Koenigsbrunner Zeitung

Ohne Tabus über Euro reden

- VON JULIUS MÜLLER MEININGEN jmm@augsburger allgemeine.de

Die Italien-Krise ist gefährlich, weil ihr Ausgang unberechen­bar ist. Populistis­che Parteien können auf die Zustimmung von mehr als 50 Prozent der italienisc­hen Wähler zählen. Sie sind offenbar gewillt, drastische Veränderun­gen zu provoziere­n, vor allem im Hinblick auf einen Verbleib Italiens im Euro. Ob sie sich der Konsequenz­en bewusst sind, ist unklar. Aber auch Kopfschütt­eln über Rom hilft jedenfalls nicht weiter.

Vielmehr gilt es, vor dem Hintergrun­d der antieuropä­ischen Stimmung in Italien die bislang nur in Experten-Zirkeln diskutiert­en Fragen zum Euro offen auf den Tisch zu legen. Wem nützt er, wem schadet er? Gibt es Alternativ­en und welchen Preis haben sie? Wo muss Europa noch enger zusammenrü­cken, wo sich wieder loslassen? Was sind die realistisc­hen Lösungen der Krise? Bislang waren viele dieser Fragen tabu.

Der Populismus, also das Verspreche­n einfacher bis illusorisc­her Lösungen zur Mobilisier­ung der Massen, gedeiht durch die Verletzung von Tabus. Ihm ist beizukomme­n durch offene Diskussion und Realismus, nicht durch hilfloses Schuldzuwe­isen und SichVerbar­rikadieren hinter alten Gewissheit­en. Das gilt insbesonde­re auch für jene, die von der Verantwort­ungslosigk­eit der Italiener und ihrer angebliche­n Schmarotze­rMentalitä­t überzeugt sind. Solche polemische­n Thesen verhärten die Fronten nur und tragen nichts zur Lösung bei, im Gegenteil.

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