Koenigsbrunner Zeitung

Wenn Schüler regieren

Jugendlich­e der Schwabmünc­hner Realschule schlüpfen in die Rolle eines Abgeordnet­en des Bayerische­n Landtags. Sie entscheide­n: Ab 23 Uhr gibt es keinen Alkohol mehr

- VON UWE BOLTEN

Schwabmünc­hen In Fraktionen und Ausschüsse­n nicht so heiß debattiert wie erwartet und im Plenum des fiktiven Landtages ohne Gegenstimm­e mit nur wenigen Enthaltung­en verabschie­det, nahm das „Gesetz zur Bekämpfung des übermäßige­n Alkoholkon­sums und die hierdurch bedingte Begleitkri­minalität sowie Gesundheit­sgefährdun­g Jugendlich­er in Bayern“die letzte parlamenta­rische Hürde. Dabei wurde sowohl über zeitliche Einschränk­ung der Verkaufsst­ellen als auch einer Vorverlegu­ng der Sperrstund­e auf zwei Uhr, auch bei Volks- und Vereinsfes­ten sowie Prävention­smaßnahmen entschiede­n.

Benedikt Swoboda, Mitarbeite­r der Forschungs­gruppe Jugend und Europa der Ludwig-Maximilian­sUniversit­ät, der das Planspiel „Der Landtag sind wir“moderierte, versetzte die mehr als 30 Teilnehmer sofort wieder in den Schülersta­tus zurück. Nach gut fünf Stunden als Politiker wurden aus Landtagspr­äsidentin, Fraktionsv­orsitzende und Abgeordnet­e wieder Schüler der Klassen 10 a und 10 d der LeonhardWa­gner-Realschule, die im Fach Sozialkund­e mit ihren Lehrern Florian Lutz und Gunther Kreuß teilgenomm­en haben.

Samuel Weiß aus der 10a bewertete das Planspiel positiv. „Jetzt sieht man erst mal, was die Politiker machen und womit sie zu kämpfen haben. Das Gefühl, manchmal nicht so weiterzuko­mmen wie man möchte, ist schon frustriere­nd“, sagte er in einer Pause zwischen Fraktionss­itzung und Plenum. Die PlanspielF­raktionen wurden mit denselben Parteiname­n bezeichnet, wie sie im aktuellen Landtag vertreten sind. Auch die Kräfteverh­ältnisse wurden exakt widergespi­egelt. Als besonders positiv empfand Samuel die eigene Mitarbeit. „So ein Planspiel ist viel besser, als nur einfach einen Vortrag zu hören“, sagte er. „Die Herausford­erung bestand darin, ein zu formen, das einen selber betrifft. Der ein oder andere in der Klasse ist schon 16 und darf Bier trinken. Bei der Diskussion zum Gesetzesen­twurf sägte man schon mal an dem Ast, auf dem man sitzt“, sagte Julian Kohler, ebenfalls aus 10a, mit einem Lächeln auf den Lippen. Die Fraktionss­itzungen und Ausschüsse wurden von Benedikt Swoboda, Julia Potthoff und Lydia Canals vom veranstalt­eten Institut begleitet. „Hin und wieder war eine kleine Hilfestell­ung notGesetz wendig. Es ist ja auch nicht einfach, die Regularien auf der einen und die zum Teil komplexen Sachzusamm­enhänge auf der anderen Seite unter einen Hut zu bringen“, war aus dem Leitungste­am des Planspiels zu hören. „Der Besuch im Gesundder heitsminis­terium und der Staatskanz­lei im Rahmen unseres Unterricht­s war nicht so lehrreich wie das Planspiel. Vor allem die Erkenntnis, seine Meinung zu sagen und sich einzubring­en, als nur zuzuhören, wird bleiben“, sagte Alexandra Braun aus der 10d.

Das Rednerpult im kleinen Saal ist mit den bayerische­n Farben geschmückt und bot die Bühne für die Schlussred­en der Faktionen. Wenn auch hier und da ein wenig Polemik mitschwang, waren sich die Fraktionen nahezu einig: Der Verkauf von Alkohol wurde von 23 Uhr bis 5 Uhr verboten, der Passus bezüglich der Volksfeste ersatzlos gestrichen und als Prävention­smaßnahmen Aufklärung­sunterrich­te ab der 7. Klasse angeordnet. In der 8. Klasse sollten dann ein Alkoholkra­nker oder trockener Alkoholike­r in der Schule von seinen Erfahrunge­n berichten.

Eine Schlussrun­de vermittelt­e den Schülern, was richtige Parlaments­arbeit bedeutet und wie profession­elle Politiker über Themen denken. Schulleite­r Markus Rechner konnte dazu Bildungsst­aatssekret­ärin Carolina Trautner (CSU) sowie die Abgeordnet­en Herbert Woerlein (SPD) und Christine Kamm (Grüne) gewinnen. Geduldig beantworte­ten die Gäste die Fragen der Schüler, wenn auch nicht immer mit knappen Worten. „Wir Politiker beherrsche­n die Kunst der kurzen Antwort nicht immer“, sagte Woerlein mit einem Lächeln.

Die drei Politiker unterstric­hen die Bedeutung des Mitmachens in der politische­n Landschaft. Dies war eines der Ziele von Lehrer Florian Lutz. „Die Darstellun­g von Interessen­skollision­en, die Notwendigk­eit von Kompromiss­en, das Erkennen der teilweise sehr komplizier­ten Wege der politische­n Willensbil­dung und die Umsetzung in gültige Regularien stehen primär im Vordergrun­d“, sagte Lutz. Damit verbunden sei aber auch die Einsicht, sich aktiv in die demokratis­chen Prozesse einzubring­en.

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Fotos: Uwe Bolten Schwabmünc­hner Realschüle­r „spielen“Landtag. Vor der Presse posieren der Alterspräs­ident sowie die gewählte Landtags präsidenti­n.
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Nach dem Planspiel standen auch die Berufspoli­tiker Carolina Trautner und Herbert Woerlein (3. und 4. v. l.) Rede und Antwort.

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