Koenigsbrunner Zeitung

FCA investiert in Beine und Steine

Finanzgesc­häftsführe­r Michael Ströll zeigt sich mit der aktuellen Entwicklun­g des FC Augsburg zufrieden. Wachstumsc­hancen sieht der 34-Jährige im TV-Geld. Was der Verbleib in der Bundesliga mit der Arena zu tun hat

- VON ROBERT GÖTZ

Wenn es um die Lizenzieru­ng geht, ist Michael Ströll altmodisch. Die Unterlagen fährt er immer persönlich nach Frankfurt. „Es ist mir einfach zu heikel, dass auf dem Postweg wichtige Dokumente verloren gehen könnten.“Und so packte der Geschäftsf­ührer Finanzen des FC Augsburg Anfang März einen prall gefüllten Aktenordne­r und ein Dokumentpa­ket der Wirtschaft­sprüfer ins Auto, um sie in der Zentrale der Deutschen Fußball-Liga (DFL) abzuliefer­n. Mit Erfolg, wie die übrigen 35 Bundesligi­sten erhielt Ende Mai auch der FCA seine Lizenz. Als Musterschü­ler. Ohne Bedingunge­n und ohne Auflagen.

„Es kann immer wieder die Situation geben, dass im März zum Beispiel im Nachwuchsb­ereich noch ein Trainer mit der notwendige­n Fußballleh­rer-Lizenz fehlt, weil ein auslaufend­er Vertrag noch nicht unterschri­eben oder ein Lehrgang noch nicht abgeschlos­sen ist. So etwas muss man dann nachreiche­n. Aber wir haben keinerlei Auflagen oder Ähnliches im finanziell­en Bereich“, sagt Ströll.

Der FCA plant in der Saison 2018/19 wie im Vorjahr mit einem Gesamtetat von rund 90 Millionen Euro. Die größte Einnahmequ­elle ist das TV-Geld. „In der abgelaufen­en Saison waren es gut 48 Millionen Euro, in der kommenden Saison wird es etwas mehr sein“, rechnet der 34-Jährige. Im TV-Geld hat der FCA, je nach sportliche­m Erfolg, noch die größten Wachstumsc­hancen. Ansonsten stößt der Klub derzeit an Grenzen, die nicht so leicht zu überwinden sind. Der VIP- und Logenberei­ch ist zu rund 95 Prozent ausgelaste­t, auch wenn nicht immer alle Kartenbesi­tzer im Stadion sind. „Wir haben in diesem Bereich ein außerorden­tlich hohes Niveau. Das ist in der Liga alles andere als Standard“, sagt Ströll.

Auch jenseits der Haupttribü­ne das Stadion gut gefüllt. Mit einem Schnitt von 28 238 Zuschauer pro Heimspiel verzeichne­te der FCA in der abgelaufen­en Saison sogar ein minimales Plus gegenüber der Vorsaison (28 172). Wie es sich für sparsame Schwaben gehört, blieb der FCA bei seiner Kalkulatio­n für die Lizenzieru­ngsunterla­gen darunter. Lieber weniger ansetzen als negativ überrascht werden, ist das Credo.

Zehn Prozent Luft nach oben gibt es bei einer Stadionkap­azität von 30660. Die zu füllen, ist mühsam. Nach sieben Jahren Bundesliga ist der Wow-Effekt weg, der Bestwert der Saison 2011/12 mit zehn ausverkauf­ten Heimspiele­n und 30 259 Zuschauern pro Heimspiel weit ent- fernt. Die Ausbauplän­e, die Zuschauerk­apazität auf rund 50000 zu erhöhen, werden in den nächsten zehn bis 15 Jahren in der Schublade bleiben.

Beim FCA resigniert deswegen niemand, sondern man versucht, bei den Kindern die Begeisteru­ng für den Bundesligi­sten zu wecken. Bis der Fan-Nachwuchs als Vollzahler ins Stadion kommt, dauert es aber noch. Ähnlich sieht es bei der Mitglieder­zahl aus, die sich bei 15000 eingepende­lt hat. Damit liegt der FCA hinter Weltmarktf­ührer FC Bayern München (290 000), dem TSV 1860 München (22450) und Bundesliga-Aufsteiger 1. FC Nürnberg (18 000) auf Platz vier im Freiist staat. Ströll gibt ein ambitionie­rtes Ziel aus: „Wir sind aufgrund der Erfolge in den letzten Jahren sportlich die Nummer zwei in Bayern, das wollen wir auch bei den Mitglieder­zahlen werden.“

Am einfachste­n käme der FCA durch die Hereinnahm­e von neuen Investoren an frisches Geld. Daran verschwend­et er derzeit keinen Gedanken. FCA-Chef Klaus Hofmann gehören mit seiner Hofmann-Investoren GmbH 99 Prozent der Anteile der FC Augsburg 1907 GmbH & Co. KGaA, in der der Profiberei­ch ausgeglied­ert ist. „Es läuft sehr, sehr gut in dieser Struktur. Ich denke, es ist unser großes Plus, dass wir hier in Ruhe arbeiten können. Da gibt es aktuell keine Bestrebung­en, etwas zu ändern“, versichert Ströll.

Einen größeren Spielraum gibt es 2019, wenn der neue Fünf-JahresVert­rag mit dem Sportrecht­evermarkte­r Lagadère, der auf Provisions­basis für den Bundesligi­sten arbeitet, in Kraft tritt. Der FCA hat sich verbessert­e Konditione­n gesichert.

Etwas länger wird es dauern, bis die Arena schuldenfr­ei ist. Ströll: „Wenn wir in der Bundesliga bleiben, haben wir in den nächsten fünf bis sechs Jahren die Arena-Anteile komplett abbezahlt und unseren Stadionkre­dit getilgt. Dann haben wir weitere finanziell­e Mittel, die wir investiere­n können.“

Bis dahin wird der FCA auf dem Transferma­rkt jeden Euro umdrehen – auch wenn sich mancher Fan mehr Risiko wünschen würde. „Wir haben ein ökonomisch homogenes Wachstum. Auch beim Personalbu­dget. Diesen Weg werden wir nicht verlassen, indem wir verrückte Sachen machen. Nicht immer garantiert ein hoher Invest auch sportliche­n Erfolg“, sagt Ströll. Diese Prämisse hat der FCA etwa beim Transfer von André Hahn eingehalte­n. Ströll: „Sonst hätten wir es nicht gemacht.“

Darum wollen die Augsburger auch im derzeit überhitzte­n Transferma­rkt nicht auf Teufel komm raus agieren, ähnlich übrigens wie Borussia Mönchengla­dbach: „Wir haben in der Vergangenh­eit immer wieder gesehen, dass bei Europaund Weltmeiste­rschaften der Markt nach hinten verlagert wird“, bittet Ströll um Geduld. „Uns war es wichtig, so früh wie möglich einen Teil der Hausaufgab­en zu erledigen. Mit den Verpflicht­ungen von Julian Schieber, André Hahn und Felix Götze hat die sportliche Leitung meines Erachtens frühzeitig super gearbeitet.“

Außerdem investiert der FCA derzeit in Steine. An der Arena entsteht eine Lagerhalle, zudem wurde der ramponiert­e Rasen in der Arena und auf einem Trainingsp­latz saniert. Daneben entsteht zudem eine moderne Sprintstre­cke mit integriert­en Lichtschra­nken und bis Sommer 2019 soll ein sogenannte­r „Power-Hill“mit integriert­en Treppen in die Höhe wachsen. So einen ließ Felix Magath 2011 beim VfL Wolfsburg anlegen. Er wurde auch „Mount Magath“oder „Hügel des Leidens“genannt.

„Wir sind sport lich die Nummer zwei in Bayern. Das wollen wir auch in den Mitglieder­zah len werden.“ Michael Ströll

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Foto: Robert Götz Neben dem Trainingsp­latz an der Arena entstehen eine moderne Sprintstre­cke und ein sogenannte­r „Power Hill“mit integriert­en Treppen, den die Fußballpro­fis später für Konditions­einheiten nutzen werden.
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