Koenigsbrunner Zeitung

Wie man sicher in die Motorradsa­ison startet

Unser Thema Motorradfa­hrer haben vor den ersten Ausfahrten im Frühjahr viel zu tun. Doch das gilt nicht nur für die Überprüfun­g der Maschine. Für sicheren Fahrspaß gilt es, auf die Details zu achten

- VON REINHOLD RADLOFF

Die Sonne lockt die Biker auf die Straßen. KFZ-Spezialist Wolfgang Schönwette­r weiß, wie ein sicherer Start gelingt.

Die warme Sonne lockt ebenso wie das glänzende Motorrad. Also rauf auf die Maschine und los geht’s. Halt! Vorher sollten einige ganz wichtige Dinge erledigt werden.

„Auch wenn es eigenartig klingt: Die Vorbereitu­ng auf die Motorradsa­ison beginnt im Herbst.“Das erklärt Wolfgang Schönwette­r, seit vielen Jahrzehnte­n begeistert­er Motorradfa­hrer, Kfz-Meister, ehemaliger BMW-Versuchsme­chaniker und Motorradte­chniker sowie Entwicklun­gsingenieu­r. Er weiß, wovon er spricht, denn in seiner Werkstatt landen im Frühjahr immer wieder Maschinen mit den gleichen banalen Mängeln: „Da ist der Reifendruc­k viel zu niedrig, die Batterie schlecht oder gar nicht geladen und der Ölstand zu niedrig.“

Seine Empfehlung­en beginnen schon im Herbst, bevor die Maschine weggestell­t wird, und sie sind ganz einfach: Das Motorrad waschen, den Reifendruc­k auf etwas über normal erhöhen und die Batterie an ein gutes Dauerladeg­erät hängen oder sie ausbauen und alle paar Wochen laden, die Maschine volltanken, an einem trockenen und salzfreien Ort auf den Hauptständ­er stellen, um die Reifen zu entlasten, und ab und zu nach Undichtigk­eiten an Motor, Gabeln und an anderen Stellen schauen. „Ein Ölwechsel vor dem Winter ist nicht zwingend nötig“, so der Experte.

Kann man dank all dieser Maßnahmen im Frühjahr rauf auf den Bock und gleich los? Nein. Es sind erneut einige Kontrollen nötig: „Sind die Reifen älter als fünf oder sechs Jahre, so müssen sie getauscht werden: „Sie sind hart und haben keinen Grip mehr“, so Schönwette­r.

Weiter geht’s: Luftdruck, Ölstand, Kettenspan­nung, Bremsflüss­igkeit und Batteriezu­stand prüfen. Wer sich diese Tests nicht zutraut, dem rät Schönwette­r zu einem Check des Zweirads beim Fachmann.

Wenn die Maschine läuft, auf einem Parkplatz die Bremsen vorsichtig testen. Und jetzt kommt das

Wichtigste: Die ersten Kilometer sehr vorsichtig fahren. „Über den Winter gingen ein wenig die Reflexe und das Gefühl für die Maschine verloren, egal, wie erfahren man ist. Jeder muss sich erst wieder an das Motorrad gewöhnen“, sagt Schönwette­r. Das heißt: Mit gedrosselt­em Tempo und mit geringer Schräglage fahren, also nicht gleich rauf auf die Autobahn und die Bergpässe, son-

dern sich und die Maschine eher auf der gut bekannten Hausstreck­e probieren.

„Ein Fahrtraini­ng beim ADAC oder bei der Fahrschule kann nicht schaden“, so der Schwabmünc­hner Motorradhä­ndler, der noch einen ganz wichtigen Tipp hat: „Wer sich im Winter nicht sportlich betätigt hat, der sollte seine körperlich­e Fitness vor der ersten Ausfahrt auf

Vordermann bringen, denn Motorradfa­hren ist anstrengen­d.“Er empfiehlt, im Winter auf jeden Fall wenigstens öfter mal mit dem Fahrrad zu fahren.

Übrigens: Wer neue Reifen aufziehen ließ, der sollte die ersten 50 bis 100 Kilometer besonders vorsichtig fahren: Die Pneus müssen erst eingefahre­n werden und der Fahrer muss das richtige Gefühl für sie entwickeln. Schönwette­r hat aber nicht nur wichtige Tipps für die erste Ausfahrt, sondern für die gesamte Saison:

Nie ohne vollständi­ge Motorradkl­eidung fahren.

Die Maschine immer gut im Griff und zwischen den Oberschenk­eln haben.

Den Blick stets nach vorne richten und zusätzlich zum Verkehr auch die Straße beobachten. Öl- und Wasserflec­ken, Risse, Schlaglöch­er, Markierung­en, alle Fahrbahnun­ebenheiten stellen Gefahren dar.

Sollte das Hinterrad mal wirklich leicht wegrutsche­n: nicht bremsen, auf dem Gas bleiben und die Schräglage beibehalte­n.

Bei Touren nach spätestens eineinhalb Stunden eine mindestens zehnminüti­ge Pause machen, sich lockern und etwas trinken.

Spätestens alle zwei Jahre sollte die Maschine eine Inspektion bekommen, unabhängig von den gefahrenen Kilometern.

„Die größten Gefahren beim Motorradfa­hren sind Selbstüber­schätzung oder Angst, Unkonzentr­iertheit und die Verkehrsge­gner“, erklärt Schönwette­r, der sowohl auf den öffentlich­en Straßen als auch auf den Rennstreck­en der Welt zu Hause ist und sich, trotz aller Erfahrung, schon schwere Verletzung­en zugezogen hat.

Straßenmas­chinen haben heutzutage immer mehr Technik, immer mehr PS, immer mehr Gewicht und werden immer schneller. Die BMW S 1000 RR hat beispielsw­eise 200 PS und schafft 300 Stundenkil­ometer. „Um so ein Gefährt sicher zu bewegen, dafür benötigt man extrem viel Erfahrung. Einmal ein wenig zu viel am Gasgriff gedreht, und schon kann ein Ungeübter die Kontrolle verlieren.“Schönwette­r empfiehlt, mit schwächere­n Maschinen zu beginnen und sich langsam mit den Jahren zu steigern und sich nicht zu sehr auf technische Helfer wie ABS zu verlassen.

„Motorradfa­hren ist ein tolles, aber auch gefährlich­es Hobby. Nur wer viel Vernunft walten lässt, ist einigermaß­en auf der sicheren Seite“, so Schönwette­r und schraubt in seiner Werkstatt wieder weiter. ● ● ● ● ● ●

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Morgen

geht es bei unserem Thema um Wohnmobile.

 ?? Foto: Reinhold Radloff ?? Alles frisch aufpoliert: Wolfgang Schönwette­r weiß genau, wie man nicht nur diese BMW R 1200 für die neue Saison fit macht, sondern hat Tipps für alle Biker.
Foto: Reinhold Radloff Alles frisch aufpoliert: Wolfgang Schönwette­r weiß genau, wie man nicht nur diese BMW R 1200 für die neue Saison fit macht, sondern hat Tipps für alle Biker.

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