Koenigsbrunner Zeitung

Purzeln und sich wieder aufbäumen

Der 27. Mai ist der Welttag des Purzelbaum­s. Eine kleine Rolle, aus der sich im Turnsport vieles entwickelt hat

- VON VERONIKA LINTNER

Königsbrun­n/Schwabmünc­hen Es war kein Sportler und kein Turner – es war ein evangelisc­her Pfarrer, der 2009 den 27. Mai zum „Welttag des Purzelbaum­s“erklärte. Mit einem humorigen Eintrag in seinem Online-Blog verkündete er den Feiertag. Der Artikel fand viele Leser und entwickelt­e seine eigene Dynamik. Seither gilt der 27. Mai als Welttag des Purzelbaum­s. Doch was steckt hinter dem Purzelbaum und was bringt er eigentlich?

Es ist eine simple Kinderübun­g, die für Lebensfreu­de und Spaß steht, das ist der Purzelbaum. Doch bei manch einem Turner genießt er keinen guten Ruf. „Purzelbaum sagen wir hier nicht. Wir sind ja nicht im Kindergart­en“, erklärt Leo Pirzl, Trainer beim Turnverein Königsbrun­n. Aber die jüngste Dame, die er in der Leistungsg­ruppe des TSV betreut, ist tatsächlic­h erst fünf Jahre alt. Daria beherrscht den Purzelbaum, und auch die Rolle vorwärts – die profession­elle Variante des Purzelns. Sie demonstrie­rt gemeinsam mit den anderen Mädchen im glitzernde­n, silber-blauen Turnanzug, wie es geht. Dabei wird schon der Unterschie­d sichtbar, zwischen dem wilden Purzeln und der gekonnten Turnübung. „Einen Purzelbaum kann jeder, aber eine Rolle vorwärts nur die Turner“, sagt Abteilungs­leiter Tobias Ruder. Während unkontroll­ierte Purzelbaum­versuche oft mit einem Aufprall auf dem Kopf enden, gibt es für die Rolle klare Regeln: Der Turner beginnt in der Hocke, stützt die Handfläche­n auf den Boden, rollt über den Nacken ab und kommt mit Schwung in den Stand.

Eine Definition des Purzelbaum­s gibt es dagegen nicht. Von den Sportwisse­nschaftler­n wurde er bisher links liegen gelassen. Aber der Begriff verrät, worum es geht: Purzeln und sich wieder aufbäumen. Somit ist er die Wurzel vieler Turnübunge­n. „Aus dem Purzelbaum entwickelt sich fast alles. Die Rolle vorwärts, die Flugrolle, der Salto“, erklärt die 21-jährige Vanessa Fischer, die Landkreism­eisterin des Jahres 2017. Auch in anderen Sportarten will das richtige Abrollen gelernt sein, so wie im Kampfsport die Judorolle.

Den Purzelbaum in seiner niedlichen Form beherrsche­n die Turner nicht nur auf der Bodenmatte. „Der Purzelbaum kommt auch frei am Barren und am Kasten zum Einsatz. Sogar an den Ringen ist es ein Element zur Vorbereitu­ng auf den Salto“, erklärt Jürgen Reichart. Er muss es wissen – er hat zehn Jahre lang in der Bundesliga geturnt und leitet nun das Gesundheit­shaus Reichart in Schwabmünc­hen. Bei der Rolle werden Nackenmusk­ulatur, Halswirbel­säule und Lendenwirb­elsäule beanspruch­t, erklärt Reichart. Durch gutes Muskeltrai­ning können Sportler ihre Gelenke dabei vor Verletzung­en schützen. Er empfiehlt, auf den Rat von Trainern und Bewegungse­xperten zu hören. So kann man bis ins hohe Alter den Turnsport betreiben.

Und das Interesse am Turnen steigt in Königsbrun­n. Nachwuchsp­robleme kennt der TSV nicht, er hat 500 Mitglieder – mehr als der örtliche Fußballver­ein. „Wir nehmen auch an Wettbewerb­en teil. Aber am wichtigste­n ist uns der Spaß“, sagt Fischer. Das Turnen stärke vor allem Körperspan­nung und Haltung. „Das hilft im Leben, sogar wenn man ein Referat oder einen Vortrag hält.“

Wer nun am Sonntag aus Spaß und Freude, zur Feier des Tages, einen Purzelbaum schlägt, der kann gleich ein neues Ziel ins Auge fassen: Am 26. Juni folgt der internatio­nale Tag des Handstands.

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Foto: V. Lintner Die Turnerinne­n des TSV Königsbrun­n trainieren den Purzelbaum.

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