmen jemanden einstellt, obwohl derjenige falsche Angaben im Lebenslauf hatte? Das schützt nicht: Findet der Arbeitgeber heraus, dass er getäuscht wurde, folgt meist die fristlose Kündigung. Auch nach jahrelanger Zusammenarbeit und wenn der Dienstherr mit den Leistungen zufrieden war, ist das der Fall. Denn die Lüge steht nicht im Verhältnis zur Arbeitsleistung.
Gehalt zurück
Kann das Unternehmen nachweisen, dass es durch die Täuschung Schaden genommen hat, kann es eine Gehaltsrückzahlung als Schadensersatz einfordern. Diese erhöht sich natürlich, je länger die Lüge unentdeckt geblieben ist.
Bei Soft-Skills sind Flunkereien weniger gravierend. Denn die „weichen Fähigkeiten“lassen sich schwerer nachweisen, hierfür gibt es keine Abschlüsse und Tests. Allerdings ist der vorige Arbeitgeber oft ein guter Ansprechpartner für Personaler und potenzielle Chefs. Und wer behauptet, enorm stressresistent zu sein, obwohl er bei der kleinsten Kritik in Tränen ausbricht, tut letztendlich auch sich selbst keinen Gefallen.
Es ist im Beruf wie überall sonst im Leben: Ehrlich währt am längsten. Lügen – auch kleine Schwindeleien – fliegen in der Regel schnell auf und werfen unnötig schlechtes Licht auf einen. Fachliche Mängel kann man gegebenenfalls durch Lernbereitschaft und Fortbildungen ausgleichen, fehlende Soft-Skills kann man sich antrainieren. Und wenn das Unternehmen komplett konträre Vorstellungen von einem geeigneten Mitarbeiter hat, ist diese Stelle vielleicht einfach nicht die richtige. Denn die passende macht beide Seiten glücklich. Ganz ohne lange Nase.