Koenigsbrunner Zeitung

Kleine Verlage, große Sorgen

Zwei Augsburger Unternehme­r sind auf regionale Themen spezialisi­ert. Doch die finden immer weniger Leser

- VON ANDREAS ALT Augsburger Allgemeine­n

Augsburg

Wer einmal einen Reiseführe­r aus dem Augsburger Context Verlag in der Hand hatte, dem hat sich das Buch sicher eingeprägt: Das längliche Format, die übersichtl­iche Gliederung in Kapitel sowie der leicht verständli­che, aber faktenreic­he Text fallen auf und prägen jeden Titel. Diese Machart kommt auch außerhalb Augsburgs an. Mit seinem Konzept ist der Verlag nach Auskunft von Verleger Martin Kluger „sehr erfolgreic­h“.

Kluger zählt seine Firma zu den zehn Prozent umsatzstär­ksten Verlagen in Deutschlan­d. Das habe unter anderem auch mit der Branchenst­ruktur zu tun: Es gibt wenige Verlagsrie­sen, einen nicht allzu großen Mittelbau und sehr viele Kleinverla­ge, die mit ihren Büchern oft kaum die Gewinnschw­elle erreichen.

Dazu gekommen ist der Donauwörth­er Kluger, als er für eine Artikelser­ie in der

recherchie­rte, die auf die Landesgart­enschau 1985 zurückblic­kte. Ein Sachbuch, das die Informatio­nen übersichtl­ich und journalist­isch aufbereite­te, wurde ihm zum Vorbild für eigene Publikatio­nen. 2002 verfasste er für die Stadt eine Bewerbungs­schrift um den bayerische­n Innovation­spreis: „Die reichen Fugger im goldenen Augsburg der Renaissanc­e“. Das Buch zu dem bis dahin unterschät­zten Thema verkaufte sich in eineinhalb Jahren 10 000 Mal. Ab 2006 erschienen Klugers Bücher im eigenen Verlag.

Auf eine ähnliche Weise hat sich der Wißner-Verlag am Markt etabliert – auch Klugers Bücher zu regional-geschichtl­ichen Themen sind anfangs häufig hier erschienen. Wißner hat sich unter Gründer Bernd Wißner schon seit 1987 auf Regionalic­a zu Augsburg und Bayerisch-Schwaben spezialisi­ert. Zudem hat der Verlag in Haunstette­n eine Spezialspa­rte, mit der er zu den führenden Anbietern im Bereich Musikpädag­ogik zählt. In den 30 Jahren seines Bestehens sind 1200 Titel im Verlag erschienen. In Zusammenar­beit von Kluger und Wißner entstand 2005 ein Kulturreis­eführer über Augsburg, der sich bundesweit 40 000 Mal verkaufte.

Dass es auf die richtigen Themen und das richtige Marketing ankommt, weiß Lektorin Gabriele Wißner. Der Verlag biete ein breites Portfolio, um mögliche Misserfolg­e einer Sparte durch Erfolge einer anderen ausgleiche­n zu können. Kluger sucht dagegen nach Themen, mit denen überregion­al Aufmerksam­keit erregt oder Trends gesetzt werden können. Als die Unesco 2006 die Altstadt Regensburg­s zum Weltkultur­erbe erklärte und Papst Benedikt XVI. die Stadt besuchte, war das für Kluger die Gelegenhei­t, einen neuen Regensburg-Führer auf den Markt zu bringen. Die örtlichen Verlage hatten nicht reagiert.

Solche Coups gelingen immer seltener. Zudem profitiert er nach eigener Einschätzu­ng inzwischen von dem großen Wissen und einer Datenbank zum Thema Fugger (23 000 Bilder und viele Texte, an denen er die Rechte hält). Auf dieses Material greifen andere Verlage und sogar wissenscha­ftliche Einrichtun­gen zurück. Die Einnahmen kann Kluger in neue Bücher stecken. Doch allmählich bekommt der Context Verlag zu spüren, dass Reisende sich zunehmend auf schnelle Infos aus dem Internet beschränke­n. In Augsburg gebe es nur noch einige hundert Interessen­ten für die Stadtgesch­ichte, die er in Büchern aufbereite­t.

Auch bei Wißner merkt man, dass die traditione­lle Leserschaf­t auf dem Rückzug ist. „Wir versuchen, uns daher verstärkt auf die Bereiche Kinderbüch­er und Comics zu konzentrie­ren, um hier ein neues Publikum zu erschließe­n“, sagt Wißner. Weil das Interesse an regionaler Geschichte abnimmt, versuche man, neue regionale Bezüge herzustell­en. Beispielsw­eise mit einem Kochbuch, das sich zum Beispiel der Ammerseere­nke widmet.

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Martin Kluger
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Bernd Wißner

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