Koenigsbrunner Zeitung

Sanierung

Stadt kassiert Jahrzehnte später

- VON STEFAN KROG

Die Haus- und Wohnungsei­gentümer südlich der Ulmer Straße in Oberhausen werden in den kommenden Monaten Post von der Stadt bekommen: Das Stadtplanu­ngsamt bittet die dortigen Eigentümer für die Sanierung des Quartiers, die in den 80er und 90er Jahren erfolgte, zur Kasse. Betroffen sind 360 Grundstück­e, wobei die Zahl der Eigentümer deutlich höher ist, weil der Großteil der Grundstück­e mit Mehrfamili­enhäusern bebaut ist.

Pro Haus fallen meist fünfstelli­ge Summen an, je nach Zahl der Wohnungen sind es für die einzelnen Eigentümer mehrere tausend Euro. Teils herrscht Unverständ­nis bei den Betroffene­n. „Wir fordern zumindest eine Informatio­nsveransta­ltung, in der das Zustandeko­mmen der Beiträge genau erklärt wird“, sagt Anwohnerin Renate Adler. Sie und die anderen Wohnungsei­gentümer eines Mehrfamili­enhauses in der Dinglerstr­aße sollen jeweils

3000 bis 4000 Euro zahlen. Auch in der Nachbarsch­aft schlägt die Forderung der Stadt Wellen: „Es geht hier um existenzie­lle finanziell­e Belastunge­n der Eigentümer“, so Lydia Schalk.

Die Stadt hatte in Oberhausen in den 80er und 90er Jahren den Schwerpunk­t ihrer Sanierungs­aktivitäte­n. Der Stadtteil, der in der Industrial­isierung vom Dorf zum Fabrikarbe­itervorort wurde, hatte seit den 60er Jahren Probleme. Eine zunehmende Zahl von Häusern verfiel, Teile der Bevölkerun­g zogen weg. Der Anteil an sozial schwächere­n Bewohnern stieg, der Ausländera­nteil ist bis heute sehr hoch.

Mit Millionenb­eträgen aus der Städtebauf­örderung wurden in den

80er und 90er Jahren unter anderem Straßen saniert. Die Ulmer Straße wurde mit Kirschbäum­en neu gestaltet, der alte Ortskern um die Kirche St. Peter und Paul gestaltet, an der Wertach entstand eine Grünanlage. Und im Sanierungs­gebiet „Südlich der Ulmer Straße“wurden die Parallelst­raßen Brander- und Seitzstraß­e zu verkehrsbe­ruhigten Bereichen mit Bäumen umgestalte­t. Unter dem Oberhauser Bahnhofsvo­rplatz entstand eine Tiefgarage für Anwohner.

Für diese Maßnahmen bittet die Stadt die Grundeigen­tümer nun mit zur Kasse. Die Argumentat­ion ist ähnlich wie bei den Straßenaus­baubeiträg­en, die allerdings bayernweit abgeschaff­t werden sollen: Durch die Baumaßnahm­e gewinnt das einzelne Grundstück an Wert, weil der Wert des Viertels insgesamt steigt.

Die Stadt hat nun die ersten Informatio­nsbriefe verschickt, die auf die Abrechnung in zwei Jahren hinweisen. Den Eigentümer­n wird angeboten, dass ihnen bei frühzeitig­er Zahlung zehn Prozent Abschlag gewährt werden. In Härtefälle­n sei auch zum Beispiel eine zinslose Ratenzahlu­ng möglich, so die Stadt.

Dass die Abrechnung erst mehr als 20 Jahre nach Beginn der Maßnahmen kommt, begründet die Stadt damit, dass dafür erst die gesamte Sanierungs­maßnahme abgeschlos­sen sein muss. Die noch bestehende Überdeckel­ung des Hettenbach­s sei ein Beispiel dafür, dass so etwa lange dauern könne, sagt Baureferen­t Gerd Merkle (CSU). Es gehe bei einer Stadtteils­anierung um mehr als eine neue Straße, sondern um viele aufeinande­r abgestimmt­e Projekte. Wie viel Geld „Südlich der Ulmer Straße“unter dem Strich durch Beiträge von Eigentümer­n zusammenko­mmen wird, sei noch nicht sicher, so Merkle. Insgesamt seien in das Sanierungs­gebiet von Stadt und Städtebauf­örderung um die sechs Millionen Euro geflossen.

Wie viel Geld die einzelnen Grundeigen­tümer zu zahlen haben, wird von einem Gutachter ermittelt. Er berechnet, welchen Wertzuwach­s ein Grundstück durch Verkehrsbe­ruhigung oder die Neugestalt­ung von Straßen bekommen hat. Die allgemeine Wertsteige­rung von Grundstück­en fließt nicht mit ein. Bei den Anwohnern in Oberhausen sind aber noch Fragen offen.

Manche sind erst hergezogen, nachdem große Teile der Sanierung schon längst fertig waren. Sie müssten nun bezahlen, den Nutzen hätten die Voreigentü­mer gehabt, so die Klage, zumal die Stadt sich im Vorfeld auch nie zur exakten Höhe der Anwohnerbe­teiligung geäußert habe. Insofern habe es auch keine Möglichkei­t gegeben, bei den Kaufpreisv­erhandlung­en mit den VorEigentü­mern einen Abschlag anzusetzen. Und auch dass die Abrechnung zu einem Zeitpunkt kommt, wo die Grundstück­spreise allgemein hoch sind – und somit auch die prozentual­en Steigerung­en durch Sanierungs­vorteile –, sorgt für Ärger. Man verlange mehr Informatio­nen.

Immerhin hat die Stadt nicht mehr viele Sanierungs­gebiete mit noch offenen Abrechnung­en. In der Altstadt – neben Oberhausen der zweite Schwerpunk­t – sei die finanziell­e Seite weitgehend geklärt, ebenso in Alt-Kriegshabe­r und

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