Rechtes Transparent vor der Synagoge
Als Bundespräsident Steinmeier zum 100. Jubiläum des Gotteshauses kam, war auch ein 63-Jähriger da. Er rief eine Parole und hatte ein Banner dabei – beides volksverhetzend, sagt das Gericht
Einen 800-Euro-Zuschlag auf seine Strafe eingehandelt hat sich ein 63-jähriger Angeklagter, der im vergangenen Jahr während des Staatsbesuchs von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in Augsburg Propaganda für rechtsnationales Gedankengut machen wollte. Das Augsburger Amtsgericht verwarf seinen Widerspruch gegen einen 3600-Euro-Strafbefehl und verurteilte ihn wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe von 4400 Euro.
Es war der 28. Juni vergangenen Jahres, als der damals frisch gewählte Bundespräsident zu Besuch in Augsburg erwartet wurde. Anlass war der 100. Geburtstag der Synagoge in der Augsburger Halderstra- Eben dort, so berichtete es ein als Zeuge geladener Polizist, wurde auf der Straßenseite gegenüber der bereits polizeibekannte 63-jährige Angeklagte entdeckt. Und er habe etwas unter seinem Arm getragen. Weil der Mann aus der rechten Szene bereits mehrfach Veranstaltungen gestört habe, hätten die Beamten ihn kontrolliert und die Herausgabe seines Mitbringsels verlangt. Es stellte sich als ein etwa zwei Meter breites Stofftransparent heraus, auf dem geschrieben stand „Freiheit für Horst Mahler – Gefangener der US-Kolonie der BRD“. Zumindest die Parole „Freiheit für Horst Mahler“habe der Angeklagte auch noch gut vernehmlich für die Zaungäste auf dem Gehweg gegenüber der Synagoge rufen können, bevor ihn die für die Dauer der Veranstaltung in Arrest nahm. Nach Rücksprache mit der Einsatzleitung habe sich die Polizei zu diesem Schritt entschieden, um einen Affront für die jüdischen Mitbürger bei der Synagoge und ihre Gäste zu vermeiden, so ein weiterer als Zeuge geladener Kriminalbeamter.
Mit seinem Transparent habe der Angeklagte, so Staatsanwältin Tanja Horvath, die NS-Herrschaft während des Dritten Reiches versucht zu billigen und zu rechtfertigen, was in Deutschland den Straftatbestand der Volksverhetzung erfülle. Der Publizist und Anwalt Horst Mahler, 82, hatte sich im Laufe seines Lebens vom linksextremen RAF-Mitglied zum mehrfach wegen Volksverhetzung, Terrorismus und Rauße. bes verurteilten Neonazi gewandelt. Er saß damals und heute noch wegen Volksverhetzung und Holocaustleugnung im Gefängnis.
Wegen Volksverhetzung hatte der Angeklagte, laut eigenen Angaben gebürtiger Augsburger, heute wohnhaft in Mering, einen Strafbefehl über 3600 Euro erhalten. Dagegen hatte er Widerspruch eingelegt, weswegen es jetzt zur Hauptverhandlung vor Richterin Ulrike Ebel-Scheufele kam. Hier machte der Angeklagte, der ohne Rechtsbeistand erschienen war, von seinem Recht zu Schweigen Gebrauch. Die Staatsanwältin begründete ihre nunmehrige Forderung nach einer Geldstrafe von 4800 Euro auch damit, dass die vorangegangene niedrigere Summe ein Geständnis voPolizei rausgesetzt habe, was nicht vorliege. Die Tatvorwürfe sah sie als eindeutig erwiesen an. Der Angeklagte sprach in seiner Stellungnahme nach der Beweisaufnahme von einem „politischen Verfahren“, gegen das er im Falle einer Verurteilung erneut Berufung einlegen werde.
Laut Richterin Ebel-Scheufele haben sich die Anklagepunkte der Staatsanwaltschaft bestätigt. Der Angeklagte habe den Holocaust durch sein Transparent und seinen Ruf leugnen wollen. Zu diesem Zweck habe er sich bei der Gedenkveranstaltung der Synagoge entsprechend gezielt platziert. Sein Handeln erfülle den Tatbestand der Volksverhetzung, weswegen sie den 63-Jährigen zu 4400 Euro Geldstrafe verurteilte.