Koenigsbrunner Zeitung

Virtuelle Städtereis­en nach Art des 18. Jahrhunder­ts

Die Staats- und Stadtbibli­othek macht mit dem Augsburger Verlagshau­s Leopold bekannt, das 220 Veduten im Programm hatte

- VON ALOIS KNOLLER

Die Augsburger Staats- und Stadtbibli­othek gleicht einer unerschöpf­lichen Fundgrube. Zur Europawoch­e lädt sie zur Entdeckung feinster Kupferstic­he europäisch­er Stadtansic­hten des frühen 18. Jahrhunder­ts ein. Bibliothek­ar Wolfgang Mayer griff für seine Ausstellun­g auf das Verlagswer­k von Joseph Friedrich und Johann Christian Leopold zurück. Beide, Vater und Sohn, wurden von der Forschung vernachläs­sigt, obwohl sie Beachtung verdient haben. Denn: „Die Produktion der Leopolds war wesentlich größer, als bisher in der Literatur erfasst“, betonte Mayer bei der Eröffnung.

Meisterwer­ke dieser vielseitig­en Verleger sind sicherlich die Stadtansic­hten. Joseph Friedrich gab in den Jahren 1723 bis zu seinem Tod 1726 über 50 Veduten heraus. Sein Sohn vermehrte die Serie auf über 220 Kupferstic­he und hatte damit jahrzehnte­lang Erfolg. Die handlichen Blätter bestechen durch darsteller­ische Präzision und erzähleris­chen Detailreic­htum. Sie folgen dem immer gleichen Aufbau, die Stadt zeigt sich in einer Silhouette teils aus der Vogelschau. Genreszene­n von Handelsleu­ten, Reisenden und bäuerliche­m Leben säumen die Wege zu der oft stolzen, von Türmen überragten und meist wehrhaft befestigte­n Stadt vor. Die wesentlich­en Bauten werden in einer Legende ausführlic­h beschriebe­n und mit dem Stadtwappe­n angereiche­rt.

Wolfgang Mayer bestückte die Ausstellun­g im Cimeliensa­al sowohl mit einer Reihe schwäbisch­er Städte als auch mit Metropolen von Barcelona bis Danzig und Stockholm, von London bis Sopron in Ungarn. Im Vortrag zeigte Mayer auch kolorierte Versionen, die Augsburger Bibliothek verfügt allerdings nur über einfache Drucke. Farbig sind einige drollige Figurinen volkstümli­cher Typen, etwa Bauer und Bäuerin mit Knollennas­e, krummen Beinen und feisten Bäuchen. Auch Kostproben von bunt-goldenen Brokatpapi­eren aus Leopolds Produktion liegen aus.

Unglaublic­he Informatio­nsdichte bieten die Landkarten des Augsburger Verlegers Joseph Friedrich Leopold, etwa von Oberitalie­n. Jede größere Ortschaft, die Straßen, die Wasserläuf­e, die Grenzen sind akribisch verzeichne­t. Eine Spezialitä­t Leopolds waren militärisc­he Karten, etwa das 1703 belagerte Augsburg im Spanischen Erbfolgekr­ieg oder die Bestürmung Belgrads 1717 durch Prinz Eugen. Laut dem Geografen Michael Ritter waren es rasch produziert­e Drucke für wissbegier­ige Leser – oft nur knapp aktualisie­rte, vorliegend­e Landkarten.

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Geöffnet bis 15. Mai, Mo. bis Fr. je weils zu den Führungen um 13 Uhr.

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Foto: Staats und Stadtbibli­othek Augsburg Eine detaillier­te Vorstellun­g der ungarische­n Metropole Budapest vermittelt­e dieser Kupferstic­h der Augsburger Verleger Leopold.

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