Ein bisschen Lailo in der Kresslesmühle
Ein Abend mit Felipe Sauvageon
In den 1970er Jahren haben sich Don René, Latcho, Lobo und Felipe Sauvageon zu der Flamenco-Gruppe „Lailo“zusammengeschlossen. Ihre Auftritte in der Augsburger Kresslesmühle erfreuten sich größter Beliebtheit. Sauvageon erinnert sich noch daran, dass sie manchmal der großen Nachfrage nur Herr wurden, in dem sie an zwei Tagen hintereinander auftraten. Seit den 1980er Jahren entschieden sich die Musiker, nur noch von der Musik zu leben. Große Tourneen standen an.
Nun gibt es am Samstag, 9. Juni, um 20.30 Uhr ein Wiedersehen mit Felipe Sauvageon. Der Flamenco-Musiker wird sein Publikum auf eine Reise nach Südfrankreich und zu den andalusischen Wurzeln des Flamencos mitnehmen. Musikalisch setzt er auch über den Atlantischen Ozean zu den Klängen Südamerikas. Gespielt werden klassische Flamencos, Rumba Catalanas und Chansons Gitane – auf spanisch, französisch, katalanisch und romanes, die Sprache der Fahrenden.
Jahrelang bin ich mit dem Fahrrad daran vorbeigefahren: am „Parapluie“, der Kneipe an der Hauptstraße am Ortseingang von Neusäß. Und ich habe mich immer gefreut, dass es das „Parapluie“, zu Deutsch „Regenschirm“, noch gibt. Das „Parapluie“war ein Flachbau, neben dem sich ein kleiner Biergarten befand. Das Publikum dort war zu 90 Prozent Ü60 und fast ausschließlich männlich. Ich dachte beim Vorbeiradeln immer: Gott sei Dank gibt es für diese Männer noch eine Kneipe, in der sie ihr Bier trinken konnten, vielleicht eine Brotzeit zu sich nehmen und mit Gleichaltrigen über Gott und die Welt reden können.
Denn froh über das Bestehen dieser Kneipe waren auch deren Ehefrauen, dass ihr werter Gatte zu Hause für ein paar Stunden nicht „im Weg herumstand“. Mir fällt jetzt eine Bekannte aus Neusäß ein, die mir unlängst erzählte, dass ihr Vater, seitdem er in Rente ist, nurmehr von zehn bis 22 Uhr vor dem Fernseher sitzt. Dahinvegetiert, möchte man sagen. Wir Weltgewandten kennen doch das Bild aus dem Süden (Italien, Griechenland, Spanien), wo die Alten auf dem Marktplatz auf einer Bank sitzen und über Gott und die Welt reden.
Mein Vater – ein Italiener – hat es immer bedauert, dass es in Steppach keine Dorfmitte gibt, wo er mit Leuten zusammensitzen kann. Was wir im Süden positiv finden, sollten wir auch zu Hause gutheißen. Aufgrund fehlender Sonne haben wir die Dorfmitte in die Kneipe verlagert. Jetzt scheint es diesen Orten an den Kragen zu gehen. Das „Parapluie“wurde abgerissen.
Die Kneipe – so wie das „Parapluie“eine war – ist keine Gastwirtschaft, sondern in erster Linie ein Ort der Kommunikation. Klar, die Alten reden vorzugsweise vom „alten Käs“und oft entgleisen ihnen ihre politischen Äußerungen. Aber der Mensch ist nicht fürs Alleinsein gemacht. Die Frauen haben dafür ihr „Kaffeekränzchen“. Der Mensch muss sich mitteilen, er muss sich durch Kundgebung seiner Meinung als lebendig und wichtig empfinden. Und das funktioniert nicht vor dem Fernseher.
Ich gebe zu (obschon es vom Alter her gepasst hätte), ich selbst war nie im „Parapluie“. Obwohl ich als Heimat- und Stadtethnologe sicher die eine oder andere Anregung aus so einer Männerrunde verarbeiten hätte können.
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An dieser Stelle blickt der Kabarettist Silvano Tuiach für uns auf das Geschehen in Augsburg und der Welt.