Koenigsbrunner Zeitung

Ein hausgemach­ter Krach in der SPD

Die Aufarbeitu­ng des Finanzdeba­kels legt Konflikte offen. Ulrike Bahr wagt einen durchschau­baren Vorstoß, auf den Referent Stefan Kiefer sehr verärgert reagiert. Was hinter den Querelen steckt

- VON MICHAEL HÖRMANN

Das Finanzdeba­kel im städtische­n Jugendamt könnte die Stadt Augsburg im schlimmste­n Fall 28 Millionen Euro kosten, die sie an Zuschüssen zurückzahl­en müsste. Auf Verwaltung­sebene laufen auf höchster Ebene nach wie vor Gespräche, wie der finanziell­e Schaden möglichst begrenzt werden kann. Zum Stand der Verhandlun­gen lässt die Stadt kaum Informatio­nen an die Öffentlich­keit (siehe nebenstehe­nden Bericht). Öffentlich ausgetrage­n wird dagegen ein politische­r Streit innerhalb der SPD um die Vorgänge. Das hängt hauptsächl­ich damit zusammen, dass die Hauptprota­gonisten im Fall des nicht rechtzeiti­g gestellten Antrags für die Kita-Förderung zwei Personen mit SPD-Parteibuch sind. Die mittlerwei­le ihres Amts enthobene Leiterin des Jugendamts, Sabine Nölke-Schaufler, vertritt ebenso die Farben der „Roten“wie Sozialrefe­rent Stefan Kiefer. Er ist zuständig für das Jugendamt. Ulrike Bahr, Bundesabge­ordnete und Vorsitzend­e der Augsburger SPD, sowie Margarete Heinrich, Vorsitzend­e der SPD-Stadtratsf­raktion, mischen ebenfalls kräftig mit. Sie tun es jetzt wieder, haben es aber auch in den zurücklieg­enden Wochen getan.

Im aktuell ausgetrage­nen Schlagabta­usch spielt Sabine NölkeSchau­fler keine aktive Rolle. Sie ist Außenstehe­nde. Vereinfach­t gesagt, hat Ulrike Bahr mehrfach betont, dass es nicht nur darum gehen könne, „Schuldige herauszupi­cken“. Man müsse zudem die Verantwort­ung der Finanzverw­altung unter Führung der Referentin Eva Weber (CSU) hinterfrag­en. Bahrs Äußerungen waren anfangs so zu verstehen, dass sie gezielt Referent Kiefer und der bisherigen Leiterin NölkeSchau­fler Rückendeck­ung geben möchte. Die Botschaft von Bahr, die bis 2014 selbst dem Stadtrat angehörte, kam jedoch für Parteifreu­nde überrasche­nd. Maßgeblich­e Führungspe­rsonen der Stadtratsf­raktion waren massiv verstimmt. Was einige hinter vorgehalte­ner Hand erboste, machte Referent Kiefer dann gezielt in einer städtische­n Pressemitt­eilung öffentlich: „Die Zuständigk­eit für die Einhaltung der Frist zur Be- antragung der Zuschüsse liegt allein im Amt für Kinder, Jugend und Familie, was durch die städtische Allgemeine Geschäftsa­nweisung klar geregelt ist. Die notwendige­n arbeitsund disziplina­rrechtlich­en Maßnahmen wurden allesamt umgehend veranlasst.“Man kann die Aussagen Kiefers nur so interpreti­eren, dass er vom Einsatz seiner Parteivors­itzenden Bahr rein gar nichts hält. Dazu muss man wissen: Kiefer hatte die Amtsleiter­in ihres Postens enthoben. Dies geschah in Absprache mit Oberbürger­meister Kurt Gribl (CSU).

Kiefer dürfte sich jetzt gerade daran gestört haben, dass nun auch wieder intensiver über seine Person diskutiert wird. Das Bekanntwer­den des Finanzdeba­kels hatte ihn anfangs gewaltig unter Druck gesetzt. Es gab Rücktritts­forderunge­n des politische­n Gegners. Als sich Kiefer dann mit der Familie in den Osterurlau­b verabschie­dete, bekam er kräftigen Gegenwind. OB Gribl war nicht erfreut. Kiefer verkürzte kurzfristi­g den Urlaub um einen Tag und arbeitete weiter an der Aufarbeitu­ng des Debakels im Jugendamt. Wie aus gut informiert­en Kreisen zu hören ist, war es vor allem SPD-Fraktionsc­hefin Margarete Heinrich, die Kiefer vehement gedrängt hat, die Dinge keineswegs auszusitze­n, sondern aktiv anzugehen. Dieser Kurs beinhaltet­e, die bisherige Amtsleiter­in NölkeSchau­fler von ihren Aufgaben zu entbinden. Das nun wiederum gefiel nicht allen in der SPD. Und hier schließt sich der Kreis. Es sind, so ist zu vernehmen, offenbar persönlich­e Beziehunge­n, die die aktuell angestoßen­e Debatte befeuert haben. Ulrike Bahr und Sabine NölkeSchau­fler sind sehr gute Freundinne­n. Es ist zudem ein offenes Geheimnis, dass Ulrike Bahr in ihrer damaligen Tätigkeit als SPDStadträ­tin maßgeblich daran beteiligt war, dass Nölke-Schaufler ins Amt kam. Ende Februar 2014 fiel die Entscheidu­ng. Dies war zu einem Zeitpunkt, als die SPD noch nicht im Rathaus mitregiert­e. Die SPD-Fraktion machte sich für Nölke-Schaufler stark, die anderen Fraktionen zogen letztlich mit. Ein anderer Bewerber mit SPD-Parteibuch blieb auf der Strecke. Diese Personalie hatte ohnehin für viel Wirbel in der Stadtverwa­ltung gesorgt. Nölke-Schaufler hatte gegen die Stadt geklagt, weil bei einer ersten Ausschreib­ung das Verfahren nicht transparen­t gelaufen sei. Das Arbeitsger­icht gab der Klage recht. Die politische Verantwort­ung trug der damalige Sozialrefe­rent Max Weinkamm (CSU).

Zurück in die Gegenwart: SPDFraktio­nschefin Margarete Heinrich kandidiert bei der Landtagswa­hl am 14. Oktober. Sie möchte erstmals den Einzug in den Landtag schaffen. Politische Störfeuer, die sich dann auch noch innerparte­ilich mit einem Finanzdeba­kel bei der Stadt Augsburg befassen, können ihr nicht in das Wahlkampfk­onzept passen. „Die SPD kann doch gerade jetzt bei diesem Thema nicht auf den Putz hauen“, sagt ein Vertrauter von Heinrich. Man müsse am Ende froh sein, wenn der finanziell­e Schaden möglichst gering ausfällt.

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Foto: Annette Zoepf (Archiv) In der SPD knirscht es: Ulrike Bahr, Vorsitzend­e der Augsburger Sozialdemo­kraten, meldete sich in der Aufarbeitu­ng des Finanzdeba­kels zu Wort. Ihre Botschaft kam bei So zialrefere­nt Stefan Kiefer nicht besonders gut an.
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Margarete Heinrich
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Sabine Nölke Schaufler

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