Darum schätzen Augsburgs Neubürger die Stadt
Eine Umfrage zeigt, was Hinzugezogene an ihrer neuen Heimat mögen und wo sie Probleme sehen. Beim Neubürger-Empfang erzählen Frauen und Männer, warum sie die Fuggerstadt als ihre Heimat gewählt haben
Vanessa Dreher und Philipp Keller haben drei Töchter. Vor allem der Kinder zuliebe wollte das Paar entschleunigter und naturverbundener leben. Darum zog die Familie vergangenen Juli von Frankfurt am Main nach Augsburg. Hier sind sie glücklich und schätzen viele Vorzüge der Fuggerstadt. Damit stehen die Eltern repräsentativ für viele Neubürger Augsburgs. Wie die aktuelle Bürgerumfrage ergibt, genießen die Zugezogenen das Leben hier in vollen Zügen. Doch sie sehen auch Probleme.
Die 30-jährige Vanessa Dreher und ihr gleichaltriger Mann sind am Freitagabend zum jährlichen Neubürgerempfang der Stadt Augsburg ins Rathaus gekommen, wie viele andere auch. Wie die beiden erzählen, haben sie relativ schnell eine Mietwohnung im Univiertel gefunden. „Da hatten wir wohl Glück.“Keller, der als Berater arbeitet, studierte einst in Augsburg. Er kannte die Stadt bereits. „Es ist hier einfach lebenswerter als in Frankfurt.“Die Nähe zum Siebentischwald gefallen ihm und seiner Frau besonders gut. Mit ihren Töchtern unternehmen sie gerne Ausflüge ins Grüne. „Augsburgs Innenstadt ist samstags auch nicht so überfüllt wie die Zeil in Frankfurt“, zählt die Mutter einen der vielen Vorteile auf. Beide können sich vorstellen, dauerhaft in Augsburg zu bleiben. Damit sind sie nicht allein.
Laut der aktuellen Umfrage des für Statistik und Stadtforschung, die zwischen Neubürgern (maximal fünf Jahre Wohndauer), Augsburgern mit mittlerer Wohndauer (sechs bis 25 Jahre) und langjährigen Augsburger (ab 26 Jahren) unterscheidet, sehen die meisten Neubürger ebenfalls hier ihre Zukunft. Über zwei Drittel beabsichtigen, auch in den kommenden fünf Jahren in Augsburg zu wohnen.
Zu Beginn der Bürgerumfrage am 30. Juni 2017 waren 93466 Menschen seit höchstens fünf Jahren in Augsburg gemeldet, darunter sind mit 71 506 Frauen und Männern gut drei Viertel volljährig. Der Erhebung zufolge zeichnen sich die Neu- allgemein durch einen hohen Bildungsstand aus. Sie sind mehrheitlich in Vollzeit erwerbstätig oder studieren. Die meisten von ihnen sind unter 40 Jahre alt, ledig und wohnen in einer Mietwohnung. Genau Letzteres ist ein Problem.
Eigene vier Wände zu finden, ist auf dem angespannten Wohnungsmarkt nicht leicht. Es verwundert kaum, dass bei der Bürgerumfrage die Mietkosten und der Immobilienmarkt als Augsburgs größtes Manko genannt werden. Die beiden Finnen Tuomo und Raija Tikonsale, die wegen der Nähe zu den Bergen von Bad Homburg nach Augsburg zogen, wissen davon ein Lied zu sinAmtes gen. „Wir haben einige Monate gesucht, bis wir eine Eigentumswohnung in der Innenstadt gefunden haben“, berichtet der Mittfünfziger. Die Sucherei hat sich gelohnt.
Das Paar schätzt die fußläufige Nähe zu Restaurants und Cafés. Nur das Radwegenetz findet Tuomo Tikonsale nicht gut ausgebaut. „Außerdem ist mir aufgefallen, dass die Radfahrer hier mit hoher Geschwindigkeit und oft gefährlich unterwegs sind.“Damit vertritt er die Meinung von fast allen der insgesamt 851 Neubürger, die auch an der Bürgerumfrage teilnahmen: Diese sind mit der Anzahl der Parkplätze für Autos und Fahrräder eher unzubürger frieden, wie auch mit der Gestaltung und Sicherheit des Fahrradnetzes.
Noch schlechter bewerten sie die öffentlichen Toiletten in der Stadt. „Neu hinzugekommene Bürgerinnen und Bürger bringen oft auch neue Sichtweisen und Einstellungen mit“, heißt es aus dem Statistikamt. Das bestätigt auch Oberbürgermeister Kurt Gribl beim Neubürgerempfang im Rathaus. „Sie stellen zum Teil andere Anforderungen, als die schon länger in Augsburg lebende Bevölkerung.“Die 23-jährige Anna Ullmann etwa, die aus dem Raum Nördlingen nach Augsburg gezogen ist, wünscht sich eine bessere Zugverbindung nach München – vor allem abends, wenn sie in der Landeshauptstadt Konzerte besucht. „Tolle Bands kommen ja leider kaum nach Augsburg. Eher in kleinere Städte in der Umgebung oder gleich nach München.“Das findet die Studentin schade. Bei dem gerne herangezogenen Vergleich zwischen Augsburg und München hat Christoph Deffner eine ganz klare Meinung.
Der 33-Jährige ist in Augsburg groß geworden, war zwischenzeitlich in anderen Städten und kehrte vor zwei Jahren in die Fuggerstadt zurück. In München würde Deffner nie mehr wohnen wollen. „Wenn man die Augsburger Mentalität hat, will man von da nur weg.“Der Münchner an sich sei versnobt und oberflächlicher, findet er. „Der Augsburger hingegen zeigt schnell sein wahres Gesicht. Er ist ehrlicher. Bei ihm weiß man, woran man ist.“