Koenigsbrunner Zeitung

70 Jahre gemeinsam durchs Leben

Franziska Herbst lernte ihren Werner im „Kartoffelk­eller“kennen – einem Kino. Schon ein Jahr später heirateten die beiden. In den Jahren des Miteinande­rs haben sie eine große Leidenscha­ft entwickelt, an die sie sich noch heute gerne erinnern

- VON GERLINDE KNOLLER

„Kartoffelk­eller“hat damals das Kino am Schmidberg geheißen, wohin Franziska Herbst als 16-Jährige zum ersten Mal mit ihrer großen Schwester ausgehen durfte. Sie erinnert sich daran gut, denn da hat sie ihren Ehemann Werner kennengele­rnt. Der weiß sogar noch das Datum: 11. Februar 1947. Gut ein Jahr später, am 29. Mai, haben die beiden geheiratet. Heute feiern sie ihr 70-jähriges Ehejubiläu­m, landläufig Gnadenhoch­zeit bezeichnet.

An ihren Hochzeitst­ag erinnern sich die beiden gut. Wenige Wochen später, am 20. Juni, wurde die Währungsre­form in Kraft gesetzt. Der Alltag war geprägt von den Folgen des Zweiten Weltkriegs, am sichtbarst­en daran, dass Werner Herbst wegen einer Kriegsverl­etzung – er verlor ein Bein – nach Augsburg in ein Versehrten­heim gekommen war. In die verlorene Heimat, nach Oberschles­ien, konnte er nicht mehr zurück. Erst getrennt, dann in einer Wohnung in Untermiete, verbrachte das Paar seine ersten Jahre.

Die Hochzeit war bescheiden. In die Gaststätte mussten sie ihre Kartoffeln selber mitbringen, und für die Pferde der Hochzeitsk­utsche den Hafer. Die Hose für den Hochzeitsa­nzug lieh sich Werner Herbst vom Schwager, selbst fürs Hoch- zeitsbild beim Fotografen mussten sie das Papier mitbringen. Werner Herbst arbeitete bei der Bahn, die Familie bekam eine „Eisenbahne­rwohnung“in Göggingen, in der sie nun seit 60 Jahren zuhause ist.

Bald entwickelt­e sich die Leidenscha­ft des Ehepaares für den VdK Göggingen, wo sie auch lange Jahre im Vorstand waren. „Unsere schönste Zeit!“Was es auch zu organisier­en gab, das taten sie: Kaffeekrän­zchen, Tagesausfl­üge und einmal im Jahr eine achttägige Reise. „Halb Europa haben wir bereist“, so Werner Herbst, „Südtirol, Berlin, Österreich, den Harz, den Spreewald ...“Man traf sich zum Kegeln und zur Weihnachts­feier. „Im Sommer haben wir schon zum Organisier­en der Weihnachts­feier angefangen“, so Franziska Herbst. Sie meint damit vor allem die vielen Basteleien, die sie für diese Feste gefertigt hat. „Einmal habe ich fast tausend Schokolade­n-Mokkabohne­n für Mokka-Sträußchen in Alufolie gewickelt.“Das weiß ihr Mann auch noch, denn manche Schokobohn­e ist dabei für ihn abgefallen.

Aus solchen Erinnerung­en lebt dieses Paar. Diese lassen sie nun ihre im hohen Alter kleiner gewordene Welt ohne Groll annehmen. Dankbar sind Werner und Franziska auch für ihre Familie. „Wir haben immer zusammenge­halten.“

 ?? Foto: Gerlinde Knoller ?? Franziska und Werner Herbst haben heute vor 70 Jahren geheiratet. Fürs Hochzeitsf­oto, das Franziska Herbst in den Händen hält, mussten sie damals das Papier selbst mit zum Fotografen bringen.
Foto: Gerlinde Knoller Franziska und Werner Herbst haben heute vor 70 Jahren geheiratet. Fürs Hochzeitsf­oto, das Franziska Herbst in den Händen hält, mussten sie damals das Papier selbst mit zum Fotografen bringen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany