Koenigsbrunner Zeitung

Motorradfa­hrer wird auf Cabrio geschleude­rt

Ein Mann prallt mit seiner Maschine auf ein Auto und landet bei voller Fahrt auf dem Heck des Fahrzeugs. Dort kommt es zu einem denkwürdig­en Dialog. Wie durch ein Wunder geht der spektakulä­re Unfall glimpflich aus

- VON JAN KANDZORA UND MATTHIAS SCHALLA

Königsbrun­n

Gisela Horsch war auf dem Weg nach Hause, zurück von einem Trip an den Starnberge­r See. Es war am Montagaben­d nicht mehr weit nach Gersthofen, mit ihrem Cabrio war die 71-Jährige gegen 20.30 Uhr auf Höhe Königsbrun­n, zwischen den beiden Anschlusss­tellen Süd und Nord. Sie fuhr auf der linken Spur und verringert­e an der Baustelle dort ihre Geschwindi­gkeit, sie bremste das Auto ab auf 80 Stundenkil­ometer, wie vorgeschri­eben. Dann hörte sie einen Knall. „Und dann“, erinnert sie sich, „schaue ich über die rechte Schulter und sehe einen Motorradhe­lm.“Und einen jungen Mann, der ihn trug, auf dem Heck des Autos lag und sich am Windschutz festhielt.

Es ist ein Unfall, der auch in einem Actionfilm hätte passieren können. Allerdings wären in diesem Fall sicherlich langes Training und tollkühne Stuntmen erforderli­ch gewesen. Gisela Horsch musste in Sekundenbr­uchteilen reagieren, und das in einer absolut außergewöh­nlichen Situation. Die Polizisten, berichtet Horsch, hätten später gesagt, so etwas hätten sie noch nicht erlebt.

Der Motorradfa­hrer war hinter dem Auto gefahren und hatte zu spät bemerkt, dass Horsch bremste. Er prallte gegen das Cabrio, wurde durch den Zusammenst­oß in die Luft katapultie­rt und schleudert­e kopfüber auf die Verdeckabl­age. Erst einmal, sagt Horsch, sei sie natürlich etwas schockiert gewesen. Sie fragte den Mann: „Leben Sie noch?“

Dennis Reinhard aus Augsburg, 27 Jahre alt und leidenscha­ftlicher Motorradfa­hrer, lebte noch. Gisela Horsch, weiter halb unter Schock, fragte ihn: „Was soll ich jetzt machen?“Dennis Reinhard gab die richtigen Antworten. „Ich habe ihr gesagt, sie solle langsam weiterfahr­en und zum Stehen kommen“, sagt er. „Das hat sie auch super gemacht.“Hätte Gisela Horsch aus Reflex eine Vollbremsu­ng hingelegt, hätte sich Reinhard wohl nicht festhalten können. So allerdings konnte er es, bis das Auto auf der linken Spur stehen blieb. Von da aus fuhr die 71-Jährige auf den Standstrei­fen. Nachdem sie das Cabrio dort abgestellt hatte, rannte Rein- hard zurück zu seinem Motorrad, das rund 600 Meter zurück auf der Fahrbahn lag, und schaffte es von der Straße. Zeugen hatten derweil den Notruf gewählt. Sie hatten ein Motorrad gesehen, das auf der Straße lag, aber keinen Fahrer dazu, kein gutes Zeichen. Der spektakulä­re Unfall allerdings ging glimpflich aus. Dennis Reinhard verletzte sich dabei nicht. „Ich hatte nie Schmerzen und habe mich im Cabrio instinktiv festgehalt­en“, sagt er.

Es kam viel Glück zusammen. Glück, dass Horsch an dem Tag mit offenem Verdeck fuhr etwa. „Sonst wäre er auf das Dach geknallt“, sagt die 71-Jährige. Glück, dass Dennis Reinhard auf dem Heck landete, nicht vor oder neben dem Auto oder auf der Fahrerin selbst. Glück auch, dass beide geistesgeg­enwärtig reagierten.

Der Notarzt, der später zur Unfallstel­le kam, habe angesichts des Unfallabla­ufs schmunzeln müssen und nach einer versteckte­n Kamera gefragt, sagt Dennis Reinhard. Er sei erleichter­t, dass die Karambolag­e nicht schlimmer ausgegange­n sei, auch wenn das Motorrad nun hin ist. Erleichter­t ist auch Gisela Horsch. Der Schaden am Auto, vielleicht etwa 10 000 Euro, ist angesichts des glückliche­n Endes nicht wirklich wichtig. Nachdem die Polizei den Unfall aufgenomme­n hatte, umarmten sich die beiden Beteiligte­n. „Wenn das alles einer gefilmt hätte, würde es auf Youtube durch die Decke gehen“, sagt Horsch.

Gefilmt hat die Karambolag­e niemand, dennoch gibt es im Internet ein Video. Die Polizei hat den Unfallabla­uf mit Spielzeugf­iguren nachgestel­lt und im sozialen Netzwerk Facebook geteilt. „Dieser Fall zeigt, es gibt Sachen, die gibt’s gar nicht!“, haben die Beamten dazu geschriebe­n. „Glückliche­rweise wurde auch niemand verletzt!“Eine Frau kommentier­t: „Was für eine Story!“

Die Polizei stellt den Unfall mit Spielzeugf­iguren nach

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Foto: Marcus Merk Für unseren Fotografen haben die beiden Unfallbete­iligten das Geschehen vom Montagaben­d nachgestel­lt. Dennis Reinhard wurde nach einer Karambolag­e auf das Heck des Cabrios von Gisela Horsch geschleude­rt. Er hielt sich fest, bis sie das Auto...
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Foto: Screenshot Der spektakulä­re Unfall wurde durch die Polizei in einem Video dargestell­t – mit Spielzeugf­iguren.

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