Eine Baustelle für die Natur
Die Stadt Augsburg und der Landschaftspflegeverband schaffen im Osten von Bannacker das größte Artenschutzprojekt der Region. Sie hoffen, dass sich dadurch auch die Tierwelt in einigen Jahren wieder vielfältiger entwickelt
Wer derzeit im Osten von Bannacker über die Felder läuft, sieht große Baumaschinen, die den Boden aufreißen, an einer Stelle Vertiefungen schaffen und an anderer kleine Hügel aufschichten. Hier wird nicht ein neues Gewerbegebiet auf der grünen Wiese geplant, sondern das derzeit größte Naturschutzprojekt in der Region verwirklicht. „Bauherr“ist die Stadt Augsburg, die auf einer Fläche von 22 Hektar neue Lebensräume für geschützte Pflanzen und Tiere schafft.
„Von Wüste bis zu Tropen haben wir hier alle Landschaften“, scherzt Nicolas Liebig vom Landschaftspflegeverband. Das Gelände wird so umgestaltet, dass völlig unterschiedliche Ökosysteme entstehen können – von kleinen Weihern und Sumpfgebieten bis zu knochentrockenen Hochplateaus. Der Landschaftspflegeverband wird für das Gelände zuständig sein, wenn es die Natur erst einmal in Besitz genommen hat.
Bis dahin ist Armin Bauer vom Amt für Grünordnung Architekt der neuen Landschaft. Er ist froh, dass das Projekt jetzt endlich durchgeführt werden kann – erste Planungen dazu gab es schon 2003. Auf dem Gebiet am Moosgraben fasst die Stadt Ausgleichsverpflichtungen zusammen, die in den letzten Jahren bei großen Bauprojekten für gefällte Bäume und versiegelten Boden zusammengekommen sind. So werden laut Liebig hier unter anderem Verpflichtungen aus dem Bau des FCAStadions und des Augsburger Klini- erfüllt. „Im Grunde ahmen wir hier eine Flusslandschaft nach und werten die Fläche dadurch ökologisch auf“, erklärt Landschaftsarchitekt Bauer.
Rinnen, die hier früher einmal verliefen, werden wieder freigelegt, an einigen Stellen kommt Kies zum Vorschein, an anderen stoßen die Bagger auf festen Lehm. „Die Landschaft wird auf- und abgetragen“, so Bauer. Auf diese Weise entkums stehe eine große Standortvielfalt, was der Natur zugutekäme. An einer Stelle ist bereits ein kleiner Teich entstanden, der später einmal als Tiertränke und Brutstätte für Frösche und Amphibien dienen soll.
Ein wichtiger Aspekt des Projektes ist die Beweidung, sagt Nicolas Liebig. 70 Prozent von Rinder- oder Pferdedung werden in Insektenmasse umgewandelt, weiß der Landschaftspfleger. Und Insektenreichtum bedeute auch einen größeren Reichtum an Vögeln, weil diese auf eiweißreiche Nahrung angewiesen seien. „Ich gehe davon aus, dass es hier einmal Feldlerchen, Kiebitze und Rebhühner geben wird, lauter Arten, die auf der Roten Liste stehen“, betont Liebig. Sein Kollege Bauer ergänzt: „Überall wird vom Insektensterben berichtet – in Augsburg gehen wir einen großen Schritt, um den Insektenreichtum zu erhalten.“
Auf der Fläche soll künftig eine Herde Mutterkühe mit ihren Jungen grasen. Eine Bio-Landwirtin aus Inningen wird die Tiere in Absprache mit dem Landschaftspflegeverband dort halten. Mutterkuhhaltung bedeutet, dass die Kälber zusammen mit ihren Müttern auf der Weide bleiben dürfen und dort auch gesäugt werden. Das Fleisch der Tiere werde dann im Hofladen vermarktet, so Liebig.
Bis die Natur das Gebiet zurückerobert haben wird, können noch zwei bis drei Jahre vergehen, glaubt Bauer. Die Pflanzenauswahl wird man nicht ganz der Natur überlassen – der Landschaftspflegeverband wird besondere Wiesensaatmischungen ausbringen, um von Anfang an eine hohe Pflanzenvielfalt zu haben.
Doch schon jetzt, zwischen den Baumaschinen sieht man eine Vielzahl von Wiesenblumen, wie sie heute nur noch selten zu finden sind. Auch die Feldgrille – heute am Stadtrand ein seltener Gast – hat das Gebiet bereits in Beschlag genommen und gibt zwischen den Baufahrzeugen erste Konzerte.