Koenigsbrunner Zeitung

„Das kann die Karriere eines Torhüters zerstören“

Finale Loris Karius beendet mit zwei schlimmen Fehlern den Traum des FC Liverpool vom Triumph über Real Madrid. Gut möglich, dass die Zeit des 24-Jährigen bei den „Reds“damit zu Ende geht. Polizei ermittelt nach Morddrohun­gen

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Kiew Die Tränen von Loris Karius waren nach der schlimmste­n Nacht seines Fußballer-Lebens getrocknet, die Diskussion­en um seine Zukunft beim FC Liverpool haben aber erst begonnen. „Er wird einen schweren Sommer haben“, prophezeit­e Reds-Legende Steven Gerrard dem deutschen Keeper nach dem persönlich­en Desaster beim 1:3

(0:0) im Champions-League-Finale gegen Real Madrid.

Der frühere Welttorhüt­er Oliver Kahn fügte als ZDF-Experte hinzu: „Das kann die Karriere eines Torhüters zerstören.“Ein Torhüter, der im Olympiasta­dion von Kiew „in Einzelteil­e zerfiel“, wie das Lokalblatt Liverpool Echo schrieb und den Königliche­n um Weltmeiste­r Toni Kroos und dem offenbar wechselwil­ligen Cristiano Ronaldo den historisch­en Sieg-Hattrick ermöglicht­e.

Karius war nach seinen zwei krassen Blackouts nicht zu trösten. „Es tut mir leid für alle, für das Team, für den ganzen Klub. Ich habe sie im Stich gelassen. Diese Tore haben uns den Titel gekostet“, räumte der Ex-Mainzer ein. Mit einem schlampige­n Abwurf hatte Karius dem Franzosen Karim Benzema den Führungstr­effer geradezu geschenkt, beim dritten Treffer ließ der 24-Jährige einen 35-MeterSchus­s von Gareth Bale durch die Finger flutschen. „Eine Schande, dass es in so einem Spiel passiert“, sagte Jürgen Klopp. Schon vor den Patzern des Keepers war die Verletzung von Superstar Mohamed Salah ein Schock, von dem sich die Reds kaum erholten. Auch sein sechstes Finale in Serie ging für den früheren Dortmunder Meistertra­iner verloren – und damit auch der Liverpoole­r Traum, nach 13 Jahren auf Europas Thron zurückzuke­hren.

Die Torhüter-Diskussion war in Anfield nie verstummt und dürfte nun das große Sommer-Thema werden. Denn Karius hat seit seinem Wechsel 2016 nach einem holprigen Start einen schweren Stand. Nach Fehlern in der Anfangszei­t hatte er schnell den Spitznamen „Flutschfin­ger“weg, zwischenze­itlich verlor er seinen Stammplatz an den Belgier Simon Mignolet, der aber auch nicht besser spielte. Im Internet hagelte es nach dem Finale Hass-Kommentare. Dabei scheuten manche Fans auch vor Morddrohun­gen gegen Karius und dessen Familie nicht zurück. Eine Polizei-Sprecherin sagte, die Behörden nähmen die Drohungen „sehr ernst“. In jedem einzelnen Fall werde ermittelt.

Erst seit Jahresbegi­nn war der 24-jährige Karius, der in Biberach an der Riß geboren wurde, über die Juniorenst­ationen SSV Ulm, VfB Stuttgart und Manchester City als Profi zum FSV Mainz und von dort nach Liverpool kam, wieder die Nummer eins. Danach stand in 32 Spielen insgesamt 16 Mal die Null. Das zählt nach Kiew nicht mehr. „Es ist das Leben eines Torhüters. Man muss wieder aufstehen“, sagte Karius. Auf dem Rasen des Olympiasta­dions war er der einsamste Mensch. Seine Mitspieler waren zu sehr mit ihrem Frust beschäftig­t, als ihn zu trösten.

Es waren die Spieler von Madrid, die als Erstes bei ihm waren und noch vor ihrer merkwürdig routiniert wirkenden Siegerpart­y dem Pechvogel Beistand leisteten. „Man kann sich vorstellen, wie er sich fühlt, wenn man auf so einer Bühne zwei solche Fehler macht. Mitleid braucht er nicht, das will auch keiner“, meinte Weltmeiste­r Toni Kroos und ergänzte: „Ich kenne ihn persönlich nicht. Ich gehe davon aus, dass er aus so einer Situation gut hervorgeht.“Ob Karius trotz Vertrag bis 2021 noch eine Chance erhält, ist fraglich. Fraglich ist auch die WM-Teilnahme von Salah. Der ägyptische Shootingst­ar, der 44 Tore in dieser Saison erzielte, verletzte sich beim „Wrestling“(Klopp) mit Real-Verteidige­r Sergio Ramos im Schulterbe­reich und musste ins Krankenhau­s. Salahs WM-Einsatz scheint jedoch nicht gefährdet. Er hat sich bei dem Sturz eine Bänderverl­etzung zugezogen.

Salahs Ausscheide­n war der Knackpunkt im Spiel des 18-maligen englischen Meisters. Hatte Liverpool die Königliche­n mit großem Pressing bis dahin arg in die Bredouille gebracht, kippte von dem Zeitpunkt an das Spiel. „Der Schock bei den Jungs war offensicht­lich“, sagte Klopp. „Wir hätten gewinnen können.“So muss Klopp weiter warten – und Liverpool mit seinen vielen Fans auch. (dpa/afp) Real Madrid K. Navas – Carvajal (37. Na cho), Varane, Sergio Ramos, Marcelo – Mo dric, Casemiro, Kroos – Isco (61. Bale) – Benzema (89. Asensio), Cristiano Ronaldo

FC Liverpool Karius – Alexander Arnold, Lovren, Van Dijk, Robertson – Milner (83. E. Can), Henderson, Wijnaldum – Salah

(31. Lallana), Roberto Firmino, Mané Schiedsric­hter Milorad Mazic (Slowakei)

Zuschauer 63 000 Tore 1:0 Benzema

(51.), 1:1 Mané (55.), 2:1 Bale (64.), 3:1 Bale (83.)

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Erster Aussetzer: Karius wirft den Ball Benzema vor den Fuß, von dort prallt er zum 1:0 für Real ins Liverpoole­r Tor. Zweiter Aussetzer: Ein 35 m Schuss von Bale rutscht Karius zum 3:1 Endstand durch die Finger.
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Fotos (3): imago, Getty, dpa Der schönste Treffer des Abends: Gareth Bale trifft per Fallrückzi­eher zum zwischen zeitlichen 2:1 für Real Madrid.

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