Wer lässt hier wen im Regen stehen?
In Friedberg ist ein Tauziehen um Zuständigkeiten zwischen DB, Investor und Stadt im Gange / Serie (5)
Friedberg
Das Schicksal des historischen Bahnhofsgebäudes in Friedberg gleicht einem Tauziehen zwischen dem Inhaber und der Stadt. „Seit 2012 habe ich den Bahnhof, doch die Stadt hat mich sechs Jahre gekostet“, beklagt Eigentümer Christian Gumpp.
Der Stein des Anstoßes ist ein Kanal. Der ist laut
Gumpp zu klein, was bei Starkregen zu Überschwemmungen führe und
Putz und Fassaden angreife, wie ein Gutachten bestätigt.
Die Stadt wehrt sich. Beide Seiten werfen sich gegenseitig vor, die Vorschläge für Gegenmaßnahmen abgelehnt zu haben. „Wird ein Bahnhofsgebäude verkauft, obliegt die zukünftige Nutzung dem Eigentümer“, so ein Bahnsprecher auf unsere Anfrage. Es gibt allerdings eine Einschränkung: Benötigt die Bahn noch Teile der Immobilie, werden die Modalitäten gemeinsam mit dem Eigentümer geregelt.
Das ist in Friedberg der Fall: Im Erdgeschoss schaltet und waltet ein Bahnmitarbeiter am Pult. Ansonsten sind die Zuständigkeiten unübersichtlich: Der Bahnsteig gehört der Bahn, die gerade überlegt, wie sie den Bahnhof barrierefrei gestalten kann. Der Durchgang zu den Gleisen gehört dem privaten Eigentümer – ebenso der überdachte Unterstand. Auch der Umgriff des Gebäudes samt Fußweg auf der Seite zur Stadt hin ist im Besitz des in Friedberg wohnhaften Unternehmers, der in Königsbrunn einen Kunststoffgroßhandel betreibt.
Die Stadt wiederum ist verantwortlich für den Verkehrskreisel sowie einen kleinen Parkplatz im Osten. Über den großen Parkbereich im Westen hat die Bahn die Hoheit, gestattete aber der Kommune, darauf einen Parkplatz zu errichten. Kein Wunder also, dass selbst die Beteiligten bisweilen nur Bahnhof verstehen. Abhilfe muss nun wohl ein Gerichtsverfahren schaffen. Dieses soll klären, ob der private Investor oder die Kommune hinsichtlich Gegenmaßnahmen gegen Überschwemmungen am Zug sind.
Bis dahin wird die Sanierung wohl auf Eis liegen. Das bedauern viele, denn herausgeputzt würde man erkennen, wie hübsch der Friedberger Bahnhof in seiner Blütezeit war. Heute erinnern nur noch die jugendstilartigen Säulen am Unterstand daran. „Das Gebäude wurde 1870 im Schlössle-Stil gebaut, mit sieben Kaminzügen, das war etwas Besonderes“, schwärmt Gumpp. 1956 dann wurde das Empfangsgebäude im jetzigen Stil umgebaut. Der Unternehmer sagt, er habe die Immobilie gekauft, weil er die Vision „einer schönen neuen Nutzung“hatte. Im Grund wollen also beide Seiten das Gleiche. „Aus städtischer Sicht wünschen wir uns, dass An- und Abreisende einen ordentlichen Eindruck vom Bahnhofsgebäude und dem direkten Umgriff bekommen“, sagt Frank Büschel, Sprecher der Stadt Friedberg. „Der Bahnhof ist immerhin eine Visitenkarte unserer Stadt.“
Gumpps Idee einer gastronomischen Nutzung wurde abgelehnt, ebenso der Plan, das Obergeschoss für Fremdenzimmer zu nutzen. Zuletzt waren Flüchtlingsfamilien in dem Bau untergebracht. Nun werden die Räumlichkeiten vorbereitet für eine Nutzung durch den Caritasverband. Gemeinsam mit dem Vermieter wartet dieser auf die Nutzungsänderungsgenehmigung, damit die Räume in Büros umgebaut werden können. Neue Fenster hat Gumpp bereits in Eigenregie installiert. Aus denen hat man vielleicht irgendwann einen klaren Blick auf die Zukunft des Bahnhofs.