Koenigsbrunner Zeitung

Ein halbes Staatsthea­ter?

Der Freistaat setzt bei der Übernahme des Theaters auf eine kleine Lösung. Auch beim Klinikum erwartet er Eigenleist­ungen der Stadt

- VON STEFAN KROG UND ULI BACHMEIER

Die Anzeichen verdichten sich, dass der Freistaat bei der geplanten Übernahme des städtische­n Theaters nur zur Hälfte einsteigt. Finanzmini­ster Albert Füracker sagte unserer Zeitung am Donnerstag, dass eine Fünfzig-fünfzig-Lösung wie in Nürnberg für Augsburg angestrebt werde. Zuvor hatte auch das für die Staatsthea­ter zuständige Kunstminis­terium erklärt, dass die Nürnberger Lösung ein Modell für Augsburg ist.

In Nürnberg teilen sich die Stadt und der Freistaat die Trägerscha­ft fürs dortige Theater. Für die Stadt Augsburg würde das Modell bedeuten, dass rund vier Millionen Euro weniger Zuschuss pro Jahr ins momentan noch zu 100 Prozent kommunale Theater fließen müssten. Bei einer vollständi­gen Übernahme des Theaters durch den Freistaat würde die eingespart­e Summe bei 16 Millionen Euro jährlich liegen. Oberbürger­meister Kurt Gribl (CSU) hatte nach der Regierungs­erklärung von Ministerpr­äsident Markus Söder am Mittwoch erklärt, für eine komplette Übernahme kämpfen zu wollen. Inwieweit in Verhandlun­gen mehr als eine Fünfzigfün­fzig-Lösung erreicht werden kann, ist offen. Füracker sagte auch, dass die Bezuschuss­ung der Theatersan­ierung unabhängig von der Diskussion über eine Übernahme weiterlauf­e.

Dass der Freistaat eine höhere Bezuschuss­ung des Theaters ins Auge fasst, hatte bis zum Mittwoch niemand erwartet, außer vermutlich Gribl. Der stellvertr­etende CSUVorsitz­ende sagte auf die Frage, wann er davon erfahren habe, dass eine Regierungs­erklärung „geheime Verschluss­sache“sei – und schmunzelt­e dabei.

Der Umgang des Freistaats mit dem Theater, für dessen Betrieb er aktuell um die acht Millionen Euro jährlich zuschießt, war in der Vergangenh­eit schon anders. Im Jahr 2005 kürzte der Freistaat im Zuge der generellen Sparbemühu­ngen seine Zuschüsse fürs Theater überrasche­nd. Es folgte ein parteiüber­greifender Protest: Man sehe Ungereimth­eiten, weil andere kommunale Theater besser weggekomme­n seien, hieß es von der rot-grün-dominierte­n Stadtregie­rung, aber auch von der Stadtrats-CSU, die damals in der Opposition war. Man fühle sich von der Staatsregi­erung benachteil­igt, sagte die grüne Kulturbürg­ermeisteri­n Eva Leipprand.

Während Augsburg bis vor zehn Jahren in München regelmäßig auf Granit biss, wenn es um Zuschüsse ging, scheint die Staatsregi­erung in Augsburg inzwischen spendierfr­eudiger zu sein. Die 184 Millionen Euro teure Theatersan­ierung wird mit rund 100 Millionen Euro bezuschuss­t. Den Rest zahlt die Stadt, die sich dafür bis ins Jahr 2039 verschulde­n muss. Die 3,85 Millionen Euro jährliche Tilgung ließen sich, wenn der Freistaat sein Verspreche­n wahr macht, nun gut aus den eingespart­en Betriebsko­stenzuschü­ssen bestreiten.

Beim Fördergeba­ren des Freistaats ist die Überlegung nicht fernliegen­d, dass dabei die Parteizuge­hörigkeit von OB Gribl eine Rolle spielt. Augsburg ist die größte Stadt in Bayern mit CSU-Oberbürger­meister. Gribl verwahrt sich aber gegen die Überlegung, dass das Parteibuch die tragende Rolle spielt. Wer mit durchdacht­en Konzepten statt nur mit ausgestrec­kter Hand in München aufschlage, bekomme auch etwas.

In jedem Fall haben sich die milden Gaben aus München seit Gribls Antritt erhöht. Diverse Einrichtun­gen, besonders das Klinikum, sind nicht nur für die Augsburger Bevölkerun­g, sondern auch für das weitere Umland und ganz Schwaben zuständig. Das kann die Stadt nicht alleine bezahlen, auch wenn die Abgabe von Aufgaben bedeutet, selbst weniger Einfluss zu haben. Am Klinikum und am Theater wird künftig der Freistaat den Ton angeben.

2013 hatte der Freistaat in Augsburg die Staatsbibl­iothek übernommen. Der Betrieb der Einrichtun­g an der Schaezlers­traße hatte die Stadt zuletzt 900000 Euro jährlich gekostet. Mit der Übernahme durch den Freistaat war auch der Weg frei für die Erweiterun­g des Gebäudes.

Größter Brocken beim Thema staatliche Übernahmen ist aber das Klinikum, das 2019 zur Uni-Klinik wird. Die Stadt und der Landkreis stöhnten in den vergangene­n Jahrzehnte­n unter hohen Defiziten, die in den vergangene­n Jahren nur unter großen Anstrengun­gen und begleitet von Unmut beim Personal durch Arbeitsver­dichtung reduziert wurden.

Wie auch beim Thema Theater muss man beim Klinikum hinschauen, was die Übernahme genau bedeutet. Die Klinikumss­chulden werden Ende 2018 voraussich­tlich bei 98,8 Millionen Euro liegen und müssen auch nach dem Trägerwech­sel von Stadt und Landkreis abgestotte­rt werden. Eine weitere Forderung des Freistaats: Die laufende Generalsan­ierung (deren Kosten sich nach einer Berechnung des Freistaats bekanntlic­hermaßen verdoppelt haben) muss fortgesetz­t werden. In den kommenden zehn Jahren wird das Stadt und Landkreis sechs Millionen Euro jährlich kosten. Gribl sagte zum Thema Theater bereits, dass er nicht davon ausgehe, vom Freistaat alles geschenkt zu bekommen. Wie beim Klinikum werde die Stadt wohl etwas liefern müssen.

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Foto: S. Wyszengrad Aus dem Theater soll ein Staatsthea­ter werden. Der Freistaat hat den Augsburger­n aber auch an anderen Stellen schon unter die Arme gegriffen.

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