„Mein Arzt schimpft immer mit mir“
Was macht eigentlich… In den 80er Jahren zählte Hans Lösch zu Deutschlands besten Bowlern. Ein Gespräch über seine Sportlerkarriere, eine gescheiterte Ehe und das Holzmachen (Serie/12)
Herr Lösch, sind Sie Millionär? Lösch: Bowling-Millionär? Nein, wie kommen Sie denn darauf ?
1987 haben Sie sich in Deutschland doch für das Finale im Lucky-StrikeTurnier in Las Vegas qualifiziert. Und da ging es doch um eine Million Dollar Preisgeld für den Sieger, oder?
Lösch: Um eine Million wäre es gegangen, wenn es 1000 Starter gewesen wären. Es waren aber nur 250 oder 300. So bekam der Sieger 200000 Dollar. Ich habe die erste Runde überstanden und 500 Dollar gewonnen. Die habe ich dann gleich in den Automaten geworfen, weil oben „Jackpot drei Millionen Dollar“stand. Am Ende war alles weg.
So richtig begann Ihre Karriere zehn Jahre zuvor.
Lösch: Ja. 1977 bin ich zum ersten Mal deutscher Meister geworden. Ausgerechnet in Augsburg. Aber viel aufregender war der Schaukampf im Rahmen der Meisterschaften gegen Earl Anthony. Das war später der erste Profi weltweit, der über eine Million Dollar Preisgeld mit Bowling erspielt hat. Der war damals ein Superstar und ich nur ein Amateur. Aus ganz Bayern sind Busse mit hier stationierten Amerikanern gekommen, die Anthony sehen wollten. Die Halle war brechend voll. Und wie es sein will, habe ich mit drei Holz gewonnen.
Waren Sie nicht nervös?
Lösch: Ich war aufgeregt ohne Ende. Ich bin zitternd zum Anlauf, aber es ist gelaufen. Nach dem Sieg bekam ich ein Angebot, in den USA auf der Profitour zu spielen.
Haben Sie angenommen?
Lösch: Nein. Ich war jung verheiratet, unsere Tochter war gerade auf die Welt gekommen. Und dann triffst du drüben nichts und wirst nach einem Jahr wieder abgesägt. Hier hätte ich alles aufgegeben und meine Ehe wäre wohl kaputtgegangen. Aber das ist sie später trotzdem.
Wegen des Bowlings?
Lösch: Ich habe nur den Erfolg gesehen. Bei mir war das so. Ich war deutscher Meister, x-mal bayerischer Meister, in der Nationalmannschaft und bin dauernd auf Turnieren unterwegs gewesen. Da habe ich mir nichts sagen lassen, es gab nur Bowling, Bowling und Arbeit. Daran ist im Endeffekt meine erste Ehe gescheitert.
Sie haben erst mit 27 Jahren mit dem Bowling angefangen. Warum so spät?
Lösch: Das war Zufall. Ich war von 1963 bis 1965 in Garmisch bei der Bundeswehr. Dort gab es eine frei zugängliche Bowling-Anlage der Amerikaner. Da habe ich es einfach mal ausprobiert. Ein paar Jahre später habe ich dann hier in Augsburg im City-Bowling richtig angefangen. Mir hat es einfach Spaß gemacht.
Wer hat es Ihnen beigebracht?
Lösch: Das habe ich mir selbst angeeignet. Ich war viel auf den Bowlingbahnen der Amerikaner in den Kasernen unterwegs. Da hab ich mir von den guten Spielern alles abgeschaut. Dann bin ich den Verein gegangen und alles hat sich entwickelt. 1977 war mein Durchbruch. Da bin ich zum ersten Mal deutscher Meister geworden.
Sie hatten den Spitznamen „Sir Henry“. Woher kommt der?
Lösch: Mit Hans, das ist eigentlich mein richtiger Vorname, konnten die Amerikaner nichts anfangen, da war ich der Henry. Und bei den Spielen mit der Nationalmannschaft gab ich für die Damen immer den Gentleman. Ich habe ihnen die Kugel getragen und so. So wurde ich zum Sir Henry.
Waren Sie ein Hallodri?
Lösch: (lacht) Kann man so sagen.
Was war ihr persönlicher Höhepunkt in ihrer langen Karriere? Lösch: Das war der Schaukampf gegen Earl Anthony.
Bowling bestimmt ihr Leben immer noch.
Lösch: Ja. Ich bin jetzt 74. Vor zwei Wochen bin ich bei den bayerischen Meisterschaften der Senioren C im Einzel Dritter geworden. Damit wäre ich für die deutsche Meisterschaft Ende Mai in Berlin qualifiziert gewesen. Aber nach einem Herzinfarkt vor sieben Jahren habe ich nur noch 38 Prozent Herztätigkeit, normal sind 65 Prozent. Da ist mir eine Woche BowlingWettkampf zu anstrengend.
Beruflich waren Sie bis zu Ihrer Pensionierung im Außendienst tätig.
Lösch: Ja, für diätische Lebensmittel. Zunächst war ich bei meinem Vater angestellt, dann habe ich seine Firma übernommen und als Selbstständiger ganz Südbayern bereist.
Hat Ihnen das Spaß gemacht?
Lösch: Natürlich. Man kannte sich und meine Ansprechpartner waren ja hauptsächlich Frauen. Das hat mir gefallen: Hallo, griaß di, geh mer auf einen Kaffee. Und nebenbei hat man einen Auftrag geschrieben. Das war eine lockere Sache. 2012 bin ich dann mit 68 in Rente gegangen.
Und was machen Sie jetzt neben dem Bowling noch?
Lösch: Meine liebste Freizeitbeschäftigung ist Holzmachen für unseren Pullerofen. Ich kaufe mir 20, 30, 40 Bäume und die mache ich dann um, spalte sie. Mein Arzt schimpft immer mit mir wegen meines Herzens. Aber das ist wie eine Sucht. Am meisten macht mir Spaß, wenn so ein Baum umfällt, das ist gigantisch. Ein anderer geht ins Fitnessstudio, ich gehe in den Wald.
Und wo trainieren sie noch Bowling?
Lösch: Zurzeit gar nicht. Nach der Sanierung der Bahnen im CityBowling kann man dort mit den Schnürchen-Pins nicht mehr spielen. Das ist für Sport-Bowler wie ein Rückfall ins Mittelalter. Der Fall der Pins ist anders, da fehlt das Spritzige, weil sie nicht mehr frei sind. Da sind keine Ligaspiele mehr möglich.
Wo tragen Sie dann mit den Lechbowlern Augsburg ihre Heimspiele aus? Lösch: Immer auf anderen Bahnen in Bayern.
In den 80er Jahren feierten Sie große Erfolge mit Friedhelm Remmel und Inge Just. Haben Sie noch Kontakt?
Lösch: Mit Inge gar keinen mehr. Wir haben ein paar Jahre zusammen Mixed gespielt und dann ist sie einfach abgetaucht. Friedhelm Remmel hat ja fast 20 Jahre hier in Augsburg gewohnt. Er ist Landesseniorensportwart. Vor kurzem ist er mit seiner Frau nach Nürnberg zurückgezogen. Sie kommt ja von dort. Er wird halt auch alt wie ich.
● Hans „Sir Henry“Lösch, 74, lebt mit seiner zweiten Ehefrau, vier Katzen und mit seinem Berner Sen nenhund Leo in Untermeitingen bei Augsburg. Er hat eine Tochter aus erster Ehe, Alexandra, 52. Lösch war zwischen 1977 und 1993 sechs mal deutscher Meister (Aktive und Senioren) und wurde mit der deut schen Nationalmannschaft 1977 Zweiter bei den Europameisterschaf ten in Helsinki.