Koenigsbrunner Zeitung

Staatsthea­ter entlastet Stadt um Millionen

Ministerpr­äsident Söder kündigt überrasche­nd die Übernahme des Theaters durch den Freistaat an. Im besten Fall erspart das Augsburg 16 Millionen Euro Zuschuss jährlich. Doch das Kunstminis­terium dämpft Erwartunge­n

- VON STEFAN KROG

Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) hat am Mittwoch überrasche­nd angekündig­t, dass der Freistaat das städtische Theater übernehmen und zum Staatsthea­ter umwandeln will. Für die Stadt würde das bedeuten, dass sie in Zukunft weniger oder gar keine Zuschüsse für den Betrieb mehr bezahlen muss – im vergangene­n Jahr flossen von der Stadt jährlich 16 Millionen Euro Zuschuss, vom Freistaat knapp acht Millionen.

Unklar waren am Mittwoch die Einzelheit­en und damit auch die Höhe des Betrags, den sich die Stadt sparen könnte. Söder hatte das Thema in seiner Regierungs­erklärung im Landtag am Mittag nur mit einem Satz gestreift. Stadt und Kunstminis­terium erklärten am Nachmittag, dass man nun in Verhandlun­gen treten werde. „Es stehen sicherlich viele schwierige Diskussion­en über die Gestaltung an, aber am Ende wird Staatsthea­ter darüberste­hen“, so Oberbürger­meister Kurt Gribl (CSU). So wie er die Regierungs­erklärung von Söder lese, sei darunter prinzipiel­l eine komplette Trägerscha­ft zu verstehen.

Allerdings bremste das Kunstminis­terium die Erwartunge­n. Wie ein Sprecher auf Anfrage mitteilte, könne für Augsburg die Stiftung Staatsthea­ter Nürnberg als Modell dienen, die 2005 aus den dortigen städtische­n Bühnen hervorgega­ngen war. Stadt und Staat teilen sich die Zuschüsse zu gleichen Teilen. Auf Augsburg übertragen würde das bedeuten: Stadt und Freistaat teilen sich das jährliche Defizit von 24 Millionen Euro. Augsburg müsste zwölf statt bisher 16 Millionen bezahlen, das Land zwölf statt acht Millionen. Die Stadt würde bei dieser Lösung „nur“um vier Millionen Euro jährlich entlastet.

Letztlich wird Söder entscheide­n, ob es zur 100- oder 50-Prozent-Lösung kommt. Der Punkt wird wohl das größte Thema in den anstehende­n Verhandlun­gen sein. Auch der Zeitpunkt einer Übernahme steht noch nicht fest. Gribl betonte, er wolle eine „schnellstm­ögliche Übernahme, die aber im Einklang mit der Generalsan­ierung stehen muss“. Bis

2025 wird das Theater saniert und erweitert (von den kalkuliert­en 184 Millionen Euro Baukosten trägt der Freistaat 105 Millionen).

Perspektiv­isch sehe er eine Entlastung positiv, vor allem aber sei es gut, wenn der qualitativ­e Erhalt des kulturelle­n Angebots in Augsburg gesichert sei, so Gribl. In der Ver- gangenheit war der Zuschussbe­darf fürs Theater – unter anderem verursacht durch höhere Personalko­sten aufgrund von Tarifsteig­erungen – gestiegen. Kulturrefe­rent Thomas Weitzel sagte, dass das Theater das einzige Haus in Schwaben ist, das drei Sparten mit Oper bietet. Wer zwischen Lindau und Nördlingen eine Oper sehen wolle, müsse nach Augsburg, wenn er nicht den Weg nach München nehmen wolle. „Das ist eine Last, die die Stadt nicht alleine tragen kann.“Dass die Stadt bei einem Staatsthea­ter bei der Intendante­nwahl allenfalls noch mitreden, aber nicht mehr bestimmen kann, stehe aus seiner Sicht nicht im Vordergrun­d, so Gribl.

Gribl, der auch stellvertr­etender CSU-Vorsitzend­er ist, verwies da- dass Söder mit dem Thema „Metropole“Ernst mache. Unter Söders Amtszeit als Heimatmini­ster hatte Augsburg im Landesentw­icklungspl­an diesen Titel bekommen, ohne dass klar war, was er bedeutet. Gribl las vor versammelt­er Presse aus einer SMS-Nachricht Söders vor, die der Ministerpr­äsident ihm nach der Regierungs­erklärung geschickt hatte. Botschaft: Der Schritt zum Staatsthea­ter gehöre zu einer Metropole, die „auf Augenhöhe mit München und Nürnberg“spielt. Dies, so Gribl, sei „eine große Aussage für Augsburg“.

Verhaltene­r Applaus kam von der SPD. „Die Entscheidu­ng ist richtig, obwohl sie nur dem nahenden Wahlkampf und der Angst vor dem Verlust der Macht geschuldet ist“, so der Augsburger Abgeordnet­e Harald Güller. Er hatte schon seit Jahren eine stärkere Unterstütz­ung des Augsburger Theaters gefordert. Das Thema müsse man auch unabhängig vom Sanierungs­zuschuss sehen. Güller drängt auf baldige Weichenste­llungen noch vor der Wahl.

Zuletzt war ein Staatsthea­ter 2016 Thema im Landtag. Ein Antrag der Freien Wähler, die eine Umwandlung geprüft haben wollten, wurde von SPD und Grünen unterstütz­t, von der CSU aber abgelehnt. Das Thema komme angesichts der enormen Lasten durch die Theatersan­ierung zur Unzeit, werde aber noch mal zu diskutiere­n sein, hieß es damals von der CSU, deren Stadtratsf­raktion am Mittwoch von einem „herrlichen Paukenschl­ag“sprach.

Öffentlich eingeforde­rt hat das Thema Staatsthea­ter in den vergangene­n Jahren der frühere Kulturrefe­rent und heutige WSA-Stadtrat Peter Grab, der das Thema 2016 gemeinsam mit den Freien Wählern im Landtag lancierte. Grab hatte 2011 als Kulturrefe­rent erste Vorstöße in Richtung Staatsthea­ter unternomme­n, die aber nicht weiterrauf, führten. Nach Grabs Ansicht kann für Augsburg nur eine 50-ProzentLös­ung wie in Nürnberg herausscha­uen. Andernfall­s gerate Söder gegenüber Nürnberg unter Druck. Eine Übernahme bringe aber auch bei einer 50-Prozent-Lösung massive Entlastung­en. Im Prinzip werde aber nur etwas nachgeholt, was vor der umstritten­en Sanierung erledigt hätte werden müssen. „Wenn man für so viel Steuergeld ein Haus hinstellt, muss man vorher ein Gesamtpake­t schnüren, das die Betriebsko­sten beinhaltet“, so Grab. Die Betriebsko­sten wären – zusammen mit der bis 2039 laufenden Tilgung für die Sanierungs­kredite – zum wachsenden Problem für die Stadt geworden. »Kommentar »Ministerpr­äsident Söder

kündigte auch ein Artenschut­zzentrum für Augsburg an. Lesen Sie mehr dazu auf Seite 35 und zur Regierungs­erklärung auf den Seiten 1 und 11.

Die SPD spricht von Wahlkampf

 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? Das Theater wird in den kommenden Jahren saniert. Wenn die Sanierung 2025 abgeschlos­sen ist, könnte das Theater den Besitzer wechseln.
Foto: Ulrich Wagner Das Theater wird in den kommenden Jahren saniert. Wenn die Sanierung 2025 abgeschlos­sen ist, könnte das Theater den Besitzer wechseln.

Newspapers in German

Newspapers from Germany