Koenigsbrunner Zeitung

Raue Sitten auf dem Bau

Zwei Maler sind sich auf einer Baustelle in Bobingen über die korrekte Arbeitswei­se uneinig. Aus dem verbalen Streit wird eine Rangelei mit einem boxerähnli­chen Schlag und einem gebrochene­n Knöchel

- VON MICHAEL LINDNER *Name von der Redaktion geändert

Bobingen

Dass auf dem Bau raue Sitten herrschen, ist bekannt. Der Befehlston ist dort an der Tagesordnu­ng, um etwas gebeten wird dagegen selten. Zwei Maler auf einer Baustelle schossen in ihren Umgangsfor­men aber definitiv über das Ziel hinaus, als sie sich über die anstehende Arbeit uneinig waren. Deshalb wurde die Sache jetzt vor dem Augsburger Amtsgerich­t geklärt.

Im Sommer des vergangene­n Jahres waren Pawel* und Thomas* mit Malerarbei­ten in einer Tiefgarage in Bobingen beschäftig­t. Der 37-jährige Pawel war dort mit der Arbeits- und -einstellun­g seines Kollegen nicht zufrieden; das gab er ihm auch deutlich zu verstehen. „Er sollte die Farbe besser verstreich­en, weil sonst Streifen entstehen. Der Bauleiter hätte sich dann beschwert und wir hätten die Arbeit dann noch mal machen müssen. Darauf hatte ich keine Lust“, sagte der große und kräftige Pole vor Gericht aus. Sein Chef habe ihm an jenem Tag die Verantwort­ung auf der Baustelle übertragen, da er mehr Erfahrung als Thomas habe. Pawel und Thomas stritten wegen der unterschie­dlichen Auffassung der Arbeit immer lauter, sie zerrten sich gegenseiti­g an der Kleidung. Doch damit nicht genug.

Ein Maurermeis­ter bemerkte die Rangelei und sah, wie Pawel seinen Kollegen in den Schwitzkas­ten nahm und ihn zu Boden beförderte – so gab er es vor neun Monaten bei der Polizei an. Vor Gericht hatte er allerdings eine andere Erinnerung: Beide Maler hätten sich damals umklammert; wer von den beiden mit der Rangelei angefangen habe, kann er nicht mehr sagen. Sicher sei er sich allerdings – damals wie heute –, dass sich Thomas „wie ein Boxer“vor Pawel aufgebaut habe. Ein Faustschla­g traf Pawel damals im Gesicht, erzielte allerdings keine große Wirkung.

Erneut gingen die beiden Streithähn­e aufeinande­r los, stürzten geweise meinsam über Farbeimer und landeten auf dem Boden. Der körperlich überlegene Pawel hielt seinen Kontrahent­en so lange fest, bis sich dieser wieder beruhigt hatte. Danach verwies er Thomas von der Baustelle, erinnerte sich der Maurermeis­ter. Kurze Zeit später kamen die Polizei und ein Rettungswa­gen. Wie sich herausstel­lte, brach sich Thomas bei der Auseinande­rsetzung – vermutlich bei dem Sturz – den Knöchel. Deshalb konnte er vier Wochen lang nicht arbeiten.

Angeklagt waren beide Beteiligte, da sie gegen den jeweiligen Strafbefeh­l Einspruch einlegten. Da Thomas allerdings unentschul­digt nicht zur Verhandlun­g erschien, wurde dessen Einspruch verworfen. Richter Ralf Hirmer regte zudem eine Einstellun­g des Verfahrens gegen den 37-jährigen Pawel an – unter der Auflage, dass dieser innerhalb von sechs Monaten 600 Euro an den Bunten Kreis zahle.

Pawel überlegte lange, da er unter anderem wegen Schulden in fünfstelli­ger Höhe, die von Unterhalts­rückstände­n stammen, auf jeden Euro angewiesen sei. Am Ende stimmten die Vertreteri­n der Staatsanwa­lt sowie der Pole der Geldauflag­e zu, obwohl dieser betonte: „Ich verstehe nicht, warum ich für etwas zahlen soll, das ich nicht gemacht habe.“

Newspapers in German

Newspapers from Germany