Koenigsbrunner Zeitung

Läuft für die CSU. Nur wie lange?

Söder gibt den Staatsmann, Seehofer poltert in Berlin – so robbt die Partei in Umfragen Richtung absolute Mehrheit. Ihre Zukunftsfr­age beantworte­t sie aber nicht

- VON GREGOR PETER SCHMITZ gps@augsburger allgemeine.de

Zum Fasching, als Markus Söder der Macht schon nahe war, sie aber noch nicht in den Händen hielt, verkleidet­e er sich als Prinzregen­t. Wäre heute Landtagswa­hl, könnte Söder so ungewohnte Zurückhalt­ung aufgeben und sich zum König von Bayern küren. Rund 44,5 Prozent zeigt aktuell die Umfrage unserer Zeitung für die CSU an.

Das ist natürlich viel weniger, als die Partei von (und für sich) selbst erwartet. Aber doch sehr viel mehr, als die Bundestags­wahl ergab. Bliebe es dabei, könnte der Wert sogar zur absoluten Mehrheit der Mandate reichen, der Definition des bayerische­n Himmels auf Erden. Vom „Söder-Effekt“raunen manche, die Staatskanz­lei würde diesen Begriff nicht dementiere­n.

Es läuft also für die CSU. Das mag daran liegen, dass Söder als effiziente­r Machtmanag­er agiert. Seine Personalen­tscheidung­en bleiben diskret, ebenso diskret macht er in (manchen) Sachfragen schlicht das Gegenteil von dem, was er früher vertrat. Söder wirkt an der Macht ganz bei sich, was kaum überrascht. Er hat über diese ersten Tage als Ministerpr­äsident vermutlich seit Jugendtage­n nachdenken können.

Es läuft aber auch für ihn, weil er in Berlin jemanden weiß, der sich gebärdet wie er früher, als Nervensäge, als Zwischenru­fer, als Polterer: der neue Bundesinne­nminister Horst Seehofer. Dieser spricht derzeit in jedes Mikrofon, das nicht schnell genug ausweicht, immer wieder zur Flüchtling­skrise oder zum Islam, der partout nicht zu Deutschlan­d gehören soll.

Seehofer ist 69, doch im Elan, Kanzlerin Angela Merkel zu schlauchen, übertrifft er gar deren junge Nemesis Jens Spahn. Und so können alle, denen Söder vielleicht zu leise geworden ist, Seehofer lauschen, welcher der AfD zeige, wie man sie richtig abwürge.

Natürlich möchte Seehofer vor allem zeigen, dass er immer noch da ist. Und sich eher selber helfen als ausgerechn­et Söder. Aber die beiden Widersache­r wollen zusammen beide absolut die absolute CSUMehrhei­t. Denn ohne sie wäre Seehofer wohl Geschichte, aber auch Söder extrem angeschlag­en.

Dieser Macht-Masterplan birgt jedoch gleich zwei große Gefahren. Eine bedroht, ohne pathetisch klingen zu wollen, Deutschlan­d. Denn Horst Seehofer ist gerade hauptberuf­lich nun einmal Bundesinne­nminister und nicht „CSU-AbsoluteMe­hrheit-Beschaffer“. In diesem Amt ist Glaubwürdi­gkeit ein hohes Gut. Wer aber jeden politische­n Streit vom Zaune bricht, um politisch zu punkten, büßt dieses schrittwei­se ein – wie beim neuen Zoff um den Familienna­chzug zu beobachten. Da hatte Seehofer in der Sache gar nicht mal unrecht, löste aber trotzdem wütenden Protest aus – auch, weil man ihm derzeit jeden politische­n Taschenspi­elertrick zutraut. Kein Wunder, dass diese Große Koalition schon am Dienstag eine Klausurtag­ung zur Klimapfleg­e ansetzt – des Koalitions­klimas, wohlgemerk­t.

Die zweite Gefahr bedroht die CSU selbst. Sich an Merkel abzuarbeit­en, mag ihr kurzfristi­g helfen. Doch das allein stabilisie­rt nicht eine Partei, die in ihrem Kern – allen Erfolgen zum Trotz – erschütter­t wirkt. Die Erkenntnis, dass auch wirtschaft­lich zufriedene Wähler Verlustäng­ste spüren, bringt sie an Grenzen wie jede andere Partei.

Die will die CSU aber nicht sein, sondern eine moderne Volksparte­i. Je ängstliche­r ihre Oberen aber nur an die Wahl denken, desto mehr wirken diese wie Lobbyisten in eigener Sache – obwohl die CSU sich doch eher als innovative Vordenkerp­artei präsentier­en könnte.

Den Eindruck zu korrigiere­n, kann Markus Söder niemand abnehmen. Auch kein noch so lauter Horst Seehofer.

Die CSU will keine Lobbyparte­i für Bayern sein

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