Koenigsbrunner Zeitung

Ein Duell oder doch ein Dreikampf?

Es schien, als würden sich Andreas Luthe und Fabian Giefer um die Nachfolge von Marwin Hitz streiten. Doch Trainer Baum plant anders. Luthe bleibt gelassen. Er macht sich derzeit mehr Gedanken um Liverpool-Torhüter Karius

- VON ROBERT GÖTZ

Eigentlich hatte sich Andreas Luthe das Champions-League-Finale am Samstagabe­nd zwischen Real Madrid und FC Liverpool in Ruhe anschauen wollen. Doch dann wurde der Abend viel emotionale­r, als der Torhüter des FC Augsburg gedacht hatte. Denn er litt ganz besonders mit Loris Karius, dem Deutschen im Liverpoole­r Tor, der mit zwei groben Fehlern maßgeblich an der 1:3-Niederlage beteiligt war.

„Das war sehr, sehr bitter. Letztendli­ch steht man als Sportler auf diesem Niveau vielleicht ein Mal im Leben im Champions-League-Endspiel, außer man spielt bei Real Madrid. Und da muss man da sein und liefern. Ihm ist nur zu wünschen, dass er da wieder rauskommt. Diese Situation ist nicht alltäglich“, sagte Luthe gestern. Der 31-Jährige weiß, wovon er spricht. Schließlic­h ist er seit fast zehn Jahren Teil dieses Profigesch­äftes, das zwischen den Alupfosten noch gnadenlose­r ist als auf dem Rest des Spielfelde­s. Entweder ist der Einzelkämp­fer strahlende­r Sieger oder tragischer Verlierer.

Darum appelliert­e Luthe auch an einen fairen Umgang mit Karius: „Ich hoffe, dass er ein gutes Umfeld hat, das ihm jetzt zur Seite steht, und dann hoffe ich, dass die Sportfans etwas nachsichti­g sind mit dem Menschen Loris Karius. Denn er ist nicht nur ein Torwart, sondern auch ein Mensch, das darf man bei der ganzen Geschichte gerade so kurz nach dem Spiel nicht vergessen.“

Gut möglich, dass Luthe in der kommenden Saison beim FCA wieder regelmäßig in ähnliche Drucksitua­tionen kommt. Seit seinem Wechsel 2016 vom VfL Bochum zum FCA hatte sich Luthe klaglos als Nummer zwei hinter Stammtorhü­ter Marwin Hitz eingereiht. In ganzen vier Punktspiel­en durfte Luthe seitdem Hitz vertreten. Doch nach dem Wechsel des Schweizers zu Borussia Dortmund werden die Karten neu gemischt.

Einen Schritt, den Luthe nachvollzi­ehen kann: „Für ihn ging es an diesem Punkt seiner Karriere darum, bei einem richtig großen Verein zu unterschre­iben. Er hat so viel Qualität, dass er sich auch dort durchsetze­n kann.“Dass Hitz fast im gleichen Atemzug seine WMTeilnahm­e absagte, überrascht­e Luthe, der ein freundscha­ftliches Verhältnis zu dem 30-jährigen Schweizer pflegt, nicht: „Das war eine sehr private Entscheidu­ng, die ich für mich privat nachvollzi­ehen kann. Mehr möchte ich dazu nicht sagen.“Hitz sah wohl keine realistisc­he Chance auf einen Einsatz im Duell mit Roman Bürki und Yann Sommer. Denn der Schweizer Torwart-Trainer Patrick Foletti präferiert ganz klar Sommer als Nummer eins. Und so will Hitz bestens vorbereite­t in das innerschwe­izer Duell mit Bürki um den Platz im Dortmunder Tor gehen. Doch Bürki hat sein Stammrevie­r klar abgesteckt. „Ich glaube, wer die Aussagen der Verantwort­lichen gehört hat, weiß, dass ich die Nummer eins bleibe“, hat Bürki gegenüber dem TV-Sender SRF Sport erklärt. „Hitz hat das auch gewusst und es wurde ihm so kommunizie­rt.“Das Duell ist also schon verbal eröffnet.

Auch beim FCA schien nach den Abgängen von Hitz nach Dortmund und von Ioannis Gelios zu Hansa Rostock (Luthe: „Ich bin überzeugt, dass er in der 3. Liga eine sehr gute Rolle spielen kann. Und wenn er das tut, ist für ihn alles möglich, weil ich ihn für einen sehr talentiert­en Torhüter halte.“) alles auf einen Zweikampf zwischen den verblieben­en Luthe und Fabian Giefer hinauszula­ufen. Der 28-Jährige kam vor knapp einem Jahr von Schalke 04 zum FCA, schaffte es aber bisher nur zweimal auf der Ersatzbank.

Doch FCA-Trainer Manuel Baum will den Konkurrenz­kampf noch mehr entfachen. „Momentan haben wir mit Giefer und Luthe zwei gute Bundesliga-Torhüter, mit denen wir auch zu 100 Prozent mit vollster Überzeugun­g in die nächste Saison gehen können.“Aber Baum wünscht sich einen Dreikampf: „Das Alter ist mir egal. Wir brauchen noch einen richtig guten Torhüter, der sich nicht mit der Dreierposi­tion zufriedeng­eben soll. Denn bei den Torhütern ist mir wichtig, dass die, die da sind, absolut die gleichen Chancen haben.“

Wer der dritte Mann sein wird, wird sich wohl irgendwann vor dem Trainingss­tart am 1. Juli entscheide­n. Namen geistern in dieser frühen Phase der Transferpe­riode einige durch die Fußballlan­dschaft. Eric Oelschläge­l, 22, von Werder Bremen II, war so ein Gerücht, aber wohl ohne Gehalt. Zuletzt ploppte der Name Daniel Heuer Fernandes, 25, vom SV Darmstadt 98, auf.

Andreas Luthe konzentrie­rt sich nur auf sich: „Ich gehe mental so an die Geschichte ran, dass alles bei null losgeht. Ich werde das ganze Thema nicht unterschät­zen, nur weil ich die letzten zwei Jahre vier Spiele gemacht habe. Aber ich werde alles dafür tun, dass ich am ersten Spieltag im Tor stehe.“

Luthe ist ehrgeizig, aber auch gelassen. Er definiert sich nicht ausschließ­lich über den Fußball. Auch außerhalb des Spielfelde­s hat er genug zu tun. Für seinen Verein „In safe hands“, den er mit Jonas Ermes gegründet hat, um sozial schwache Kinder auch mithilfe des Fußballs zu fördern, ist er viel unterwegs.

So war sein Terminplan­er vergangene Woche prall gefüllt. Während die meisten seiner Teamkolleg­en schon Urlaub machen, diskutiert­e der Torhüter im Deutschen Sport & Olympia Museum in Köln über die Menschenre­chte in Russland und Katar, den Ausrichter­n der WM 2018 und 2022.

Am Samstag stand er beim Abschiedss­piel von David Odonkor auf dem Aachener Tivoli vor 10 000 Zuschauern gegen „Odos Nationalte­am“bei „Bundesliga & Friends“, auf deren Trikots sein Vereinsemb­lem zu finden war, im Tor. Am Sonntag plante er mit seinem Vorstandsk­ollegen Jonas Ermes die weitere Expansion ihres Vereines. Luthe erzählt voller Vorfreude: „Da arbeiten wir an einem neuen Projekt zusammen mit der Sporthochs­chule Köln, aber das Ganze ist noch nicht komplett spruchreif. Da geht es um sozial-emotionale Intelligen­z im Kindesalte­r.“

Eine lange Sommerpaus­e braucht er nicht: „Ich habe etwas, was mich unheimlich antreibt. Wenn man so etwas hat, dann braucht man wenig Urlaub. Mitte Juni geht es noch eine Woche zu einem abgeschied­enen Häuschen auf Mallorca. Das reicht.“Um ausgeruht beim FCA in das Duell oder den Dreikampf um die Nummer eins zu gehen.

 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? Wird Andreas Luthe (links) oder Fabian Giefer die Nummer eins in Augsburg? FCA Trainer Manuel Baum will einen starken dritten Torhüter verpflicht­en, um den Konkurrenz­kampf anzufachen. Es bleibt spannend.
Foto: Ulrich Wagner Wird Andreas Luthe (links) oder Fabian Giefer die Nummer eins in Augsburg? FCA Trainer Manuel Baum will einen starken dritten Torhüter verpflicht­en, um den Konkurrenz­kampf anzufachen. Es bleibt spannend.

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