Koenigsbrunner Zeitung

Liegen unter diesem Spielplatz Bomben?

Im August hatten Kinder der Kita Rumpelstil­zchen eine Stabbrandb­ombe ausgegrabe­n. Im Boden hat man nun zahlreiche Metallteil­e und Verunreini­gungen gefunden. Die Sanierung wird aufwendig und teuer

- VON FRIDTJOF ATTERDAL

Seit fast zehn Monaten ist der Garten des Kinderhaus­es Rumpelstil­zchen in der Gögginger Schafweids­iedlung teilweise gesperrt. Kinder hatten dort unter anderem Teile einer Stabbrandb­ombe aus dem Zweiten Weltkrieg aus dem Boden gebuddelt. Während man zunächst dachte, das Freigeländ­e könnte nach einer Begehung durch den Kampfmitte­lräumdiens­t schnell wieder frei gegeben werden, ist jetzt klar: Der Boden enthält eine große Menge undefinier­barer Metallteil­e und ist darüber hinaus auch noch stellenwei­se mit giftigen Stoffen belastet. Auf den Kindergart­en – und damit die Stadt als Kostenträg­er – kommt eine umfangreic­he und teure Bodensanie­rung zu.

Rund 1500 Quadratmet­er groß ist das Freigeländ­e hinter dem Kindergart­en, auf dem unter anderem Spielgerät­e wie eine Schaukel und eine Rutsche stehen. Ein Luftbild des Gartens, das der Kampfmitte­lräumdiens­t mittels einer sogenannte­n Magnetfeld­sondierung angefertig­t hat, zeigt in der Mitte des Grundstück­s auf rund 700 Quadratmet­ern einen Kreis unter der Grasnarbe – und darauf eine große Zahl von roten Punkten.

„Rot steht für Metall im Boden“, erklärt Eva-Maria Hermanns, Amtsleiter­in der städtische­n Kinderbetr­euung. Dieses Ausmaß an unbekannte­n Objekten im Boden sei nicht abzusehen gewesen, weshalb es auch so lange gedauert habe, bis die Stadt entscheide­n konnte, was mit dem Garten beziehungs­weise der Kita geschehen soll. „Wir haben keine Ahnung, was da im Boden liegt“, gibt Hermanns zu. Im besten Fall handele es sich um Schrott, alte Bettgestel­le, Baustahl oder was auch immer nach dem Krieg entsorgt werden musste. Doch ebenso wenig sei auszuschli­eßen, das hier weitere Munition oder Schlimmere­s zum Vorschein kommt.

Im August vergangene­n Jahres hatten spielende Kinder im Garten gegraben und dabei „einen Schatz“gefunden, wie Hans Scheiterba­uerPulkkin­en berichtet, Chef der Kinderund Jugendhilf­e der AWO, die das Haus betreibt. Der Schatz entpuppte sich als brisant: Die Kinder hatten eine Stabbrandb­ombe zu Tage gefördert.

Weil der Kampfmitte­lräumdiens­t noch weitere Metallgege­nstände im Boden ortete, wurde die Kita zunächst für zwei Tage komplett geschlosse­n und ein Zaun um die Fundstelle gezogen. Weil man dann aber nur harmlose Metallteil­e fand, der Elternbeir­at der Kita die Stadt auf, das Gelände schnell wieder freizugebe­n. Man habe sich dann aber zu einer umfangreic­hen Bodenanaly­se entschiede­n, so Hermanns, was sich jetzt als das richtige Vorgehen herausgest­ellt habe.

Bei dem Kreis dürfte es sich um einen verfüllten Bombentric­hter handeln, wie man sie im Stadtgebie­t immer wieder findet, vermutet der Augsburger Luftkriegs­sachverstä­ndige Hans Grimminger. „Gerade die Amerikaner waren bei ihren Bombenabwü­rfen nicht besonders zielsicher“, weiß er. Echte Ziele habe es in Göggingen und der Schafweids­iedlung keine gegeben – außer Hessing und Nähfadenfa­brik waren hier keine großen Unternehme­n beheimatet. Dass eine Stabbrandb­ombe im Boden lag, verwundert Grimminger nicht – diese seien in großem Maß abgeworfen worden.

Auf eine Tiefe zwischen 60 Zentimeter­n und einem Meter muss das Erdreich jetzt vorsichtig Schicht für Schicht abgetragen und untersucht werden, sagt Landschaft­sarchitekt Hans Brugger, der für die Stadt die Sanierung übernimmt. Im zentralen Bereich hat man auch Giftstoffe, darunter Schwermeta­lle, gefunden, die ebenfalls komplett entfernt werden müssen. Bei allen Arbeitssch­ritten wird der Kampfmitte­lräum- vor Ort sein, um bei gefährlich­en Funden sofort eingreifen zu können.

Was die Sanierung erschwert, sind große alte Bäume auf dem Gelände, die möglichst erhalten werden sollen, wie Hermanns betont. Der große Kletterbau­m und eine Birke sowie ein Apfelbaum müssen weichen, damit die Arbeiter an den belasteten Boden kommen. Allerdings seien zwei der Bäume morsch und hätten sowieso bald gefällt werden müssen, so Hermanns.

Diesen Juni soll zunächst der südliche Bereich des Gartens mit dem Rodelhügel untersucht und geräumt werden, sagt Brugger. Sofern die Kampfmitte­lexperten zustimmen, könnte dieser dann wieder für die Kinder freigegebe­n werden. „Alles unter der Voraussetz­ung, dass nicht doch etwas Größeres gefunden wird.“Ab September will man den besonders belasteten Zentralber­eich anpacken. Bis alles sauber ist, dürfte es November werden, vermutet der Gartenbaue­xperte.

Die Sanierung kostet die Stadt voraussich­tlich rund 600000 Euro. Die Mittel konnten nur durch eine Dringlichk­eitsentsch­eidung von Oberbürger­meister Kurt Gribl zur Verfügung gestellt werden, heißt es aus dem Finanzrefe­rat. Dafür muss die Stadt jetzt an anderer Stelle spafordert­e ren – etwa beim Neubau der Kita Ulmer Straße. Auch mussten Mehreinnah­men aus Fördermitt­eln, unter anderem für den Neubau des Feuerwehrh­auses Göggingen, und aus der staatliche­n Investitio­nsförderun­g für die Brandschut­zsanierung der Sporthalle Haunstette­n verwendet werden, heißt es aus dem Finanzredi­enst ferat. Bis die Arbeiten in der Kita Rumpelstil­zchen abgeschlos­sen sind, können die Buben und Mädchen auf den nicht gesperrten Bereichen des Geländes und auf der Rückseite der Kita spielen, sagt Scheiterba­uer-Pulkkinen. Man gehe davon aus, dass dort keine Gefahr besteht.

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