Die Gallier von Untermeitingen
In der Freinacht regt sich politischer Protest. Mit gebastelten Straßenschildern zeigen die Anwohner der Nebenerwerbssiedlung ihren Unmut über die Pläne von Bürgermeister Simon Schropp
„Gallien“– das steht in der Comicwelt von Asterix und Obelix für den unbeugsamen Widerstand gegen die Obrigkeit, gegen römische Fremdbestimmung und politische Ohnmacht. Eigentlich bevölkerte das gallische Volk Belgien und den Norden Frankreichs – doch seit der Nacht zum 1. Mai steht fest: auch einige Untermeitinger empfinden sich als Gallier im Geiste. Vor der Nebenerwerbssiedlung, im südlichen Teil von Lagerlechfeld, prangt seit vorgestern das Ortsschild „Gallien“. Ein paar Meter weiter stehen Hinweistafeln, die Fragen stellen – „Wieso?“, „Weshalb?“, „Warum?“– und auch ein paar Wegweiser mit verdächtigen neuen Straßennamen. Dahinter steckt ein politischer Widerstand.
Über Jahrzehnte hinweg hatten Bewohner der Sudeten-, Bayernund Schlesierstraße neue Fahr- und Gehwege selbst erschlossen. Nun möchte die Gemeinde die Nebenerwerbssiedlung mit Stichstraßen erweitern und geordnet gestalten. Doch zahlreiche Anwohner, die dafür Grund abtreten müssten, sträuben sich gegen das Projekt. Ronny Singler ist einer von ihnen: „Seit 20 Jahren lebe ich hier. Ich möchte, dass es so bleibt, wie es ist.“Mit 15 weiteren Anwohnern hatte er sich im vergangenen Jahr zusammengetan und den „Verein zum Erhalt der Lebensqualität in Untermeitingen“gegründet. Dieser gallisch-schwäbische Widerstandswille zeigte sich nun in der Freinacht. Sein Verein habe diese Aktion aber nicht initiiert, beteuert Singler. „Es waren wohl mehrere Anwohner aus der Siedlung“, sagt er.
Während Asterix und Obelix gegen Julius Cäsar rebellieren, drücken die Aktivisten der Nebenerwerbssiedlung ihren Unmut gegen die Gemeinde aus – zum Beispiel gegen den Untermeitinger Bürgermeister Simon Schropp. Eine „Schropper-Allee“widmen sie ihm mit einem handschriftlich gepinselten Straßenschild. Und der „Löschzwerg-Weg“? Wohl ein Seitenhieb gegen die Leiterin des Untermeitinger Bauamts, Elfriede Lösch. Die „Grashüpferstraße“ist laut Ronny Singler eine Anspielung auf den ehemaligen Kämmerer der Gemeinde, Heinrich Grashei. „Aber ich weiß ja gar nicht, was sich die Leute dabei genau gedacht haben“, sagt Singler und beteuert seine Unschuld.
Und dennoch – auf der Homepage seines Vereins finden sich einige Bilder der selbst gebastelten Straßenschilder und ein deutlicher Kommentar: „Wir befinden uns im Jahr 2018. Ganz Untermeitingen wurde von Bürgermeister Schropp und seinem Gemeinderat asphaltiert. Ganz Untermeitingen? Nein! Ein von unbeugsamen Galliern bevölkertes Dorf der Nebenerwerbssiedlung hört nicht auf, Widerstand zu leisten!“
Die Kunde vom gallischen Protest hat inzwischen auch das Rathaus erreicht. Bürgermeister Schropp spricht von einer „gelungenen Überraschung“. Er habe die Aktion „mit Humor zur Kenntnis genommen“. Er lässt sich dadurch nicht in seinen Plänen beirren: „Wir verhandeln weiter mit den Anwohnern.“