Staatstheater entlastet Stadt um Millionen
Ministerpräsident Söder kündigt überraschend die Übernahme des Theaters durch den Freistaat an. Im besten Fall erspart das Augsburg 16 Millionen Euro Zuschuss jährlich. Doch das Kunstministerium dämpft Erwartungen
Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat am Mittwoch überraschend angekündigt, dass der Freistaat das städtische Theater übernehmen und zum Staatstheater umwandeln will. Für die Stadt würde das bedeuten, dass sie in Zukunft weniger oder gar keine Zuschüsse für den Betrieb mehr bezahlen muss – im vergangenen Jahr flossen von der Stadt jährlich 16 Millionen Euro Zuschuss, vom Freistaat knapp acht Millionen.
Unklar waren am Mittwoch die Einzelheiten und damit auch die Höhe des Betrags, den sich die Stadt sparen könnte. Söder hatte das Thema in seiner Regierungserklärung im Landtag am Mittag nur mit einem Satz gestreift. Stadt und Kunstministerium erklärten am Nachmittag, dass man nun in Verhandlungen treten werde. „Es stehen sicherlich viele schwierige Diskussionen über die Gestaltung an, aber am Ende wird Staatstheater darüberstehen“, so Oberbürgermeister Kurt Gribl (CSU). So wie er die Regierungserklärung von Söder lese, sei darunter prinzipiell eine komplette Trägerschaft zu verstehen.
Allerdings bremste das Kunstministerium die Erwartungen. Wie ein Sprecher auf Anfrage mitteilte, könne für Augsburg die Stiftung Staatstheater Nürnberg als Modell dienen, die 2005 aus den dortigen städtischen Bühnen hervorgegangen war. Stadt und Staat teilen sich die Zuschüsse zu gleichen Teilen. Auf Augsburg übertragen würde das bedeuten: Stadt und Freistaat teilen sich das jährliche Defizit von 24 Millionen Euro. Augsburg müsste zwölf statt bisher 16 Millionen bezahlen, das Land zwölf statt acht Millionen. Die Stadt würde bei dieser Lösung „nur“um vier Millionen Euro jährlich entlastet.
Letztlich wird Söder entscheiden, ob es zur 100- oder 50-Prozent-Lösung kommt. Der Punkt wird wohl das größte Thema in den anstehenden Verhandlungen sein. Auch der Zeitpunkt einer Übernahme steht noch nicht fest. Gribl betonte, er wolle eine „schnellstmögliche Übernahme, die aber im Einklang mit der Generalsanierung stehen muss“. Bis
2025 wird das Theater saniert und erweitert (von den kalkulierten 184 Millionen Euro Baukosten trägt der Freistaat 105 Millionen).
Perspektivisch sehe er eine Entlastung positiv, vor allem aber sei es gut, wenn der qualitative Erhalt des kulturellen Angebots in Augsburg gesichert sei, so Gribl. In der Ver- gangenheit war der Zuschussbedarf fürs Theater – unter anderem verursacht durch höhere Personalkosten aufgrund von Tarifsteigerungen – gestiegen. Kulturreferent Thomas Weitzel sagte, dass das Theater das einzige Haus in Schwaben ist, das drei Sparten mit Oper bietet. Wer zwischen Lindau und Nördlingen eine Oper sehen wolle, müsse nach Augsburg, wenn er nicht den Weg nach München nehmen wolle. „Das ist eine Last, die die Stadt nicht alleine tragen kann.“Dass die Stadt bei einem Staatstheater bei der Intendantenwahl allenfalls noch mitreden, aber nicht mehr bestimmen kann, stehe aus seiner Sicht nicht im Vordergrund, so Gribl.
Gribl, der auch stellvertretender CSU-Vorsitzender ist, verwies da- dass Söder mit dem Thema „Metropole“Ernst mache. Unter Söders Amtszeit als Heimatminister hatte Augsburg im Landesentwicklungsplan diesen Titel bekommen, ohne dass klar war, was er bedeutet. Gribl las vor versammelter Presse aus einer SMS-Nachricht Söders vor, die der Ministerpräsident ihm nach der Regierungserklärung geschickt hatte. Botschaft: Der Schritt zum Staatstheater gehöre zu einer Metropole, die „auf Augenhöhe mit München und Nürnberg“spielt. Dies, so Gribl, sei „eine große Aussage für Augsburg“.
Verhaltener Applaus kam von der SPD. „Die Entscheidung ist richtig, obwohl sie nur dem nahenden Wahlkampf und der Angst vor dem Verlust der Macht geschuldet ist“, so der Augsburger Abgeordnete Harald Güller. Er hatte schon seit Jahren eine stärkere Unterstützung des Augsburger Theaters gefordert. Das Thema müsse man auch unabhängig vom Sanierungszuschuss sehen. Güller drängt auf baldige Weichenstellungen noch vor der Wahl.
Zuletzt war ein Staatstheater 2016 Thema im Landtag. Ein Antrag der Freien Wähler, die eine Umwandlung geprüft haben wollten, wurde von SPD und Grünen unterstützt, von der CSU aber abgelehnt. Das Thema komme angesichts der enormen Lasten durch die Theatersanierung zur Unzeit, werde aber noch mal zu diskutieren sein, hieß es damals von der CSU, deren Stadtratsfraktion am Mittwoch von einem „herrlichen Paukenschlag“sprach.
Öffentlich eingefordert hat das Thema Staatstheater in den vergangenen Jahren der frühere Kulturreferent und heutige WSA-Stadtrat Peter Grab, der das Thema 2016 gemeinsam mit den Freien Wählern im Landtag lancierte. Grab hatte 2011 als Kulturreferent erste Vorstöße in Richtung Staatstheater unternommen, die aber nicht weiterrauf, führten. Nach Grabs Ansicht kann für Augsburg nur eine 50-ProzentLösung wie in Nürnberg herausschauen. Andernfalls gerate Söder gegenüber Nürnberg unter Druck. Eine Übernahme bringe aber auch bei einer 50-Prozent-Lösung massive Entlastungen. Im Prinzip werde aber nur etwas nachgeholt, was vor der umstrittenen Sanierung erledigt hätte werden müssen. „Wenn man für so viel Steuergeld ein Haus hinstellt, muss man vorher ein Gesamtpaket schnüren, das die Betriebskosten beinhaltet“, so Grab. Die Betriebskosten wären – zusammen mit der bis 2039 laufenden Tilgung für die Sanierungskredite – zum wachsenden Problem für die Stadt geworden. »Kommentar »Ministerpräsident Söder
kündigte auch ein Artenschutzzentrum für Augsburg an. Lesen Sie mehr dazu auf Seite 35 und zur Regierungserklärung auf den Seiten 1 und 11.
Die SPD spricht von Wahlkampf