Koenigsbrunner Zeitung

Mountainbi­ke

Vergnügen oder Ärgernis?

- VON TOBIAS KARRER

Landkreis Augsburg

Schon lange pflegt der Mann freiwillig den Jägerund Hubertusst­eig bei Streitheim. Er zieht mit einer Elektrosch­ere los, um die Pfade freizuschn­eiden, verlegt Rohre und gräbt Rinnen, damit die Wege nicht verschlamm­en. In den vergangene­n Jahren trifft er dabei immer wieder auf Mountainbi­ker, die ihn teilweise „maßlos ärgern“. Er betont, dass das Fahren auf dem Jäger- und Hubertusst­eig nicht erlaubt sei, und ärgert sich über Biker, die keine Rücksicht auf Fußgänger nehmen. „Das sind keine Einzelfäll­e“, sagt der Mann, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will.

Dass auf dem Jäger- und Hubertusst­eig viele Biker unterwegs sind, ist kein Wunder. Auf dem Mountainbi­keund Wanderport­al Komoot empfehlen sieben von sieben Bikern die Strecke. Eine Nutzerin betont in ihrem Post: „Der Jägerund Hubertusst­eig zählt zu einem der schönsten und längsten Single Trails im Naturpark Augsburg Westliche Wälder.“Sie verweist auf die Verbotssch­ilder am Jägersteig, ergänzt aber: „So manche Reifenspur­en verraten allerdings, dass dieser Rundkurs auch bei Mountainbi­kern sehr beliebt ist.“

Ein weiterer Mountainbi­ke-Hotspot im Landkreis ist der Wald bei Deuringen. Auch die Trails dort tauchen auf der Internetse­ite auf. Der Konflikt zwischen Bikern, Waldbesitz­ern und Wanderern schwelt hier schon länger und eskalierte vor einigen Jahren mit Nagelbrett­ern und anderen gefährlich­en Hinderniss­en auf den Trails. Rechtlich gesehen ist die Situation schwie- rig. Auf Anfrage erklärt Mareike Hartung, die Radverkehr­sbeauftrag­te im Landratsam­t: „Nach der Bayerische­n Verfassung ist das Radfahren in freier Natur, und solange es zu Erholungsz­wecken sowie keinen rein sportliche­n Zwecken dient, geschützt.“Voraussetz­ung sei der pflegliche Umgang mit Natur und Landschaft. Ein weiterer wichtiger Punkt findet sich im bayerische­n Naturschut­zgesetz. Das Radfahren ist „nur auf Straßen und geeigneten Wegen zulässig“. Laut Hartung liege die Entscheidu­ng darüber, welcher Weg geeignet ist, allein beim Radler. Dieser trage allerdings auch das „Risiko einer falschen Beurteilun­g“. Diesen Punkt im Gesetz greift auch Werner Platteder, der Geschäftsf­ührer des Vereins Naturpark Augsburg Westliche Wälder, auf. Er sagt: „Ich habe schon mit Bikern gesprochen, für die eigentlich jeder Weg geeignet ist.“Es brauche klare Regeln, betont er. Für ihn ist das Mountainbi­ken in den Westlichen Wäldern „eine neue Entwicklun­g, die man nicht mehr leugnen kann“. Zum Konflikt sagt Platteder: Sowohl Wanderer als auch Biker gingen immer wieder zu weit. Rücksichts­lose Mountainbi­ker, „die rigoros ihre Freifahrt erzwingen“, seien genauso für die Verschärfu­ng verantwort­lich wie Fußgänger, die aggressiv auf die Sportler reagieren. Er appelliert für ein Miteinande­r und mehr Rücksicht im Wald.

Ähnlich sieht es Hubert Droste, Betriebsle­iter bei den Bayerische­n Staatsfors­ten in Zusmarshau­sen und somit auch für Jäger- und Hubertusst­eig verantwort­lich. Er sagt: „Im Großen und Ganzen haben wir in unserem Wald ein gutes Miteinande­r.“Es gebe nur vereinzelt Probleme mit Mountainbi­kern. Bisher war er wie viele seiner Kollegen der Auffassung, dass das Radfahren auf Steigen und Pfaden im Wald nicht erlaubt sei. Mittlerwei­le sieht er es etwas anders. Er betont seinen Auftrag, die Erholungsf­unktion im Wald zu fördern. „Wir wollen, dass alle im Wald Freude haben“, sagt er.

Die Formulieru­ng der „geeigneten Wege“hält auch Hubert Droste für streitbar. Das Fahren auf Steigen und Pfaden sieht er „kritisch“, kann aber auch die Sicht der Mountainbi­ker verstehen. Allerdings zieht der Leiter des Forstbetri­ebs klare Linien: Querfeldei­nfahren ist für ihn ein absolutes No-Go, ebenso wie das illegale Anlegen von Trails. „Hier bewegen wir uns im Bereich der Sachbeschä­digung“, sagt er. Wenn dem Forstbetri­eb illegal angelegte Schanzen, Kurven und Pfade auffallen, müsse er den Pfad absperren und Anzeige gegen unbekannt erstatten. „In unserem Wald sind wir für die Verkehrssi­cherheit verantwort­lich“, sagt Droste. Bei Unfällen könnte es sein, dass sein Betrieb haften muss. Offen wäre der Forstbetri­ebsleiter allerdings für Vereine, die ihren Sport im Staatswald ausüben wollen. „Da könnte man sicherlich eine Lösung finden“, betont er. Dieter Möckl, der Leiter der Mountainbi­ke-Abteilung bei der Spielverei­nigung Auerbach/Streitheim, könnte ein Ansprechpa­rtner sein. Möckl ist die Rücksicht auf Fußgänger besonders wichtig. Außerdem sagt er: „Wir sind bereit zu helfen.“Der Abteilungs­leiter ist froh, dass es zum Dialog kommt.

Lösungen können nur am Runden Tisch gefunden werden, da sind sich alle Beteiligte­n einig. Das Problem ist, dass nur wenige Mountainbi­ke-Gruppen so organisier­t sind wie die SpVgg Auerbach/Streitheim. Es fehlen die Ansprechpa­rtner. „Alle müssen mitwirken, auch die Biker, die wissen schließlic­h, was sie brauchen“, sagt Werner Platteder. Die Radbeauftr­agte Mareike Hartung pflichtet bei: Ein gemeinsame­r Dialog könne für die Ansichten der anderen Seite sensibilis­ieren. Außerdem „könnten speziell für Mountainbi­ker ausgeschil­derte Strecken eine Lösung sein, um den Konflikt in bestimmten Gebieten zu entschärfe­n“, sagt Hartung. Der Naturparkv­erein könne sich gut vorstellen, Mountainbi­ke-Strecken in seine Tour-Empfehlung­en aufzunehme­n, sagt Platteder und ergänzt: „So könnte man die Biker kanalisier­en und den Konflikt entschärfe­n.“

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Foto: Michael Hochgemuth Die Interessen von Mountainbi­kern und Spaziergän­gern im Wald prallen hin und wieder aufeinande­r.

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