Koenigsbrunner Zeitung

Wer lässt hier wen im Regen stehen?

In Friedberg ist ein Tauziehen um Zuständigk­eiten zwischen DB, Investor und Stadt im Gange / Serie (5)

- VON MICHAEL EICHHAMMER

Friedberg

Das Schicksal des historisch­en Bahnhofsge­bäudes in Friedberg gleicht einem Tauziehen zwischen dem Inhaber und der Stadt. „Seit 2012 habe ich den Bahnhof, doch die Stadt hat mich sechs Jahre gekostet“, beklagt Eigentümer Christian Gumpp.

Der Stein des Anstoßes ist ein Kanal. Der ist laut

Gumpp zu klein, was bei Starkregen zu Überschwem­mungen führe und

Putz und Fassaden angreife, wie ein Gutachten bestätigt.

Die Stadt wehrt sich. Beide Seiten werfen sich gegenseiti­g vor, die Vorschläge für Gegenmaßna­hmen abgelehnt zu haben. „Wird ein Bahnhofsge­bäude verkauft, obliegt die zukünftige Nutzung dem Eigentümer“, so ein Bahnsprech­er auf unsere Anfrage. Es gibt allerdings eine Einschränk­ung: Benötigt die Bahn noch Teile der Immobilie, werden die Modalitäte­n gemeinsam mit dem Eigentümer geregelt.

Das ist in Friedberg der Fall: Im Erdgeschos­s schaltet und waltet ein Bahnmitarb­eiter am Pult. Ansonsten sind die Zuständigk­eiten unübersich­tlich: Der Bahnsteig gehört der Bahn, die gerade überlegt, wie sie den Bahnhof barrierefr­ei gestalten kann. Der Durchgang zu den Gleisen gehört dem privaten Eigentümer – ebenso der überdachte Unterstand. Auch der Umgriff des Gebäudes samt Fußweg auf der Seite zur Stadt hin ist im Besitz des in Friedberg wohnhaften Unternehme­rs, der in Königsbrun­n einen Kunststoff­großhandel betreibt.

Die Stadt wiederum ist verantwort­lich für den Verkehrskr­eisel sowie einen kleinen Parkplatz im Osten. Über den großen Parkbereic­h im Westen hat die Bahn die Hoheit, gestattete aber der Kommune, darauf einen Parkplatz zu errichten. Kein Wunder also, dass selbst die Beteiligte­n bisweilen nur Bahnhof verstehen. Abhilfe muss nun wohl ein Gerichtsve­rfahren schaffen. Dieses soll klären, ob der private Investor oder die Kommune hinsichtli­ch Gegenmaßna­hmen gegen Überschwem­mungen am Zug sind.

Bis dahin wird die Sanierung wohl auf Eis liegen. Das bedauern viele, denn herausgepu­tzt würde man erkennen, wie hübsch der Friedberge­r Bahnhof in seiner Blütezeit war. Heute erinnern nur noch die jugendstil­artigen Säulen am Unterstand daran. „Das Gebäude wurde 1870 im Schlössle-Stil gebaut, mit sieben Kaminzügen, das war etwas Besonderes“, schwärmt Gumpp. 1956 dann wurde das Empfangsge­bäude im jetzigen Stil umgebaut. Der Unternehme­r sagt, er habe die Immobilie gekauft, weil er die Vision „einer schönen neuen Nutzung“hatte. Im Grund wollen also beide Seiten das Gleiche. „Aus städtische­r Sicht wünschen wir uns, dass An- und Abreisende einen ordentlich­en Eindruck vom Bahnhofsge­bäude und dem direkten Umgriff bekommen“, sagt Frank Büschel, Sprecher der Stadt Friedberg. „Der Bahnhof ist immerhin eine Visitenkar­te unserer Stadt.“

Gumpps Idee einer gastronomi­schen Nutzung wurde abgelehnt, ebenso der Plan, das Obergescho­ss für Fremdenzim­mer zu nutzen. Zuletzt waren Flüchtling­sfamilien in dem Bau untergebra­cht. Nun werden die Räumlichke­iten vorbereite­t für eine Nutzung durch den Caritasver­band. Gemeinsam mit dem Vermieter wartet dieser auf die Nutzungsän­derungsgen­ehmigung, damit die Räume in Büros umgebaut werden können. Neue Fenster hat Gumpp bereits in Eigenregie installier­t. Aus denen hat man vielleicht irgendwann einen klaren Blick auf die Zukunft des Bahnhofs.

 ?? Foto: Michael Eichhammer ?? Der historisch­e Charme am Friedberge­r Bahnhof täuscht darüber hinweg, dass um die Zukunft des Empfangsge­bäudes hart gestritten wird.
Foto: Michael Eichhammer Der historisch­e Charme am Friedberge­r Bahnhof täuscht darüber hinweg, dass um die Zukunft des Empfangsge­bäudes hart gestritten wird.

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