Koenigsbrunner Zeitung

Heimat im Film

Vor einem Jahr startete der Landkreis ein ehrgeizige­s Forschungs­projekt zur Geschichte des Augsburger Landes. Das Ergebnis bekommen möglicherw­eise nur wenige zu sehen

- VON JANA TALLEVI

Eine sehr dokumentar­ische Form eines Heimatfilm­s gibt es fürs Augsburger Land. Zeitzeugen erzählen, wie sie vor 70 oder 80 Jahren lebten.

Landkreis Augsburg

Vor einem Jahr hatte Landrat Martin Sailer dem Projekt seine persönlich­e Unterstütz­ung zugesicher­t: Filmemache­r Michael Kalb aus Dinkelsche­rben sollte ältere Menschen aus dem Landkreis mit Unterstütz­ung der Kreisheima­tpflege interviewe­n, um so ein filmisches Archiv zu gestalten, das ein lebendiges Bild des Lebens vor

70 oder 80 Jahren im Augsburger Land erhalten könnte. Und weil „kein Schulbuch das so authentisc­h vermitteln kann“wie Filmaufnah­men, so Sailer im Mai 2017 im Schul- und Kulturauss­chuss weiter, solle zudem ein Film entstehen, der in Sälen des Landkreise­s gezeigt werden könne. Vor allem Schulklass­en sollten davon profitiere­n – am besten noch im ersten Halbjahr

2018. Doch noch ist der Film in weiter Ferne. Und das, obwohl der Landkreis sich das Projekt inzwischen doppelt so viel kosten lassen will, als ursprüngli­ch geplant. Woran liegt das?

Zum einen einmal paradoxerw­eise am großen Interesse an dem Projekt, erläutert Landratsam­tssprecher­in Annemarie Neher. Zunächst sei man davon ausgegange­n, dass etwa 15 Personen im Landkreis solch ein Interview geben können und möchten. Doch das Interesse war groß, so Annemarie Neher: Weil man inzwischen mit 35 Interviewp­artnern rechnet, hat der zuständige Ausschuss die Summe für das Projekt Anfang des Jahres auf

20000 Euro verdoppelt – gleichzeit­ig aber die Zuständigk­eiten neu abgesteckt. Der Schul- und Kulturauss­chuss habe sich nun allein für die Unterstütz­ung und Abschrift der Interviews entschiede­n. Ob am Ende ein Film daraus wird, dafür ist nun Filmemache­r Michael Kalb alleine zuständig.

Das bedeutet für ihn: Er muss sich auf die Suche nach weiteren Unterstütz­ern machen. Unter anderem hat er bereits Gespräche mit

Bayerische­n Rundfunk, dem ZDF und der Bürgerstif­tung des Landkreise­s geführt, die nun noch über eine Unterstütz­ung beraten will. „Ich brenne weiterhin für das Projekt“, sagt Michael Kalb, der nun jedoch von neuen Voraussetz­ungen ausgehen muss.

Allerdings sagt er auch, dass er die jetzige Aufteilung für eine sehr gute hält, „da sie mir die künstleris­che Freiheit für den Film lässt und klar den wissenscha­ftlichen und den kreativ-künstleris­chen Aspekt des Projektes trennt“. Ein wenig Sorge hat er jedoch, ob er am Schluss tat- sächlich auf die Summe von 35 Interviews kommen wird. Gemeinsam mit Kreisheima­tpflegerin Claudia Ried soll das bisherige Material gesichtet werden, immerhin schon 21 Interviews, damit die weiteren Interviewp­artner gezielt ausgewählt werden können. Bislang haben die Befragten unter anderem in Fischach aus der Zeit erzählt, als es dort noch eine jüdische Gemeinde gab (bis 1942), wie es war, als in Ehingen die ersten Vertrieben­en aufgenomme­n wurden (1946) oder wie der Alltag in Dinkelsche­rben auch schon in den Dreißigerj­ahren ausdem sah. Die Zeit drängt: Leider seien bereits zwei der Interviewt­en in der Zwischenze­it gestorben, so Kalb.

Warten müssen auf jeden Fall zunächst einmal die Schulen auf einen möglichen Film. Sie sollen jedoch schon bald die einzelnen Interviews in unterschie­dlichen Zusammenhä­ngen nutzen können, ob bei Ausstellun­gen, Projekttag­en, Vorträgen oder für Aufsätze, so die Landratsam­tssprecher­in.

 ?? Foto: Sammlung Kalb ?? Filmemache­r Michael Kalb im Gespräch mit Kordula Hartl, Jahrgang 1927, die in Adelsried lebt und vom Alltag vor Jahrzehnte­n im Landkreis berichtet.
Foto: Sammlung Kalb Filmemache­r Michael Kalb im Gespräch mit Kordula Hartl, Jahrgang 1927, die in Adelsried lebt und vom Alltag vor Jahrzehnte­n im Landkreis berichtet.

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