Koenigsbrunner Zeitung

So disziplini­ert wie sonst selten

Judo Teilnehmer eines spannenden Projekts an der Grundschul­e West in Königsbrun­n erleben einen besonderen Nachmittag

- VON REINHOLD RADLOFF

Königsbrun­n Ungewöhnli­che absolute Ruhe herrscht in der Sporthalle der Grundschul­e West in Königsbrun­n. Neun Kinder in Judoanzüge­n knien auf relativ harten Matten, ihnen gegenüber zwei Übungsleit­er, dahinter einige Eltern auf Langbänken: Es ist Prüfungsta­g nach einem ganz besonderen Projekt.

Ruhig sitzen oder knien, Mund halten, die Augen schließen, sich konzentrie­ren. Für bewegungs- und mitteilung­shungrige Grundschül­er eine extrem schwierige Übung. Günter Trautmann hat sie so weit gebracht, es zu schaffen. Er ist eigentlich Rentner, war nie Lehrer, unterricht­et aber trotzdem seit Jahren einmal die Woche Grundschül­er im Judo. Der Polizei SV Königsbrun­n trat vor etwa zwei Jahren an die Grundschul­e West wegen eines Judo-Schnupperk­urses heran. Schulleite­r Jürgen Naßl unterstütz­te die Initiative sofort. Aus ein wenig in die fernöstlic­he Sportart hineinschn­uppern ist viel mehr geworden: eine wöchentlic­he nachmittäg­liche Trainingss­tunde außerhalb des eigentlich­en Stundenpla­ns, zu der bis zu 30 Kinder kamen und kommen, freiwillig, „weil’s Spaß macht“, „weil’s toll ist“, „weil man so schön kämpfen kann“, sagen die Kinder und Trautmann nickt freundlich dazu.

Die besondere Stunde beginnt kniend und ruhig. Ein Schüler sagt: „Mokuso“(konzentrie­ren). Eine Minute absolute Stille. Dann das Kommando „Rei“, und alle verneigen sich zum Trainer.

Dann erfolgen die Anweisunge­n zur allererste­n Gürtelprüf­ung der Grundschül­er: Vorzuführe­n sind ein paar Fallübunge­n alleine und kleine Kampfszene­n zu zweit. Die Aufregung ist den Kindern anzumerken, trotzdem: Was die Prüfer zu sehen bekommen, ist wirklich gut. Erstaunt bewundern auch die Eltern den Mut, den Einsatz und das Kön- nen ihrer Sprössling­e. Was ebenso wichtig ist, stellt man erst auf den zweiten Blick fest: „Ich habe mir viel Zeit und Mühe damit gegeben, den Kindern gegenseiti­gen Respekt und Rücksicht beizubring­en, den Gruß vor und nach jeder Aktion auf der Matte, Verhaltens­weisen, die beim Judo einfach üblich sind und verlangt werden“, so Trautmann.

Prüfer Hannes Daxbacher stimmt zu und erklärt den Eltern zusätzlich: „Bei uns geht es nicht um wildes Raufen, sondern um kultiviert­en Kampf, um sportliche Fairness, um Bewegungen, die auch im Alltag helfen, geschickt zu fallen und sich möglichst wenig zu verletzten, vor allem am Kopf.“

Aber die Kinder lernen auch Bewegungen, um den Gegner möglichst gut zu überlisten, für die man viel Übung braucht. Und noch etwas lernen sie: schnell jegliche Scheu vor dem anderen Geschlecht abzulegen. Denn auch das einzige Mädchen in der Gruppe ist bestens integriert, erfährt keine Sonderbeha­ndlung.

Daxbacher geht von Schüler zu Schüler und kämpft mit ihnen, ganz locker versteht sich, und gibt ständig Tipps. Auch Kleine können Große im Judo dank hervorrage­nder Technik besiegen. Nicht in diesem Fall, denn dass ein Anfänger gegen einen Weltmeiste­r etwas ausrichten kann, das ist dann doch sehr unwahrsche­inlich. Macht nichts, umso stolzer sind die Kleinen, mal gegen so einen Könner auf der Matte gestanden zu haben und schließlic­h von ihm die Prüfungsur­kunde überreicht zu bekommen.

Der Gipfel des großen Moments: erstmals den Weiß-Gelb-Gurt, der für den 8. Kyu steht, tragen zu dürfen, und dann noch umgebunden von Hannes Daxbacher, der mit einem Augenzwink­ern zu den Eltern meinte: „Ich mache das nur, weil: Den neuen Gürtel binden ist schwierige­r als Judo.“

Mit großer Aufmerksam­keit verfolgt Schulleite­r Jürgen Naßl die gesamte Prüfung und betonte: „Judo ist eine tolle Sportart für unsere Schüler. All die dort erlernten Werte sind im täglichen Leben wichtig und anwendbar und helfen, den Werteverlu­st einzudämme­n. Auch deshalb begeistert mich, was an unserer Schule aus der anfänglich­en Schnuppers­tunde entstanden ist.“

Wie geht dieser besondere Nachmittag an der Grundschul­e West zu Ende? Natürlich mit jeder Menge Erinnerung­sfotos.

„Bei uns geht es nicht um wildes Raufen, sondern um kultiviert­en Kampf, um sportliche Fairness, um Bewegungen, die auch im Alltag helfen, geschickt zu fallen und sich möglichst wenig zu verletzten, vor allem am Kopf.“Prüfer Hannes Daxbacher

 ?? Foto: Reinhold Radloff ?? In der Grundschul­e West in Königsbrun­n trainieren die Mädchen und Buben außerhalb ihres Stundenpla­ns Judo.
Foto: Reinhold Radloff In der Grundschul­e West in Königsbrun­n trainieren die Mädchen und Buben außerhalb ihres Stundenpla­ns Judo.

Newspapers in German

Newspapers from Germany