Manche Dinge fliegen einem einfach zu
Der preisgekrönte Autor Georg Klein präsentiert am Königsbrunner Gymnasium sein Buch „Miakro“. Er erklärt, wie es zu dem Buchtitel kam, den sowohl der Verleger als auch seine Frau furchtbar finden, und erzählt vom Schreib-Flow
Miakro heißt das neue Buch von Georg Klein – und sein Verlag sei entsetzt über den Titel gewesen, erzählt der Autor während seiner Lesung. Klein ist im Rahmen des Königsbrunner Bücherfrühlings und auf Einladung des Gymnasiums in der Stadt.
Zuerst war Miakro nur der Arbeitstitel, verrät Klein und dafür hatte seine Frau schon wenig Verständnis und gefragt: „Was soll das denn sein, das Wort gibt es doch gar nicht.“Nachdem auch Rowohlt einen anderen Titel für das Buch haben wollte, habe Klein acht weitere Titel vorgeschlagen, aber es ist bei Miakro geblieben: „Das ist der Name, der mir zugeflogen ist und ich bin glücklich, dass er sich durchgesetzt hat.“
Genauso fantasievoll wie der Buchtitel, ist auch die Geschichte um den Büroleiter Nettler. Dessen Name ist nicht ohne Bedeutung für den Roman, erfahren die Besucher. Stecken in dem Namen doch das englische Wort für Netz und das deutsche Wort „nett“, beides ist wichtig für den Büroleiter.
Zu Beginn der Lesung liest Georg Klein eine dreiviertel Stunde aus dem Roman. Dabei beginnt Klein ganz vom Anfang, denn Erklärungen für einen späteren Einstieg würden zu lange dauern. „Wenn Sie bei Miakro eine Seite nicht aufpassen, müssen Sie zurückblättern“, warnt der Autor und entwickelt mimikreich und mit viel Intonation das Szenario um weiche Glasplatten, einen mysteriösen Bildfluss und einem Nährflur mit Süßkartoffeln und dickbreiigen Substanzen, von denen die Mehrzahl der Protagonisten lieber die Finger lässt. „Ich weiß, dass erste Kapitel ist eine Zumutung“, klingt es schon fast entschuldigend, bevor Klein den Zuhörern eine Zusammenfassung gibt.
Greifbarer, aber nicht weniger fantasievoll als der erste Teil, ist das dritte Kapitel, das nun folgt. Hierbei geht es um das Verschwinden der schmächtigsten Hauptfigur, ausgerechnet um denjenigen, der am besten mit dem Volk in der wilden Außenwelt umgehen kann. Während der Lesung könnte man die vielbemühte Stecknadel fallen hören, so ruhig ist es.
In der anschließenden Gesprächsrunde geht es bedeutend lebhafter zu. Klein beantwortet die Fragen und erzählt aus seinem Leben. In Berlin, wo er als Vater auf Spielplätzen an seinen Texten schrieb: „Ich brauche einen Ort in der Fantasie. Wo ich real bin, ist fast egal.“Wie ihn das Auslandsjahr seiner Söhne in Kolumbien im Schreibfluss hemmte: Durch die Sorge um die Jungs fühlte es sich an, als würde er ständig einen schweren Rucksack tragen. Und als sie wieder zurück waren, inspirierten ihn deren Berichte über die korrespondierenden Pflanzen und deren Systeme. Und der Autor berichtet auch über das unglaubliche Gefühl, wenn „es“schneller läuft, als er tippen kann, über den „Flow“, der Suchtpotenzial hat, weil man den öfter erleben möchte.
Fachlehrer Peter Salger holte den mehrfach ausgezeichneten Autor nach Königsbrunn: „Kleins Geschichten haben immer etwas, was die Realität übersteigert. Das fasziniert mich und das finde ich besonders spannend“, sagt Salger. Eröffnet wird der Abend vom stellvertretenden Schulleiter Volker Täufer: „Man würde Georg Klein nicht gerecht, wenn man ihn auf seine Romane und Erzählungen reduzierte,“sagt Täufer, der auf den Band „Schund und Segen“des Autors verweist mit Texten, die in verschiedenen Tageszeitungen publiziert wurden und sich mit Persönlichkeiten der Gegenwart aber auch mit Spiele-Konsolen und der legendären Märklin Eisenbahn beschäftigen.
Zum aktuellen Buch Miakro sagt Täufer, das Besondere sei die Sprachmächtigkeit, mit der sich der Autor von der Alltagssprache löse. Und dann ist da noch die Schülerin in der ersten Stuhlreihe, die den Titel des Buches nicht so ungewöhnlich findet, schließlich stecken in Miakro sowohl die Wörter Mikro und Makro, also das sehr Kleine und das ganz Große.