Raue Sitten auf dem Bau
Zwei Maler sind sich auf einer Baustelle in Bobingen über die korrekte Arbeitsweise uneinig. Aus dem verbalen Streit wird eine Rangelei mit einem boxerähnlichen Schlag und einem gebrochenen Knöchel
Bobingen
Dass auf dem Bau raue Sitten herrschen, ist bekannt. Der Befehlston ist dort an der Tagesordnung, um etwas gebeten wird dagegen selten. Zwei Maler auf einer Baustelle schossen in ihren Umgangsformen aber definitiv über das Ziel hinaus, als sie sich über die anstehende Arbeit uneinig waren. Deshalb wurde die Sache jetzt vor dem Augsburger Amtsgericht geklärt.
Im Sommer des vergangenen Jahres waren Pawel* und Thomas* mit Malerarbeiten in einer Tiefgarage in Bobingen beschäftigt. Der 37-jährige Pawel war dort mit der Arbeits- und -einstellung seines Kollegen nicht zufrieden; das gab er ihm auch deutlich zu verstehen. „Er sollte die Farbe besser verstreichen, weil sonst Streifen entstehen. Der Bauleiter hätte sich dann beschwert und wir hätten die Arbeit dann noch mal machen müssen. Darauf hatte ich keine Lust“, sagte der große und kräftige Pole vor Gericht aus. Sein Chef habe ihm an jenem Tag die Verantwortung auf der Baustelle übertragen, da er mehr Erfahrung als Thomas habe. Pawel und Thomas stritten wegen der unterschiedlichen Auffassung der Arbeit immer lauter, sie zerrten sich gegenseitig an der Kleidung. Doch damit nicht genug.
Ein Maurermeister bemerkte die Rangelei und sah, wie Pawel seinen Kollegen in den Schwitzkasten nahm und ihn zu Boden beförderte – so gab er es vor neun Monaten bei der Polizei an. Vor Gericht hatte er allerdings eine andere Erinnerung: Beide Maler hätten sich damals umklammert; wer von den beiden mit der Rangelei angefangen habe, kann er nicht mehr sagen. Sicher sei er sich allerdings – damals wie heute –, dass sich Thomas „wie ein Boxer“vor Pawel aufgebaut habe. Ein Faustschlag traf Pawel damals im Gesicht, erzielte allerdings keine große Wirkung.
Erneut gingen die beiden Streithähne aufeinander los, stürzten geweise meinsam über Farbeimer und landeten auf dem Boden. Der körperlich überlegene Pawel hielt seinen Kontrahenten so lange fest, bis sich dieser wieder beruhigt hatte. Danach verwies er Thomas von der Baustelle, erinnerte sich der Maurermeister. Kurze Zeit später kamen die Polizei und ein Rettungswagen. Wie sich herausstellte, brach sich Thomas bei der Auseinandersetzung – vermutlich bei dem Sturz – den Knöchel. Deshalb konnte er vier Wochen lang nicht arbeiten.
Angeklagt waren beide Beteiligte, da sie gegen den jeweiligen Strafbefehl Einspruch einlegten. Da Thomas allerdings unentschuldigt nicht zur Verhandlung erschien, wurde dessen Einspruch verworfen. Richter Ralf Hirmer regte zudem eine Einstellung des Verfahrens gegen den 37-jährigen Pawel an – unter der Auflage, dass dieser innerhalb von sechs Monaten 600 Euro an den Bunten Kreis zahle.
Pawel überlegte lange, da er unter anderem wegen Schulden in fünfstelliger Höhe, die von Unterhaltsrückständen stammen, auf jeden Euro angewiesen sei. Am Ende stimmten die Vertreterin der Staatsanwalt sowie der Pole der Geldauflage zu, obwohl dieser betonte: „Ich verstehe nicht, warum ich für etwas zahlen soll, das ich nicht gemacht habe.“