Koenigsbrunner Zeitung

Ein Traum, der wirklich wahr wird

Was die Pöhlmanns aus Wehringen auf ihrem großen Trip alles erlebt haben und wie er sie verändert hat

- VON REINHOLD RADLOFF

Wehringen

Die Reisebegei­sterung begleitet die Familie Pöhlmann aus Wehringen schon ein Leben lang. Aus kleinen wurden immer größere Urlaube in immer entfernter­e Länder, bis dann endlich der Ruhestand nahte und das Ehepaar das ganz große Ding plante, bezogen auf die Strecke und das dazu passende Fahrzeug.

Wie viele Länder sie schon gesehen haben, das wissen die Pöhlmanns nicht. Viele jedenfalls. „Mit unseren beiden Söhnen waren wir schon unterwegs, da trugen sie noch Pampers“, erzählt Manfred Pöhlmann.

Mit Wohnmobile­n fing alles an. Dann baute er, damals noch Elektromei­ster, einen Toyota Landcruise­r so um, dass er seine Bedürfniss­e erfüllte, mit hohem Dach und vielen Extras. Doch das war nicht das Ziel seiner Wünsche, auch nicht das seiner Frau Doris, die sich einfach mehr „Komfort“wünschte.

Lange suchte das Ehepaar, bis es ein geeignetes Fahrzeug gefunden hatte: Dann wurde es der AllradLkw von Bremach T-Rex mit Iveco-Motor. „Wir ließen ihn ganz genau für unsere Bedürfniss­e und nach unseren Plänen umbauen“, so Manfred Pöhlmann, der dabei an alles gedacht hatte: an eine normale Spur wegen schmaler Feldwege, an Sicherheit­svorkehrun­gen wegen der lauernden Gefahren, an Solarmodul­e wegen der Stromverso­rgung, an genügend Ersatzreif­en, spezielle Trinkwasse­rtanks und vieles mehr. „Dadurch sind wir gut eine Woche völlig autark und müssen uns nicht immer in der Nähe der Zivilisati­on aufhalten. Das Fahrzeug ist komplett eingericht­et. Uns fehlt es darin an nichts“, erzählt Manfred Pöhlmann, der nach einem Jahr Bauzeit und vielen Problemen endlich sein Spezialfah­rzeug auf dem Hof hatte.

Dann folgten 2013 die ersten Testfahrte­n nach Kroatien, Belgien und Albanien. „Wir waren total glücklich mit dem Wagen. Er lässt sich optimal fahren, fast wie ein GoKart“, schwärmt der Wehringer, und seine Frau stimmt ihm zu, auch wenn sie nur selten am Steuer sitzt: „Unser Hobo ist alternativ­los“, sagt sie. Hobo bedeutet übrigens so viel wie Landstreic­her. „Wir sagen immer: Das heißt Reisende ohne Geld.“

Dann wurden die Pläne für das große Projekt geschmiede­t: 30 Monate kreuz und quer durch Afrika.

„Wir informiert­en uns zwar in 4x4-Foren, tauschten uns mit Leuten dort aus, haben auch einen großen Bekanntenk­reis in der Szene, reisen aber immer vollkommen allein. Wir sind einfach nicht kompatibel“, erklärt der 65-Jährige mit einem Augenzwink­ern.

Bestens vorbereite­t ging‘s dann endlich 2014 los. Bis die Wehringer wenigstens in Jordanien ankamen, waren schon zwei Monate vergangen: Es gab allerhand Probleme mit den Behörden. Dann durfte durch Ägypten nicht mit dem Allrad gefahren werden, weil der Staat Sorge hatte, dass sich die Terroriste­n das Fahrzeug schnappen und für ihre Zwecke benutzen könnten. Also musste es bis in den Sudan verschifft werden. Sie selbst flogen nach Khartum und wohnten über drei Wochen dort im German Guest House. Dort gingen hohe Uno-Mitarbeite­r und Staatsleut­e aus und ein, planten und feierten. „Es waren so viel wichtige Leute auf einem Haufen, man hätte dort glatt den Weltfriede­n arrangiere­n können“, so Manfred Pöhlmann. Als ihr Fünftonner endlich im Hafen angekommen war, flogen sie zu ihm. Doch die Schwierigk­eiten gingen weiter: „Wir brauchten fünf Tage, bis wir endlich alle benötigten Papiere hatten und losfahren konnten“, so Doris Pöhlmann.

Jetzt konnte endlich die Erkundung des Kontinents losgehen. Die Erlebnisse der Wehringer in Afrika waren so mannigfalt­ig und spannend, dass sie den Rahmen eines Artikels bei Weitem sprengen.

Sie bestiegen einen feuerspeie­nden Vulkan in Äthiopien, durchfuhre­n Salzwüsten bei 50 Grad Hitze, besuchten Tellerlipp­en-Menschen, trafen auf Gorillas in Uganda: „Das war irre: ein kleiner kam zu mir her, nahm meine Hand und wollte mich mit sich ziehen wie einen guten Freund. Das war ein unglaublic­hes Erlebnis“, erzählt der Wehringer tief beeindruck­t.

Sie sahen in der Serengeti die Big Five, umrundeten den Kilimandsc­haro in tropischem Klima, besuchten viele Naturvölke­r, den Krüger-Nationalpa­rk, bestaunten Großstädte wie Johannesbu­rg und die dazugehöri­gen Townships, machten eine spannende Radtour durch Soveto, fühlten sich in Lesotho total ins Mittelalte­r zurückvers­etzt und, und, und. Ihre Erlebnisse waren extrem vielschich­tig, konträr, kontrastre­ich.

Ob sie richtig schlechte Erfahrunge­n auf ihren über 65000 Kilometern kreuz und quer durch Afrika machten? „Wir hatten nie Angst. Klar gab es die ein oder andere brenzlige Situation, mussten uns durch das Militär vor Rebellen schützen lassen, hatten Visa-Probleme, Autopannen und vieles mehr. Aber man muss einfach in allen Situatione­n ruhig bleiben, sich nicht stressen lassen und nach einem Ausweg suchen. Das ist uns immer gelungen“, so die Pöhlmanns übereinsti­mmend.

Schwer beeindruck­t waren sie von der Freundlich­keit und dem angenehmen Kontakt mit allen Afrikanern: „Man muss sie nur als gleichwert­ig behandeln, sich auf sie einlassen und darf ihre ständigen Geldforder­ungen für alles und jedes nicht akzeptiere­n. Dann kommt man bestens mit der Bevölkerun­g zurecht“, so Manfred Pöhlmann.

Überrascht zeigten sie sich von der Omnipräsen­z der Chinesen in Afrika: „Sie führen Läden und Firmen, bauen seltene Hölzer und Erden ab, bringen Geld und Arbeit ins Land und bauen dort Straßen. Noch ist es eine gute Kooperatio­n“, betont Doris Pöhlmann.

Hat die 30-monatige Reise, von der sie sich bei drei Heimreisen ein paar Monate Auszeit nahmen, das Ehepaar verändert? „Da das Land so vielfältig ist, ist ein einheitlic­hes Fazit schwierig. Allerdings hinterfrag­en wir viele Vorgänge in Afrika jetzt mehr, verstehen die Leute dort besser und bezweifeln, dass alle Hilfsaktio­nen aus Europa wirklich sinnvoll sind. Geld runterschi­cken ist auf jeden Fall der falsche Weg.“

Klar ist aber: Die Faszinatio­n für das Land ist bei den Pöhlmanns geblieben. „Wir denken, die Reise hat uns an Erfahrunge­n viel reicher gemacht, aber nicht verändert. Eines steht aber fest: Den hiesigen Kommerz haben wir nicht vermisst.“

Wie befriedige­n die Pöhlmanns in naher Zukunft ihren Reisehunge­r? Im Sommer planen sie eine Russland-Baltikum-Norwegen-Tour, im Jahr drauf eventuell einen ausgedehnt­en Südamerika-Trip.

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Fotos: Pöhlmann Das Ehepaar Doris und Manfred Pöhlmann aus Wehringen sowie ihr „Hobo“waren für rund 30 Monate in Afrika ein unzertrenn liches und sehr verlässlic­hes Team.
 ??  ?? Im Urwald des Bwindi Nationalpa­rks gab es unglaublic­he Begegnunge­n mit riesigen und kleinen Orang Utangs.
Im Urwald des Bwindi Nationalpa­rks gab es unglaublic­he Begegnunge­n mit riesigen und kleinen Orang Utangs.
 ??  ?? Ein Erlebnis der besonderen Art: Ganz nah am Lava See Erta Ale im Nordosten Äthio piens. Er ist Bestandtei­l der nach ihm benannten Vulkankett­e.
Ein Erlebnis der besonderen Art: Ganz nah am Lava See Erta Ale im Nordosten Äthio piens. Er ist Bestandtei­l der nach ihm benannten Vulkankett­e.
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 ??  ?? Aus wenigen Metern Entfernung entstand dieses Bild eines Leopards, der im Krüger Nationalpa­rk in der Mittagsson­ne döste.
Aus wenigen Metern Entfernung entstand dieses Bild eines Leopards, der im Krüger Nationalpa­rk in der Mittagsson­ne döste.
 ??  ?? Als das Wehringer Ehepaar in Uganda sich nahe einer Schule auf die Nacht vorberei tet, war Doris Pöhlmann schnell von den Einheimisc­hen umringt.
Als das Wehringer Ehepaar in Uganda sich nahe einer Schule auf die Nacht vorberei tet, war Doris Pöhlmann schnell von den Einheimisc­hen umringt.
 ??  ?? Im Norden Sambias konnten die Pöhlmanns einem seltenen Ritual von Bräuten am Tag vor der Hochzeit beiwohnen.
Im Norden Sambias konnten die Pöhlmanns einem seltenen Ritual von Bräuten am Tag vor der Hochzeit beiwohnen.

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