Schwarzer Humor zur singenden Säge
Bookshop Konzert Wie Stefan Slupetzky und Martin Zrost dem Publikum den Wiener Schmäh näherbringen
Sich bequem in gemütlichen Couchen niederlassen, spannenden Buchtexten und gelungenen Liedbeiträgen lauschen, das gibt es in Schwabmünchen nur bei einer Veranstaltung: der Krimicouch beim Einrichtungshaus Bruckner, veranstaltet von der Buchhandlung Schmid. Bei seiner sechsten Auflage, natürlich wieder restlos ausverkauft, wurde dort etwas ganz Besonderes geboten. Bei dem Buchtitel „Die Rückkehr des Lemming“denken manche wohl zuallererst an ein Biologiebuch über possierliche Nager. Weit gefehlt.
Lemming, mit bürgerlichem Namen Leopold Wallisch, ist ein verkrachter ehemaliger Kriminaler, Privatdetektiv, und jetzt unzufriedener Nachtwächter. Die Freunde österreichischer Krimis kennen ihn. Stefan Slupetzky hat diesen schrullige Typ geboren und zum Kultobjekt gemacht, ebenbürtig etwa mit Wolf Haas’ Brenner oder Rainer Nikowitz’ Suchanek. Allen gemeinsam ist der Humor, das Kuriose.
Vier Lemming-Werke schuf Slupetzky bereits. Das fünfte Buch ließ acht lange Jahre auf sich warten. Darin geht es um den verliebten und schüchternen Straßenbahnchauffeur Theo Ptak, der Zeuge der Entführung seiner Angebeteten wird. Er bittet Wallisch, also Lemming, also seinen Onkel, um Hilfe bei der Klärung des Falles. Zwischendurch wird der Leser immer wieder ins 17. Jahrhundert entführt. Was haben diese Zwischenkapitel mit dem Fall zu tun? Für den Leser zeitweise nicht ganz einfach zu durchschauen. Aber alles klärt sich auf.
Slupetzky spricht bei der Lesung des Buches bei Bruckner die historischen Stellen auch nur ganz kurz an, liest dafür ein paar andere, witzig, humorvoll, verschroben, eben Wiener Schmäh.
Die kurz gehaltenen Lesungsstücke, die sehr wenig über den Fortgang des Inhalts verraten, dafür umso mehr über den Charakter des Buches, traten allerdings fast ein wenig in den Hintergrund gegenüber dem musikalischen Teil des Abends. Normalerweise engagierte Hans Grünthaler für solche Abende eine kleine Band. Diesmal allerdings blieb der Autor gleich auf der Bühne, holte seinen Freund und Kollegen im Trio Lepschi Martin Zrost hinzu, spielte auf seiner Singenden Säge und sang selbst komponierte Lieder aus Herzenslust zu den Klängen der virtuos gespielten Gitarre des Berufsmusikers.
In den Stücken, ganz in der Tradition der Schrammelmusik und irgendwie auch im Gegensatz zum alten Wiener Lied, sangen sie über Alltagsszenen, über schräge Liebesszenen, schlimme Zimmerpflanzen, das besondere Kochen, den Tod und über das Sprunzl, was auch immer das ist.
Dabei tritt der lustvolle Umgang mit der Sprache, das Schräge, das Schrullige, das Obskure, aber auch das Charmante, das Boshafte und Schwarzhumorige ebenso zu Tage wie in den Slupetzky-Krimis. Damals und heute „ging und geht es darum, die Menschen aufzuheitern“, so Zrost, der sein komödiantisches Können unter anderem als Pantomime ebenso perfekt darbietet wie Slupetzky, ein künstlerisches Multitalent: Maler, Dichter, Lehrer, Illustrator, Schauspieler und, und, und, mehrfach preisgekrönt. „Ois is leiwand“, betonen die beiden Wortakrobaten des Abends, mit deren schwarzhumoriger Art die Zuschauer riesigen Spaß hatten und sich zeitweise bogen vor Lachen.
Warum die beiden dann mehr oder weniger schwarz gekleidet auftaten, also eigentlich gar keinen fröhlichen Anfangseindruck hinterließen – ganz einfach: Sie nehmen sich zurück und lassen ihre Ergüsse wirken.
Hans Grünthaler und Christian Bruckner waren von dem besonderen Abend ebenso restlos begeistert wie das Publikum und versprachen spontan: „Selbstverständlich wird es eine nächste Krimicoach geben.“