Korea hofft auf Frieden
Ein historischer Tag für beide Staaten
Seoul 65 Jahre nach Kriegsende streben Nord- und Südkorea eine friedliche Koexistenz an: Noch in diesem Jahr solle das Ende des formal noch immer geltenden Kriegszustandes ausgerufen werden, erklärten Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un und der südkoreanische Präsident Moon Jae In bei ihrem historischen Gipfeltreffen.
Ziel sei eine „dauerhafte und stabile“Friedensregelung, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung. „Es wird keinen Krieg mehr auf der koreanischen Halbinsel geben.“Bei ihrem Treffen in der entmilitarisierten Zone zwischen beiden Staaten sprachen sich Kim und Moon auch für eine atomwaffenfreie Halbinsel aus.
Es war eine Begegnung voller Symbolik: An der Demarkationslinie reichten sich Moon und Kim die Hand. Kim betrat als erster nordkoreanischer Machthaber seit Kriegsende südkoreanischen Boden. Hand in Hand überschritten beide anschließend in einer improvisierten Geste die Grenze zum Norden. Kim versprach, dass die Vereinbarung – anders als in früheren Fällen – auch tatsächlich umgesetzt werden solle. Moon betonte, er und Kim seien gute Freunde geworden.
Seoul Der nordkoreanische Machthaber Kim Jong Un und der südkoreanische Präsident Moon Jae haben nach sieben Jahrzehnten das Ende des Korea-Kriegs verkündet. „Wir sind ein Volk!“, sagt Kim am Freitag nach Gesprächen mit Moon im Grenzort Panmunjom. „Wir sollten uns nicht als Gegner gegenüberstehen.“Beide Länder hätten „Frieden und Wohlstand auf der koreanischen Halbinsel“als Ziel. Zwischen den Staaten auf der koreanischen Halbinsel herrscht seit Juni 1950 der Kriegszustand. Die Kämpfe hatten 1953 mit einem Waffenstillstand geendet, aber nicht mit einem offiziellen Friedensschluss. Im Gegenteil: Zuletzt erschien die Lage immer gefährlicher. Nordkorea hatte atomar aufgerüstet und seine Nachbarn durch Raketentests provoziert. Doch Kim leidet unter Wirtschaftssanktionen – und zeigt sich seit Jahresbeginn gesprächsbereit. Nun kündigen Kim und Moon also gemeinsam an, den überfälligen Abschluss eines Friedensvertrags nachzuholen.
Der gute Verlauf von Kims Besuch auf der Südseite der innerkoreanischen Grenze gilt als Durchbruch in einer verfahrenen Konfliktsituation. Der Diktator aus dem Norden und der demokratisch gewählte Präsident aus dem Süden verbringen einen erstaunlichen Tag zusammen. Kim und Moon setzen sich sogar 20 Minuten lang am Rande eines Wäldchens auf eine Bank, sich gänzlich privat außerhalb der Hörweite von Reportern oder Mitarbeitern auszutauschen. Dolmetscher brauchen sie nicht: Beide sind schließlich Koreaner.
Die beiden pflanzen gemeinsam einen Baum und setzen sich zu Runden offizieller Gespräche an einen Tisch. Am Abend dinieren sie in Anwesenheit ihrer Gattinnen und einer Reihe von Ehrengästen. Beide Seiten betonen, dass dieses Treffen den Beginn eines ernst gemeinten Annäherungsprozesses markiere. „Ich empfinde größten Respekt für den Vorsitzenden Kim und seinen Mut, diese Gespräche aufzunehmen“, sagt Moon nach den Gesprä- Das Treffen sei „ein erster Schritt in Richtung einer Wiedervereinigung“. Kim erweist sich als geschickter Außenpolitiker. Er beherrscht die Szene, setzt die Akzente, steuert die Symbolik. Das zeigt er schon morgens in den ersten Minuten des Treffens. Ihm ist klar, dass dieser Moment in die Geschichte eingehen würde: Als erster nordum koreanischer Führer seit der Teilung des Landes 1953 überschreitet er die Grenze in den Süden.
Dieser Szene drückt Kim seinen ganz eigenen Stempel auf. Er legt die letzten Meter besonders selbstbewussten Schrittes zurück: ohne Leibwächter, ohne Hofstaat, ohne Berater. Nach einem Handschlag mit Moon auf der Südseite der Trennungslinie weicht er vom Drehbuch ab, um bessere TV-Bilder von der Begegnung zu bekommen: Er bittet Moon, noch einmal mit ihm zwei Schritte auf die Nordseite zu wechseln und den Handschlag dort zu wiederholen. Der Südkoreaner kann das nicht auschen. schlagen. Ein Sprecher des südkoreanischen Präsidenten versucht später, den Moment noch umzudeuten und Moon die Initiative zuzuschreiben. Seiner Version zufolge hat Moon zuerst gefragt: „Und wann kann ich den Norden besuchen?“, woraufhin Kim gesagt haben soll: „Von mir aus gleich jetzt, kommen Sie doch hier auf die Nordseite hinüber!“
Kim versucht sich auch an Scherzen – im nordkoreanischen Stil. „Ich habe jetzt auch nicht mehr vor, Sie frühmorgens durch Raketentests zu wecken“, verspricht Nordkoreas Machthaber seinem Kollegen aus dem Süden. Flapsige Bemerkungen über Massenvernichtungswaffen passen zum überraschend offenherzigen Stil des Gipfeltreffens. Kim erwähnt sogar den schlechten Zustand der nordkoreanischen Straßen und Zugstrecken. Damit widerspricht er der eigenen Propaganda, die die Lebensverhältnisse im Land stets als perfekt, im kapitalistischen Ausland jedoch als heruntergekommen darstellt. Der gute Verlauf der Gespräche stellt auch die Weichen für das Treffen Kims mit Donald Trump. Nordkorea und die USA haben bereits auf einen neuen Umgangston umgeschaltet. Während der US-Präsident 2017 noch mit „Feuer und Verderben“gedroht hatte, gibt es plötzlich Respektbekundungen von beiden Seiten. Deutschlands Kanzlerin Merkel lobte gestern in Washington die politischen Fortschritte in Korea als Ergebnis der Politik Trumps.
„Wir sind ein Volk. Wir sollten uns nicht als Gegner gegenüberstehen.“ Kim Jong Un