Drei Lose und eine neue Zusammenarbeit
Im Stadtrat von Königsbrunn löst sich die Fraktion der Bürgerbewegung auf. Damit verändern sich die Kräfteverhältnisse
Königsbrunn Es ist eine Trennung mit weitreichenden Folgen: Die Stadtratsfraktion der Bürgerbewegung Königsbrunn hat ihre Auflösung bekannt gegeben. Im April 2013 betrat die als „Wasserrebellen“gestartete Bewegung erstmals die politische Bühne und im Jahr darauf errang sie zwei Sitze im Stadtrat. Doch nun endet die Zusammenarbeit der BbK-Stadträte Wolfgang Leis und Peter Sommer – und somit ihr Status als Fraktion.
Über die Gründe für das Zerwürfnis verraten die ehemaligen Fraktionspartner nicht viel. Sommer erklärt: „Es war eine Meinungsverschiedenheit.“Auch Leis spricht von „persönlichen Differenten“und deutet an, dass sich diese Probleme schon länger hingezogen hatten, bis zur „Eskalation“. Und so verkündete Leis in der jüngsten Sitzung der BbK seinen Austritt.
Leis will „einen klaren Strich unter die Sache ziehen“– ein Schritt, der auch die Verhältnisse im Stadtrat verändert. Eine Fraktion muss mindestens zwei Mitglieder haben. Durch den Austritt verliert die BbK diesen Status. Während Sommer weiterhin die BbK vertritt, wählt Leis einen neuen Weg. Im nicht öffentlichen Teil der aktuellen Stadtratssitzung verkündete er das Ergebnis seiner politischen Überlegungen: „Heute Nachmittag ist eine Münze gefallen.“Leis geht ein neues Fraktionsbündnis mit Christian Toth ein, dem einzigen Stadtrat der FDP. Der Liberale übernimmt dabei den Fraktionsvorsitz der neuen Gemeinschaft, die den Namen FDP/ Bürgerforum trägt.
Ein Wechsel, der die Kräfteverhältnisse im Stadtrat trifft: Die Sitze in den Ausschüssen des Stadtrats werden nach der Stärke der Fraktionen berechnet, im sogenannten Hare-Niemeyer-Verfahren. Und dieses System lässt in knappen Fällen das Glück entscheiden: „Wir müssen jetzt dreimal losen“, verkündet Thomas Helmschrott, der geschäftsleitende Beamte im Rathaus. Ein Lostopf soll den jeweils zwölften Platz in drei Ausschüssen neu bestimmen: im Haupt-, im Bau- und im Werkausschuss. Die Loskandidaten sind SPD, Freie Wähler und Peter Sommer. Als Glücksfee greift Vanessa Socher, Auszubildende im Rathaus Königsbrunn, in das Glas mit den drei gefalteten Zetteln – und sorgt für eine ausgeglichene Verteilung: Im Hauptausschuss erhält die SPD den zwölften Sitz, im Bauausschuss die Freien Wähler und im Werkausschuss trifft Sommer das Losglück. „So etwas habe ich in 16 Jahren als Stadträtin noch nicht erlebt“, kommentiert CSU-Frau Brigitte Holz die Sitzvergabe per Los.
Nach diesem Verfahren stellt Florian Kubsch von der SPD kritische Fragen. Er stellt fest, dass die neuen Kräfteverhältnisse auch eine neue Besetzung der Verwaltungsräte nach sich ziehen müsste. Bürgermeister Franz Feigl entgegnet: „Verwaltungsräte können nur aus wichtigem Grund abberufen werden. Und ich bezweifle, dass dieser Fall hier vorliegt.“Und dann wirft Kubsch die Frage auf, wie es mit der „Jamaika“-Kooperation von CSU, FDP und Grünen weitergeht. Im Jahr 2014 hatten die drei Parteien eine Zusammenarbeit beschlossen. FDP-Mann Toth rückte durch diese Kooperation in das Amt des Kulturreferenten.
Was die Fraktionswechsel für die Jamaika-Kooperation und die Verteilung der Referentenposten bedeuten, kann Toth noch nicht beantworten: „Es liegt jetzt an der größten Fraktion, sich zu erklären. Der Handlungsbedarf liegt bei der
„So etwas habe ich in 16 Jahren als Stadträtin noch nicht erlebt.“CSU Stadträtin Brigitte Holz
„Bis Nachmittag war ich noch überzeugt, dass ich als Einzelkämpfer weitermache.“Wolfgang Leis
CSU.“Aber er betont zugleich: „Der Kooperationsvertrag von 2014 ist nach wie vor aktuell.“
Die Verbindung zwischen FDP und Bürgerbewegung hatte sich hinter den Kulissen wohl schon länger angebahnt. Toth berichtet, dass vor rund zwei Jahren erste Gespräche mit dem BbK stattfanden. Einen Parteiwechsel zu den Liberalen schließt sein neuer Fraktionskollege Leis aber aus. „Ich werde nicht in die FDP eintreten“, versichert er. Toth gibt sich damit zufrieden: „Es geht nicht um Parteigrenzen.“Toth will mit dem neuen Fraktionspartner Leis nun gemeinsam das „bürgerliche Lager stärken“. Auch wenn er sich einen guten Austausch im neuen Bündnis erhofft, werde es bei Abstimmungen keinen Fraktionszwang geben.
Sommer, der letzte Stadtrat der Bürgerbewegung Königsbrunn, zeigt sich zwar enttäuscht. „Aber für unsere Arbeit in der Partei wird sich nicht viel ändern, hoffe ich“, sagt er. „Ich pflege nach wie vor gute Kontakte zu den anderen Fraktionen.“Das neue Bündnis zwischen Leis und der FDP überrascht Sommer. Leis habe ihm gegenüber behauptet, er werde nach dem Austritt als fraktionsloses Mitglied im Stadtrat weiterarbeiten. „Keine Ahnung, wie dieses Bündnis zustande kam“, sagt Sommer.
Leis bestätigt, dass die Entscheidung kurzfristig fiel: „Davon war ich selbst überrascht“, sagt er. „Bis zum Nachmittag der Stadtratssitzung war ich noch überzeugt, dass ich als Einzelkämpfer weitermache.“Doch ein Gespräch mit Toth wenige Minuten vor der Sitzung habe den Ausschlag gegeben. Der FDP-Mann schlug ein Fraktionsbündnis vor, Leis willigte ein – unter der Bedingung, das Bündnis mit dem Zusatz „Bürgerforum“zu ergänzen. Leis betont, dass die Zusammenarbeit in der neuen Fraktion freiheitlich sein soll. „Wir handhaben das in der neuen Fraktion so, wie bei der Bürgerbewegung: Jeder kann stimmen, wie er es für richtig hält.“