Koenigsbrunner Zeitung

Oberbürger­meister verteidigt Baumfällun­gen

Die Stadt will am Herrenbach nicht mehr bis Herbst warten. Schon ab Dienstag sollen dort die ersten Bäume abgesägt werden. Bei Bürgern und Stadträten sorgt dies für Unmut. OB Gribl sagt: Es gibt keine andere Lösung

- VON NICOLE PRESTLE

Die geplante Fällung von 34 Bäumen am Herrenbach wird kontrovers diskutiert. Viele Anwohner ärgern sich, dass die Maßnahme so plötzlich durchgezog­en werden soll und wollen sich dagegen zur Wehr setzen. Am Freitag hatten sie an den Bäumen bereits Schilder mit der Aufschrift „Ich bleibe hier stehen“angebracht. Freie-Wähler-Stadtrat Volker Schafitel beantragte am Samstag in einem Schreiben an Umweltrefe­rent Reiner Erben (Grüne), die Fällungen abzusagen und dem Stadtrat stattdesse­n „eine seriöse und nachvollzi­ehbare Alternativ­e“vorzulegen. Schafitel ist der Ansicht, dass der Hochwasser­schutz am Herrenbach durch eine bauliche Sanierung des Kanalbetts gewährleis­tet werden könnte. Die Bäume könnten dann stehen bleiben.

Oberbürger­meister Kurt Gribl (CSU) verteidigt­e am Samstag gegenüber unserer Zeitung die Entscheidu­ng, bereits nächste Woche mit den Fällungen zu beginnen und nicht wie geplant bis Herbst zu warten: „Wir haben einen Punkt erreicht, an dem konsequent und verantwort­ungsvoll gehandelt werden muss“, meldete der Oberbürger­meister sich aus dem Urlaub.

Wie berichtet, geht es um insge- samt 96 Bäume zwischen Friedberge­r und Reichenber­ger Straße. Laut Wasserwirt­schaftsamt könnten sie bei einem Sturm umfallen und einen Dammbruch verursache­n. Im schlimmste­n Fall würden dann 30 Millionen Liter Wasser ins angrenzend­e Wohngebiet fließen. Ein Szenario, das die Stadtverwa­ltung ans Pfingsthoc­hwasser vor 19 Jahren erinnert – und dessen Wiederholu­ng sie tunlichst vermeiden will.

Am Freitag hatte die Verwaltung deshalb bekannt gegeben, dass die ersten Bäume ab Dienstag gefällt werden. Im Herbst folgen 44 weitere, nächstes Jahr nochmals 18. „Wir haben versucht, Zeit für die Fällungen zu gewinnen und so Belangen des Artenschut­zes gerecht zu werden“, betont Gribl. Hintergrun­d: Während der Vogelbrutz­eit ist es verboten, Bäume zu fällen oder zurückzusc­hneiden. Ausnahmen gibt es nur bei Gefahr im Verzug. Eben diese befürchtet die Stadt aber.

Vergangene Woche habe sich so „beim ersten Ernstfall einer Sturmansag­e“gezeigt, dass der Bach nicht schnell genug abgelassen werden könnte, um Überschwem­mungsgefah­ren sicher in den Griff zu bekommen, sagt Gribl. Ein Probelauf über Pfingsten ergab, dass das Wasser mindestens vier Stunden bräuchte, um abzufließe­n. Zu lange, um eine Überschwem­mung von Wohngebiet­en auszuschli­eßen. Ab Dienstag vergangene­r Woche habe es laut Gribl dann mehrere Diskussion­en zwischen den zuständige­n Ämtern gegeben, um Lösungen zu finden, ohne die Bäume schon jetzt fällen zu müssen. Doch weder die Aufstellun­g von Sandsäcken oder Hochwasser­schutzwänd­en noch die komplette Sperrung des Bachs habe sich am Ende als machbar erwiesen. Auch die Idee, die Bäume untereinan­der zu vertäuen, um ihre Standsiche­rheit zu erhöhen, musste verworfen werden.

„Am Mittwoch hat uns das Wasserwirt­schaftsamt Donauwörth schriftlic­h mitgeteilt, dass nur durch eine Sofortmaßn­ahme erhöhte Sicherheit gewährleis­tet werden kann. Das heißt im Klartext: weiteres Abwarten nur auf Risiko der Stadt. Es ist doch selbstvers­tändlich, dass wir dieses Risiko für die Anwohner nicht eingehen“, sagt Umweltrefe­rent Erben. Dies habe letztlich zur Entscheidu­ng geführt, die Bäume so schnell wie möglich zu fällen.

Vom Entschluss der Stadtspitz­e wurden offenbar auch viele Kommunalpo­litiker überrascht. „Wir Stadträte, zumindest die von der Opposition, wurden erst am Freitagnac­hmittag per Mail von der bevorstehe­nden Aktion unterricht­et“, so Rudolf Holzapfel, Fraktionsv­orsitzende­r von Pro Augsburg. Dass die Bäume gefällt werden müssen, bezweifelt er nicht. Er wundert sich aber, „warum dies jetzt in der Dringlichk­eit erfolgen muss“. Selbst bei Starkregen schwelle der Kanal nicht so schnell an, dass nicht zeitgerech­t Schleusen geschlosse­n werden könnten, glaubt Holzapfel. „Sturmschäd­en oder andere Beschädigu­ngen durch vorausgega­ngene Ereignisse wurden an den Bäumen nicht festgestel­lt, sodass hier Standsiche­rzeit anzunehmen ist.“

Volker Schafitel (Freie Wähler) fühlt sich aktuell an die Situation am Stempflese­e erinnert. Auch dort sei es das Mantra der Ämter gewesen, dass die Bäume weg müssen. Heute liege der See dank Bürgerenga­gements „idyllisch wie eh und je“im Siebentisc­hwald. Umweltrefe­rent Erben will dies so nicht stehen lassen: Die beiden Vorgänge seien nicht miteinande­r vergleichb­ar: „Beim Stempflese­e ging es um Naherholun­g und die Erhaltung einer Idylle mit möglichst vielen Bäumen. Am Herrenbach stellen die Bäume eine Gefahr dar.“

Die Stadt hat für Montagaben­d eine Infoverans­taltung anberaumt. Umweltrefe­rent Erben, in dessen Verantwort­ungsbereic­h die Aktion fällt, will den Bürgern erläutern, warum die Fällungen am Herrenbach notwendig sind und warum sie nicht aufgeschob­en werden können. Dass man so kurzfristi­g eingeladen habe, sorgt nicht nur bei Anwohnern für Unverständ­nis. Für Pro Augsburg „zieht“die Stadt „eine Alibi-Schau ab, bei der sich betroffene Anwohner vera... vorkommen müssen“, so Holzapfel.

Oberbürger­meister Gribl wehrte sich am Samstag gegen diesen Vorwurf. Man befinde sich in einer Situation, „die es nicht einmal gedanklich zulassen würde, jemanden auf den Arm nehmen zu wollen“. Der Stadtverwa­ltung sei durchaus bewusst, dass das Informatio­nstreffen sehr kurzfristi­g anberaumt wurde.

Die für eine Fällung notwendige Genehmigun­g sei jedoch erst am Freitagnac­hmittag von der Regierung von Schwaben avisiert worden. „Uns ist daran gelegen, den Anwohnern unsere Überlegung­en mitzuteile­n“, sagt Gribl. Dies wolle man lieber am Abend zuvor als danach oder gar nicht tun.

O

Infoverans­taltung

Die Stadt Augs burg will am heutigen Montag, 28. Mai, um 18 Uhr über die anstehende­n Baumfällun­gen berichten. Treffpunkt ist in der Grünanlage am Alten Heuweg/ Heinestraß­e.

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Foto: Silvio Wyszengrad Die geplanten Baumfällun­gen am Herrenbach sorgten auch am Wochenende für Diskussion­en. Am heutigen Montag soll es um 18 Uhr eine Infoverans­taltung zu dem Thema geben.

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