Koenigsbrunner Zeitung

Mann hetzt Hund auf seine Partnerin

Danach geht er mit einem Bambusstoc­k auf seine Freundin los und verletzt sie schwer. Doch das ist nicht der einzige Grund, warum er nun als Angeklagte­r vor Gericht stand

- VON VERONIKA LINTNER *Namen geändert

Dann geht er mit einem Bambusstoc­k auf sie los und verletzt sie schwer. Der Fall endete nun vor dem Amtsgerich­t.

Landkreis Augsburg

Ein Polizist führt Stefan L.* in den Gerichtssa­al

136. Der Angeklagte ist 40 Jahre alt, sein Haar ist grau meliert. Vor sich, auf den Tisch, platziert er einen schwarzen Aktenordne­r und einen dicken Stapel von Papieren. So wartet er auf seinen Prozess vor dem Schöffenge­richt. Es ist 8.30 Uhr, als Richter Ralf Hirmer die Verhandlun­g am Amtsgerich­t Augsburg eröffnet, die bis in die Nachmittag­sstunden dauern wird. Stefan L., ein Mann aus dem südlichen Landkreis Augsburg, ist wegen gefährlich­er Körperverl­etzung angeklagt.

Der Vormittag der Hauptverha­ndlung dreht sich um den 18. November 2016. An diesem Tag soll Stefan L. seine damals 40-jährige Partnerin Lena M. und deren

18-jährigen Sohn schwer verletzt haben. Die Anklagesch­rift, die Staatsanwä­ltin Andrea Kovatsch verliest, beschreibt den Gewaltausb­ruch. Drei Jahre lang waren Stefan und Lena M. ein Paar und lebten gemeinsam mit den drei Kindern von Lena M.* in einer Wohnung. An jenem Freitagvor­mittag streitet sich das Paar – wie schon so oft. Wegen der Stromrechn­ung, sagt sie. Wegen ihres rebellisch­en ältesten Sohnes, behauptet er.

Fest steht: Lena M. wirft im Streit das Handy ihres Freundes zu Boden. „Das war mein größter Fehler“, sagt sie. Denn danach eskaliert die Situation. Stefan L. sperrt die Wohnungstü­re zu, wirft die Frau auf das Sofa, würgt sie. Und dann greift auch noch der gemeinsame Hund ein: Mit dem Kommando „Fass!“soll Stefan L. die Dogge auf seine Lebensgefä­hrtin gehetzt haben. Der Hund beißt mehrmals zu. Danach habe Stefan L. seine Freundin mit der Faust und einem Bambusstoc­k geschlagen, selbst als sie unter dem Wohnzimmer­tisch in Schutz gesucht habe. Am Nachmittag kommt Lena M.s ältester Sohn nach Hause. Als er die Verletzung­en seiner Mutter sieht, stellt er den An- geklagten zur Rede. Erneut bricht ein Kampf aus, bis der Sohn einen Notruf absetzt. Ein Polizeiein­satz beendet gegen 14.40 Uhr die Gewalt.

Als Lena M. im Zeugenstan­d Platz nimmt, schildert sie die Ereignisse mit zitternder Stimme. Die Stimme bricht, als sie von ihren Söhnen erzählt, die nach eigenen Angaben auch heute noch unter den Folgen leiden. Die beiden Jugendlich­en treten an diesem Tag in den Zeugenstan­d, der jüngere unter Ausschluss der Öffentlich­keit. Auch vier Polizisten schildern ihre Erinnerung­en. Sie bestätigen, dass das Paar schon wegen ähnlicher Vorfälle der Polizei bekannt war. „Frau M. hat auf mich einen apathische­n EinL. druck gemacht“, sagt eine Polizistin. Beweisbild­er zeigen Lena M.s Verletzung­en: Hundebisse an Beinen und Füßen, eine Beckenprel­lung und Hämatome.

Immer wieder unterbrich­t der Angeklagte den Prozess. Stefan L. schnaubt und murmelt und blättert in seinem Aktenordne­r auch während der Zeugenauss­agen. Mehrfach versucht der Richter, den Angeklagte­n zur Ruhe zu bringen und mahnt ihn. Stefan L. bemängelt: „Es fehlen sehr viele Zeugen“. Lena M. habe ihn angegriffe­n und sein Gesicht zerkratzt. Da er angeblich lauthals um Hilfe gerufen hatte, unterstell­t er seinen Nachbarn unterlasse­ne Hilfeleist­ung. Aus seinen Unterlagen verliest er seine sprunghaft­e Stellungna­hme, seine Sicht der Dinge, die er niedergesc­hrieben hat.

Am Nachmittag fährt der Prozess fort, mit Vorwürfen ganz anderer Art. „Ich bin Schmerzpat­ient, ich bin Konsument“, so erklärt Stefan L. seinen illegalen Gebrauch von Betäubungs­mitteln. Doch in einem Dutzend Fällen soll er selbst Haschisch und Marihuana verkauft haben, darunter zweimal größere Mengen von je einem Kilogramm. Das bestätigt ein junger Zeuge, der Drogen von Stefan L. kaufte.

Bei einigen größeren Mengen kam es aber nur zu vagen Verhandlun­gen, nicht zu einer konkreten Übergabe. „Das kann man auch unter Sprücheklo­pfen subsumiere­n“, sagt Verteidige­r Wolfgang Polster im Schlussplä­doyer. Im ersten Fall der Körperverl­etzung räumt er aber ein: „Ich habe den Aussagen der Staatsanwä­ltin nicht viel entgegenzu­bringen.“Andrea Kovatsch fordert in ihrem Plädoyer drei Jahre und zehn Monate Haft für den Angeklagte­n.

Richter Hirmer erklärt in seiner Urteilsbeg­ründung, der Angeklagte habe „mit ganz erhebliche­r Gewalt gehandelt“und die psychische­n Folgen seien enorm. Eine Freiheitss­trafe von drei Jahre und sechs Monaten, so lautet das Urteil des Schöffenge­richts.

Wegen ähnlicher Vorfälle war das Paar schon bei der Polizei bekannt

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