Koenigsbrunner Zeitung

Der älteste Fischacher Verein setzt auf Werte

Die Corpus-Christi-Bruderscha­ft widmet sich seit 350 Jahren der Verehrung Jesu in der heiligen Kommunion

- VON SIEGFRIED P. RUPPRECHT

Fischach Rund drei Jahrhunder­te war die Corpus-Christi-Bruderscha­ft in Fischach ein elitärer Zirkel. Die Aufnahme in die Glaubens- und Weggemeins­chaft galt nicht für Mann und Frau in gleicher Weise. Erst vor einigen Jahrzehnte­n kamen die Mitglieder zu der Überzeugun­g, dass eine reine Männervers­ammlung nicht mehr zeitgemäß sei. Sie machten damit den Weg generell für Frauen frei. Jetzt feiert die CorpusChri­sti-Bruderscha­ft ihr 350-jähriges Bestehen. Damit ist die Organisati­on der älteste Verein Fischachs.

Das Jubiläum sei kein Grund, sich auf alten Lorbeeren auszuruhen, meint Vorsitzend­er Roland Hilgart. „Vielmehr müssen die Wurzeln gepflegt werden.“Gleichzeit­ig gelte es, Form und Gestalt der Bruderscha­ft immer wieder behutsam neu zu beleben, nicht zuletzt unter dem Aspekt der gesellscha­ftlichen Entwicklun­gen, ergänzt Pfarrer Sebastian Nößner. „Wir machen auf die christlich­en Werte aufmerksam und bieten eine enge Gemeinscha­ft“, verdeutlic­ht Hilgart.

Die Bruderscha­ft wurde am 5. Juni 1668 zur besonderen Verehrung Jesu in der heiligen Kommunion aus der Taufe gehoben. Ein entscheide­nder Faktor für die Gründung war der katastroph­ale Zeitumstan­d. Der Dreißigjäh­rige Krieg lag nur zwei Jahrzehnte zurück. Hinzu kam die Pest, die ein Drittel der Bevölkerun­g hingerafft hatte. Verrohung und Glaubenssc­hwund hatten sich nach dem Kriegsende 1648 ausgebreit­et. Die Sitten waren verwildert, die Städte und Dörfer verwüstet. „Es war den Menschen ein Anliegen, dass sich ein solches Elend nicht wiederhole­n und die Gegenwart sich bessern möge“, resümiert Pfarrer Sebastian Nößner. Gleichzeit­ig besannen sich die Bürger aus dieser Not heraus neu auf das Heil in Jesus Christus und seiner Anwesenhei­t im Sakrament des Altars.

Nößner verweist nicht nur auf das damalige Elend, sondern auch auf theologisc­he Gründe: „Die Reformator­en haben zu jener Zeit den Glauben an die andauernde Gegenwart Jesu in der heiligen Kommunion infrage gestellt.“Die Schweizer Johannes Calvin und Huldrych Zwingli lehnten beispielsw­eise jede Art der Realpräsen­z Christi ab und ließen die Kommunion nur symbolisch gelten.

Die katholisch­e Seite antwortete damals umgehend. „Es setzte eine Welle der Verehrung der heiligen Kommunion auch außerhalb der Messe ein“, erinnert Nößner. Damit sei verdeutlic­ht worden, dass Jesus in dem gewandelte­n Brot dauerhaft unter den Gläubigen bleibe. Für dieses Anliegen machte sich in Fischach Pfarrer Ulrich Retsch stark. Er forderte dort eine CorpusChri­sti-Bruderscha­ft wie in der Augsburger Pfarrei Heilig Kreuz. Dem Ersuchen wurde am 5. Juni 1668 stattgegeb­en. Bereits einen Monat später feierte das Dorf zum ersten Mal das Bruderscha­ftsfest mit einer großen Prozession. Unter Retschs Nachfolger Andreas Lacher nahm der Zusammensc­hluss einen gewaltigen Aufschwung. 1676 zählte er über 800 Mitglieder aus 92 Ortschafte­n. Sogar Augsburger Bürger traten bei.

Eine neue Belebung fand die Bruderscha­ft unter Pfarrer Alfons Mack in den 1950er- bis 1980er-Jahren. „Er und Kirchenpfl­eger Georg Müller haben sich dafür nachhaltig eingesetzt“, blickt Hilgart zurück. Heute umfasst die Bruderscha­ft circa 280 Mitglieder. „Sie kommen vorwiegend aus Fischach“, informiert Roland Hilgart. Das Grundanlie­gen der Bruderscha­ft sei trotz der Aufnahme von Frauen stets gleich geblieben. Denn noch immer stelle die Verehrung der Eucharisti­e außerhalb der heiligen Messe einen unschätzba­ren Wert für das Leben der Kirche dar, resümiert er. Mehr als früher in den Mittelpunk­t gerückt sei jedoch das soziale Miteinande­r. Ins gleiche Horn stößt Pfarrer Sebastian Nößner. Die Kirche definiere sich im sozialen Dienst am Nächsten, aber auch in Gemeinscha­ft, Liturgie und Verkündigu­ng. Bei diesen vier Säulen setze auch nachhaltig die Bedeutung der Corpus-Christi-Bruderscha­ft ein.

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Fotos: Siegfried P. Rupprecht Pfarrer Sebastian Nößner (links), Bru derschaft Verantwort­licher Roland Hil gert (rechts) und sein Stellvertr­eter Mar tin Eichele widmen sich der Verehrung Jesu in der heiligen Kommunion.

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