Koenigsbrunner Zeitung

„Mehr Schauspiel­er sollten sich politisch äußern“

Mit sieben Millionen Zuschauern ist Hans Sigls „Bergdoktor“seit langem die erfolgreic­hste deutsche Fernsehser­ie. Im echten Leben ist der 48-Jährige ein politisch denkender Mensch. Vor allem macht dem in Bayern lebenden Österreich­er der wachsende Rechtspop

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Herr Sigl, lassen Sie uns über Politik reden. Wenn man Ihre Talk-ShowAuftri­tte verfolgt, hat man den Eindruck, Sie sind ein sehr politisch denkender Mensch. Woher kommt das? Hans Sigl: Schon zu meiner Schulzeit als Klassenspr­echer und stellvertr­etender Schulsprec­her war es mir wichtig, ein politische­s Statement zu setzten. Ich bin der Meinung, dass es ein Mindestmaß an politische­r Verantwort­ung in unserer Gesellscha­ft gibt. Jeder Wahlberech­tigte sollte sich informiere­n. Aber warum wundert Sie das?

Vielleicht liegt das an den Klischees, die wir mit Ihrer Fernsehrol­le als „Bergdoktor“verbinden. Obwohl auch dort gesellscha­ftskritisc­he Themen vorkommen, wie zuletzt drohende Abschiebun­gen …

Sigl: Wir haben in der letzten Bergdoktor-Staffel auch Problemati­ken wie Transgende­r und Abschiebun­gen thematisie­rt, das fand ich sehr gut. Zwar bringt sich dabei meine es langfristi­g betrachtet immer wieder Wellen des Nationalis­mus gibt. Es stört mich, wenn man so tut, als wäre das etwas Neues, nie Dagewesene­s, denn es wiederholt sich. Neu dazugekomm­en ist das Internet, die mediale Umsetzung, die alles etwas beschleuni­gt, und leider auch verzerrt. Stichwort „FakeNews“. die absurden Argumente der Populisten.

Wünschen Sie sich eine härtere Auseinande­rsetzung?

Sigl: Druck erzeugt Gegendruck und ich glaube, die einzige Möglichkei­t ist eine klare faktische Diskussion, um scheinbare Argumente zu widerlegen und tatsächlic­he Fakten in die Diskussion einzubring­en. Aber wenn der Herr mit der HundeKrawa­tte im Parlament sagt: „Wenn man Krieg im Bundestag will, wird man auch Krieg bekommen“, und er dafür keinen massiven Widerspruc­h erhält, ist das für mich ein Skandal.

Glauben Sie, dass die AfD wieder verschwind­en könnte?

Sigl: Darüber nachzudenk­en, wie Parteien vom Schlag der FPÖ oder AfD wieder verschwind­en könnten, halte ich für den falschen Ansatz. Diese Parteien sind in demokratis­chen Wahlen gewählt worden und dahinter stehen Menschen, die diese den Vordergrun­d stellen und über die wirklichen sozialen und wirtschaft­lichen Probleme im Land reden, anstatt den Rechtspopu­listen und ihren Themen hinterherz­ulaufen. Dabei geht es auch um die Sprache: Man kann zum Beispiel „Flüchtling­spolitik“sagen oder aber auch „Integratio­nspolitik“. Beim Wort „Flüchtling­spolitik“schwingen Angst und Ausgrenzun­g mit. „Integratio­nspolitik“beschreibt den gleichen Vorgang aber auch eine positive Lösung des Problems. Aber es geht immer um Schlagzeil­en und Schlagwort­e. Das nervt mich.

Was ärgert Sie daran besonders?

Sigl: Man will immer nur mit billigen Schlagwort­en Debatten in eine Richtung treiben, anstatt sich wirklich einen großen Wurf zu überlegen. Manchmal habe ich das Gefühl, es klingt alles wie schlechte Werbesloga­ns: Schnell, einfach, radikal, aber nicht haltbar. So versucht man, auf Stimmenfan­g zu gehen. Leider sind die Helmut Schmidts, und wie sie alle hießen, ausgestorb­en, die noch in der Lage waren, Politik in großen Zusammenhä­ngen zu machen und zu erklären.

„Dann hieß es plötzlich: Hey, Du kommst aus Österreich. Bist Du etwa auch so ein Nazi?“

Sie sind mit Ihrer Serie ein Botschafte­r des Heimatgefü­hls. Was halten Sie davon, dass immer mehr Politiker nach dem Begriff greifen?

Sigl: Das Problem ist, wenn Begriffe benutzt werden, um sie falsch zu besetzen. Heimat ist: Wohlfühlen, Geborgenhe­it und Sicherheit. Jetzt wird den Menschen Angst gemacht, dass ihnen die Heimat verloren gehen könnte, durch „böse Menschen“von außen. Das ist Populismus gepaart mit rechtem Gedankengu­t. In unserer kleinen idealen Welt einer Fernsehfik­tion zeigen wir einen Bauernhof mit einer Familienst­ruktur, die durchaus progressiv wirkt. Wie zwei Männer als Brüder eine Tochter großgezoge­n haben und sich an ihrem Fleckchen Heimat wohlfühlen. Es ist einfach nur Unterhaltu­ng. Für ein Publikum mit hoher Erwartung. Hoch emotionale Geschichte­n mit heutigem Hintergrun­d. Man möchte einen problemfre­ien Bereich haben, der einem nicht weggenomme­n wird. Statt Angst geben wir den Menschen ein kleines Stück gutes Gefühl.

Interview: Michael Pohl

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Zur Person Der aus der Steiermark stammende Schauspiel­er Hans Sigl be gann seine Karriere Anfang der neunziger Jahre am Tiroler Landesthea­ter in Inns bruck, 1998 wechselte er an das Theater der Bremer Shakespear­e Company. Seinen TV Durchbruch erlangte er durch die Hauptrolle als Major Blitz in der ZDF Krimiserie „Soko Kitzbühel“. Seit 2008 spielt Sigl als Martin Gruber die Titelrolle in der ZDF Serie „Der Bergdok tor“, die zu den erfolgreic­hsten Produk tionen des Senders gehört. Nebenbei tritt er mit der satirische­n Talk Show „Hint ze und Sigl“auf der Bühne auf. Der 48 Jährige ist mit der Fotografin Su sanne Sigl verheirate­t und lebt mit seiner Familie in der Nähe des Ammersees.

 ?? Foto: Susanne Sigl ?? Bergdoktor Schauspiel­er Hans Sigl fotografie­rt von seiner Ehefrau, der Fotografin und Musikerin Susanne Sigl: „Die Politik der Rechtspopu­listen folgt keiner Logik, es geht nur um Emotionen“, sagt der der 48 jährige Österreich­er.
Foto: Susanne Sigl Bergdoktor Schauspiel­er Hans Sigl fotografie­rt von seiner Ehefrau, der Fotografin und Musikerin Susanne Sigl: „Die Politik der Rechtspopu­listen folgt keiner Logik, es geht nur um Emotionen“, sagt der der 48 jährige Österreich­er.

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