Ein halbes Staatstheater?
Der Freistaat setzt bei der Übernahme des Theaters auf eine kleine Lösung. Auch beim Klinikum erwartet er Eigenleistungen der Stadt
Die Anzeichen verdichten sich, dass der Freistaat bei der geplanten Übernahme des städtischen Theaters nur zur Hälfte einsteigt. Finanzminister Albert Füracker sagte unserer Zeitung am Donnerstag, dass eine Fünfzig-fünfzig-Lösung wie in Nürnberg für Augsburg angestrebt werde. Zuvor hatte auch das für die Staatstheater zuständige Kunstministerium erklärt, dass die Nürnberger Lösung ein Modell für Augsburg ist.
In Nürnberg teilen sich die Stadt und der Freistaat die Trägerschaft fürs dortige Theater. Für die Stadt Augsburg würde das Modell bedeuten, dass rund vier Millionen Euro weniger Zuschuss pro Jahr ins momentan noch zu 100 Prozent kommunale Theater fließen müssten. Bei einer vollständigen Übernahme des Theaters durch den Freistaat würde die eingesparte Summe bei 16 Millionen Euro jährlich liegen. Oberbürgermeister Kurt Gribl (CSU) hatte nach der Regierungserklärung von Ministerpräsident Markus Söder am Mittwoch erklärt, für eine komplette Übernahme kämpfen zu wollen. Inwieweit in Verhandlungen mehr als eine Fünfzigfünfzig-Lösung erreicht werden kann, ist offen. Füracker sagte auch, dass die Bezuschussung der Theatersanierung unabhängig von der Diskussion über eine Übernahme weiterlaufe.
Dass der Freistaat eine höhere Bezuschussung des Theaters ins Auge fasst, hatte bis zum Mittwoch niemand erwartet, außer vermutlich Gribl. Der stellvertretende CSUVorsitzende sagte auf die Frage, wann er davon erfahren habe, dass eine Regierungserklärung „geheime Verschlusssache“sei – und schmunzelte dabei.
Der Umgang des Freistaats mit dem Theater, für dessen Betrieb er aktuell um die acht Millionen Euro jährlich zuschießt, war in der Vergangenheit schon anders. Im Jahr 2005 kürzte der Freistaat im Zuge der generellen Sparbemühungen seine Zuschüsse fürs Theater überraschend. Es folgte ein parteiübergreifender Protest: Man sehe Ungereimtheiten, weil andere kommunale Theater besser weggekommen seien, hieß es von der rot-grün-dominierten Stadtregierung, aber auch von der Stadtrats-CSU, die damals in der Opposition war. Man fühle sich von der Staatsregierung benachteiligt, sagte die grüne Kulturbürgermeisterin Eva Leipprand.
Während Augsburg bis vor zehn Jahren in München regelmäßig auf Granit biss, wenn es um Zuschüsse ging, scheint die Staatsregierung in Augsburg inzwischen spendierfreudiger zu sein. Die 184 Millionen Euro teure Theatersanierung wird mit rund 100 Millionen Euro bezuschusst. Den Rest zahlt die Stadt, die sich dafür bis ins Jahr 2039 verschulden muss. Die 3,85 Millionen Euro jährliche Tilgung ließen sich, wenn der Freistaat sein Versprechen wahr macht, nun gut aus den eingesparten Betriebskostenzuschüssen bestreiten.
Beim Fördergebaren des Freistaats ist die Überlegung nicht fernliegend, dass dabei die Parteizugehörigkeit von OB Gribl eine Rolle spielt. Augsburg ist die größte Stadt in Bayern mit CSU-Oberbürgermeister. Gribl verwahrt sich aber gegen die Überlegung, dass das Parteibuch die tragende Rolle spielt. Wer mit durchdachten Konzepten statt nur mit ausgestreckter Hand in München aufschlage, bekomme auch etwas.
In jedem Fall haben sich die milden Gaben aus München seit Gribls Antritt erhöht. Diverse Einrichtungen, besonders das Klinikum, sind nicht nur für die Augsburger Bevölkerung, sondern auch für das weitere Umland und ganz Schwaben zuständig. Das kann die Stadt nicht alleine bezahlen, auch wenn die Abgabe von Aufgaben bedeutet, selbst weniger Einfluss zu haben. Am Klinikum und am Theater wird künftig der Freistaat den Ton angeben.
2013 hatte der Freistaat in Augsburg die Staatsbibliothek übernommen. Der Betrieb der Einrichtung an der Schaezlerstraße hatte die Stadt zuletzt 900000 Euro jährlich gekostet. Mit der Übernahme durch den Freistaat war auch der Weg frei für die Erweiterung des Gebäudes.
Größter Brocken beim Thema staatliche Übernahmen ist aber das Klinikum, das 2019 zur Uni-Klinik wird. Die Stadt und der Landkreis stöhnten in den vergangenen Jahrzehnten unter hohen Defiziten, die in den vergangenen Jahren nur unter großen Anstrengungen und begleitet von Unmut beim Personal durch Arbeitsverdichtung reduziert wurden.
Wie auch beim Thema Theater muss man beim Klinikum hinschauen, was die Übernahme genau bedeutet. Die Klinikumsschulden werden Ende 2018 voraussichtlich bei 98,8 Millionen Euro liegen und müssen auch nach dem Trägerwechsel von Stadt und Landkreis abgestottert werden. Eine weitere Forderung des Freistaats: Die laufende Generalsanierung (deren Kosten sich nach einer Berechnung des Freistaats bekanntlichermaßen verdoppelt haben) muss fortgesetzt werden. In den kommenden zehn Jahren wird das Stadt und Landkreis sechs Millionen Euro jährlich kosten. Gribl sagte zum Thema Theater bereits, dass er nicht davon ausgehe, vom Freistaat alles geschenkt zu bekommen. Wie beim Klinikum werde die Stadt wohl etwas liefern müssen.