Auf die Rolle, fertig, los
Fitness Faszien sind für das Wohlbefinden verantwortlich – aber auch für Schmerzen. Es gibt ein spezielles Training, um dieses Körpergewebe elastisch zu halten
Meitingen Putzig sieht die kleine schwarze Rolle aus. Sie liegt unter meiner Fußsohle und soll mit wohldosiertem Druck hin- und hergerollt werden. Ich lausche den Anleitungen von Trainerin Nina Haupt und plötzlich tut es weh. Nicht fies, aber deutlich spürbar. Genau dies seien Stellen, an denen das Körpergewebe verklebt sein kann, erklärt sie. Und genau solche Stellen sollen in dieser halben Stunde beim Faszientraining im Meitinger Sportstudio Vita Fit gelockert werden.
Faszien – bis vor einigen Jahren scherte sich kaum jemand um dieses Körpergewebe. Doch plötzlich tauchte der Begriff immer häufiger auf und das Faszientraining kam in Mode. Doch im Gegensatz zu anderen kurzzeitigen Fitnesstrends verschwand das Thema nicht wieder. Im Gegenteil. Das Arbeiten mit den Faszien wurde Bestandteil im Profitraining und wird auch im Gesundheitssport immer wichtiger. Klaus Veitinger beschäftigt sich schon lange damit. Er ist der Inhaber des Sportstudios Vita Fit, das seit 30 Jahren besteht und aus diesem Grund am 24. und 26. April von 17 bis 20 Uhr zu Gesundheitsabenden einlädt. Der Sportlehrer, Physiotherapeut und Osteopath erklärt: „Faszien dienen als ‚Verpackungsorgan‘ für Muskeln, Knochen, Gelenke und Bandscheiben. Vereinfacht gesagt kann man die weißliche Hülle einer Orange mit der hauchzarten faszialen Hülle und das Fruchtfleisch mit dem menschlichen Muskelgewebe vergleichen“, erklärt Veitinger. Wenn dieses Fasziennetz nicht trainiert werde, verklebe es mit der Haut. Dann kann eine falsche Bewegung ausreichen und man bekommt Schmerzen, beispielsweise im Rücken oder in der Schulter. Laut Veitinger verfügen die Faszien über deutlich mehr Schmerzrezeptoren als Muskeln. Seiner Meinung nach haben beispielsweise 80 bis 90 Prozent der Bandscheibenprobleme faziale Ursachen.
Doch zurück auf die Matte: Im Faszientraining versuche ich mit einer Handvoll Mitstreiter, mein Körpergewebe elastisch zu machen. Dazu gehören beispielsweise dynamisches Dehnen in verschiedene Richtungen, kleine Sprünge und Drehungen und natürlich die Blackroll – eine harte schwarze Kunststoffrolle. Diese soll das Gewebe wie einen Schwamm ausdrücken, sodass es anschließend umso besser Wasser aufnehmen kann und somit weich und geschmeidig wird. Mit der Rolle werden auch Muskelverhärtungen, sogenannte Triggerpunkte, behandelt, die schmerzhaft in andere Körperareale ausstrahlen können.
„Mit der Blackroll kann man kaum etwas falsch machen“, sagt Veitinger. Dennoch sei es sinnvoll, sich gezielte Übungen zeigen zu lassen, um die Rolle effizient einzusetzen. Denn ein Gelenk oder ein Muskelstrang dürfe beim Training nicht isoliert betrachtet werden, da er ein Teil der Muskel-Faszien-Kette ist, die sich durch den Körper zieht. Veitinger hat beispielsweise festgestellt, dass viele seiner Patienten Fußprobleme haben. Dies führe zu einem falschen Zug auf die Fußfaszie, was wiederum zu weiteren Schmerzen beispielsweise im Bereich der Hüfte führen kann. Aus diesem Grund sei es sinnvoll, die gesamte Faszienkette zu bearbeiten. Dafür gebe es nicht nur die bekannte, etwas größere Blackroll, sondern auch kleinere Rollen und spezielle Bälle. Veitinger rät davon ab, Golfoder Tennisbälle zu benutzen, da diese zu hart oder zu weich seien. Auch sollte man mit den Rollen nicht einfach über das Gewebe rubbeln, sondern langsam dabei vorgehen. Sein Rat: Ein Zentimeter pro Sekunde. In dem halbstündigen Training bearbeiten wir mit der schwarzen Rolle den Rücken sowie den Nacken- und Halsbereich. Hier heißt es vorsichtig sein, den Kopf langsam auf der Rolle hin und her rollen und auf die Signale des Körpers achten. Denn auch das gehört zu dieser speziellen Fitness-Einheit. Das Reinhören und Reinspüren in den eigenen Körper.
Nach 30 Minuten fühlt sich mein Körper angenehm elastisch und gedehnt an. Richtig geschwitzt habe ich nicht, aber nach dieser morgendlichen Trainingseinheit starte ich beschwingter in den Tag.